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Dirsc« Blatt erscheint täglich Abend« und ist »urch alle Pest» anstaltiH de« In. «nd A»«landr« zu beziehen. Peet« für »ieeteljah, Dresdner Journal, -M Zeile l, Vf. Herold für sächsische und deutsche Interessen. Redtgirt von Karl Biedermann. Inhalt. Urber den Ankauf der Chemnitz-Riesarr Eisenbahn durch den Staat. — Sachsens Handelspolitik. — Die deutsche Sprache. — TageSgeschichte: Leipzig: Deutscher Ostmarkenverein; Reservekompagniern, Kommunalgarde. Oelsnitz: Bürgerversammlungen. Schöneck: Zustände. Berlin. Köln. Hannover. Braunschweig. Rendsburg. Frankfurt. Wien. Ofen-Pest. Jnfpruck. Lombardei. Mailand. Brüssel. — Feuilleton. — OrtSkaleader. — Lngekommene Reisende. Leder den Ankauf der Chemnitz-Riesaer Eisenbahn durch den Staat. Nach dem Beschlüsse der letzten Generalversammlung der Akzionäre der Chemnitz-Riesaer Eisenbahn ist das Direktorium er mächtigt worden, mit der Staatsregierung wegen käuflicherUeber- nahme dieser Bahn Seiten des Staats unter möglichst annehm baren Bedingungen zu verhandeln und, dafern in dieser Hinsicht nicht zu einem Kaufsabschluß zu gelangen sein sollte, dann wenig stens die StaatSregierung um die Mittel zu bitten, daß die Ge- sellschaft die Bahn vollenden könne. In beiderlei Beziehung steht das Vermögen eines weit größer» Theiles sächsischer Staats- ongehöriger auf dem Spiele, als man für gewöhnlich glauben mag. Es ist ein großer Jrrthum, wenn man sich der Ansicht hingiebt, die meisten Inhaber von Stammakzien müßten dieselben zu einem niedrigen Kourse erworben haben. Einige hundert Akzien von den 40,000 Stammakzien sind es, welche an der Börse aus einer Hand in die andere übergingen, welche immer und immer wieder zirkulirten und mit denen der Kours der Akzien gemacht wurde. Der bei Vergleichung des Kourses mit dem Nominalwerthe sich ergebende Verlust von ungefähr 80A» ist hinsichtlich dieser an der Börse stets anzutreffen gewesenen Akzien leichter zu ertragen, weil er sich unter viele Besitzer derselben Akzie vertheilt. Allein was wird aus denjenigen AkzionärS, die die Stammakzien zu hohem Preise und vielleicht üb<r pari erworben haben? Vertrauend auf ein vom Staate begünstigtes und von ihm mit unternommenes Nazionalwerk, sich stützend auf die Seiten der Staatsregie rung den Ständen gegenüber gegebene Versicherung, daß diese Bahn mit am besten werde rentiren müssen, und sich erinnernd, haß die Finanzverwaltung schon ausgesprochen hat, daß eS im In teresse des Staates liege, diesen in den Besitz aller Eisenbahnen zu setzen, aber diese Bahnen mit den von den Akzionären herbei geschafften Mitteln unter Kontrole der StaatSregierung erst bauen zu lassen, haben sich sehr Viele verleiten lassen, ihr oft mühsam er worbenes Vermögen Chemnitz Riesaer Eisenbahnakzien anzule- gen und diese, da sie dieselben bei der warmen Betheiligung des Staat- und bei dem Vorgänge mit der sächsisch-bairischen Eisen bahn ebenso sicher, als Staatspapiere hielten, in fester Hand zu behalten, unbekümmert um den bei den bekannten Börsenspielen ohnehin nichtssagenden Kours der Akzien. Wir glauben, daß der Staat moralisch verpflichtet ist, die Bahn zu kaufen und den mit wenigen Stammakzien gemachten Kours nicht als den wahren Werth der Akzien anzusehen. Nach unserer Ansicht würde der ehrlichste Handel, den Käuferund Verkäufer hier abschließen müßten, folgender sein: „Der Staat gewähre den Inhabern von Stammakzien den Nominalwerth derselben durch Erhebung dieser Akzien zu Staats schuldscheinen; er verzinse dieselben bis zur Eröffnung des Betriebs der ganzen Bahn nicht mit 4A», wie in h. 6 der Konzessionsbe dingungen festgesetzt ist, sondern nur mit 3A> jährlich; von der Zeit der Eröffnung der ganzen Bahn an überweise der Staat den Inhabern dieser Staatsschuldscheine während der nächsten zehn Jahre statt, bestimmter jährlicher Zinsen, die für diese ehe maligen Stammakzien sich ergebende, von der Staatsregierung und von dem in h. 107 der BerfaffungSurkunde genannten stän dischen Ausschüsse jedesmal zu ermittelnde und festzustevcnde jähr liche Dividende; der nach diesen zehn Jahren sich herausstellende jährliche Durchschnittsbetrag dieser Dividende sei der Zinsfuß, nach welchem die ehemaligen Stammakzien dann verzinst werden, eS wären denn dies mehr als 4A> oder weniger alS 2H>, welchenfallS der Staat nur 4H> oder beziehendlich wenigstens 2H jährliche Zinsen zu gewähren habe." Der Staat kann nicht den Wunsch haben, auf Kosten der Akzionäre zu gewinnen; deshalb kann für ihn der Kours der Akzien beim Ankauf der Bahn nicht maßgebend sein, nur daS wirklich eingezahlte Kapital und die Rentabili tät der Bahn muß ihm die KaufSbedingungen vorschreiben; aber auch hier muß er den Akzionären gerecht werden. Früher als vor 10 Jah ren läßt sich ein genügendes Resultat über die Rentabilität nicht erlangen, weil hier die politischen Zustände und ihre Folgen ebenso, wie die Vollendung der auf die Einnahme bei der Chemnitz-Rie saer Eisenbahn einflußreichen andern Eisenbahnen wesentlich in Betracht kommen müssen. Sollte obigem Vorschläge das Bedenken entgegengesetzt wer den, daß dem Staate jetzt die Mittel fehlen möchten, die Bahn zu Ende führen zu lassen, so können wir dieses Bedenken nicht thei- len. Denn die Staatsregierung braucht blos die Zehnthalerscheine zu verzinslichem Papiergelde, für welches die Bahn verpfändet bleibt, zu erheben, oder die Staatsregierung offerire denjenigen Inhabern von Stammakzien, welche jetzt ihre Akzien und überdem auf jede Akzie in billigen Fristen noch 25 Thaler an die Staatskasse abliefern wollen, dafür 125 Thaler in Landren-