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Diese« Blatt erscheint täglich Sdrnd« und ist durch alle Dost, «nftalten de« 3». un» Au«1ande« zu bejiebrn. Prei« fstr Lirrtkltatz» Dresdner Journal, Z- Zeile I, Df. Herold für sächsische und deutsche Interessen. Rediglrt von Karl Biedermann. ' Inhalt. Die königlich sächsische Militärbildungöanstalt. — TageSgeschichde: Dresden: Entlassungsbewilligung: Stipendiaten prüfungen und Erpektontenprüfungen. Leipzig: deutscher Verein: Verbrauch blos deutscher Fabrikate. Trennung der Kirche vom Staate; die Lausikrr. Chemnitz: Polizeiverfahren. Zschopau: Brandstiftung. Zöblitz: Feier des Geburtstags des Königs: Kommunalgarde; gewerbliche Zustände; Frauenverein; Turnen; Gesundheitszustand. Berlin. Posen. Stargard. Hannover. Rendsburg. Kiel. Frankfurt. Mainz. Wien. Mastricht. Lombardei. Paris. Kopenhagen. London.— Kunstund Literatur: Hoftheater: Luiz de Sousa. — Feuilleton.—Singe- sendete S. — Geschäft skatender. — Ortskalender. — Angekommene Reisende. Die königlich sächsische Militürbildungsanstalt. Zn Nr. 53 d. Bl. wird in einem von Leipzig datirten Artikel mein Name mit der Militärbildungsanstalt in Verbindung ge-1 bracht, und zugleich eines von mir verfaßten, im Jahre 1846 in der deutschen Vierteljahrsschrift abgedruckten Aufsatzes „über die Rothwendigkeit durchgreifender Reformen in derOfsiziersbildung" Erwähnung gethan, was mich zu nachstehender Erklärung ver. anlaßt. Die sächsische Militärbildungsanstalt ist bisher als die beste deutsche Anstalt dieser Art anerkannt worden und dürfte diesen vieljährig behaupteten Ruf mit vollem Rechte verdienen, wobei aber nicht übersehen werden mag, daß die Offiziersbildungsanstal- cen in Rußland, Frankreich und den Niederlanden auf einer noch böhern militärisch wissenschaftlichen und praktischen Bildungs stufe stehen, weil zur Vervollkommnung dieser Anstalten von Sei ten der Regierung verhältnißmäßig weit mehr Geldmittel ver wil ligt, auch ungleich größere Forderungen an die Zöglinge gestellt werden. Wenn ich gleichwohl schon vor länger als zwei Jahren auf gründliche Reformen in der Offiziersbildung antrug, so geschah DieS, weil ich die Nothwendigkeit erkannte, einem Stande, dessen Parole von jeher das Wort „Vorwärts!" gewesen ist, ein höheres Ziel seines geistigen Strebens bezeichnen zu müssen, um hinter unfern kriegerischen RaHrarn im Osten und Westen nicht zurück- zubleiben, und weil ich an mir selbst die Erfahrung gemacht hatte, daß eben dieses geistige Vorwärtsstreben da- wirksamste Mittel ist, auf den kriegerischen Beruf sich besser vorzubereiten, die Mü hen des einförmigen Alltagslebens leichter zu ertragen, geistig und körperlich frisch und gesund zu bleiben. Dabei kam mir aber nicht in den Sinn, einen Tadel des Be stehenden aussprechen zu wollen, noch weniger bildete ich mir ein, daß meine Reformvorschläge augenblicklich Berücksichtigung fin den müßten. Ich hatte überhaupt gar nicht die sächsische Mili, rärbildungsanstalt, sondern — wie bei allen meinen literarischen Bestrebungen — den gesammten deutschen Offiziersftand im Auge, und eS hat für mich nicht erst der Revoluzion vom Jahre 1848 bedurft, um im vollen Sinne des Worts ein Mann des Fortschritts zu werden. Aber obschon ich bei meinen Vorschlägen und Bestrebungen immer ein hohes Ziel vor Augen hatte, bin ich mir doch stets deut lich bewußt gewesen, wie weit man unter den bestehenden Ver hältnissen gehen dürfe, ohne Etwas zu übereilen und mithin den Zweck zu verfehlen. Bei den Besprechungen, welche der dama lige Kriegsminister und der Kommandant der Militärbildungs anstalt mit mir über die zu treffenden Verbesserungen hatte, er klärte ich selbst im voraus: daß der Unterricht in den höhern Volksschulen erst ein anderer werden müsse, bevor meine Vor schläge mit Erfolg durchgeführt werden könnten; ich bemerkte fer ner, daß auch der Beförderungsmodus der Offiziere meistens in den untern drei Graden geändert werden müsse, wenn der in den nach meinen Vorschlägen eingerichteten Offiziersbildungsanstal- ten ausgestreute Saame gute Früchte tragen solle; von einer ein seitigen Verbesserung der deutschen Militärbildungsonstalten — oder wohl gar nur der sächsischen — könne mithin vorläufig gar nicht die Rede sein, ja ich müsse sogar vor dergleichen einseitigen Verbesserungen ernstlich warnen. Jeder verständige Baumeister untersucht erst den Grund, auf welchem er sein Gebäude errichten will, und niemals habe ich Neigung in mir verspürt, auf Sand zu bauen, oder ein bloßes Fantasiegebäude aufzuführen. Wenn aber der Herr Verfasser jenes Artikels sagt: „unsere „Militärbildungsanstalt müsse vor Allem im Geiste der konstitu tionellen Verfassung auf breitest demokratischer Grundlage reor- „ganisirt werden," so muß ich offen bekennen, daß mir Dies ganz unverständlich ist, es müßte denn die Aufnahme von Unteroffizie ren in diese Anstalt darunter gemeint sein. Eine solche Einrich, tung wurde aber schon auf Antrag der Landstande im Jahre 1835 getroffen, und ich kann wohl sagen, daß ich an jener Maßregel einigen Antheil gehabt habe. So lange jene Unteroffiziersabthei- lung bestand, habe ich selbst Unterricht bei ihr ertheilt und mich mit allen Kräften bestrebt, dieser ganz volkstümlichen Einrich tung einen guten Erfolg zu verschaffen. Aber vergebens! Nie mand ist mir bei diesem Streben hinderlich gewesen, als gerade Diejenigen, zu deren Vortheil jene Einrichtung getroffen wurde. Der sehr erleichterte Zutritt zu dieser Unterrichtsabtheilung wurde von Jahr zu Jahr schwächer, so daß das Fortbestehen derselben in keiner Weise mehr gerechtfertigt erschien. Jene Erfahrung hat mich damals sehr betrübt, doch überzeugte ich mich allmälig, daß talentvolle und gut unterrichtete Bürgers, föhne ihre Kräfte weit lieber einem einträglichen Gewerbe als dem Militärdienste bleibend widmen, was wohl für eine Volkseigen, thümlichkeit zu halten ist.