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sowohl al- Deutschland- Glück nachgerufen wurden, in Erfüllung geht, so sehen wir der heitersten und glücklichsten Zukunft entgegen. (Sächs. Erz.) Berlin, 17. Mai. Der politische Klub wurde wieder gestern Abend zum Gegenstände roher Angriffe gemacht, welche nur durch die Bürgerwehr beseitigt werden konnten. Einzelne Bürger haben sich nicht gescheut, den arbeitslosen Gesellen diesen Klub al- den Grund der herrschenden Unruhen und der Nahrungslosigkeit hinzustellen und da durch zu brutalen Angriffen aufzureizen. Mehrere dieser Urheber sind entdeckt, darunter ein Hauptmann und ein Zugführer der Bürgerwehr. Der politische Klub wird sich organisiren und der Assessor Schramm an die Stelle des bisherigen Präsidenten Jung treten. In einer andern Gegend der Stadt veranstalteten einige Justizbeamte gegen die Land wehrversammlung einen ähnlichen Krawall. Halle. Auch hier hat eine Versammlung preußischer Volks schullehrer stattgefunden und eine Petizivn zur Reorganisazion des Schulwesens an das Parlament abgefaßt. die von dem Prinzip der vollständigen Trennung des öffentlichen Unterrichts- und Erziehungs wesens von der Kirche au-qeht. Köln, 15. Mai. Der nach Berlin abgeschickte Protest gegen die Rückkehr des Prinzen von Preußen enthält auch die Forderung der Entlassung Eamphausen'S. Rendsburg, l5. Mai. Vom Kriegsschauplatz giebt eS nichts Neue-. Die Dänen scheinen zu warten, bis die Schweden ankom men, was sie wenigstens nach ihrer Aussage zum 20. d. M. erhoffen. Weimar, 15. Mai. Um dem von der Aristvkrarenpartei heftig angefeindeten und mit anonimen Schmähworten angegriffenen Professor Fein von der allgemeinen Achtung gegen ihn einen Beweis zu geben, wurde ihm eine Adresse von den hiesigen Bürgern über reicht und diese Gelegenheit zu einer Volksversammlung zwischen den Bürgern Weimars und Jenas benutzt. Es wurde darin beschlossen, sich mit den politischen Vereinen Nord- und Süddeutschlands in Ver bindung zu setzen und eine Protestazion gegen die Wahl eine- Kaisers, gegen das Zweikammersistem und gegen die Zusammensetzung des Reich-gericht- in der beabsichtigten Weise, überhaupt gegen den be kannten Reichsgesetzentwurf zu erlassen. Ein Ausschuß wurde mit Abfassung derselben beauftragt, welche als eine Riesenprotestazion den Willen des Volk- aussprechen soll. Frankfurt, 16. Mai. Der Senat der Stadt hat eine Auf forderung erlassen, durch keine Störung der Ruhe die Wirksamkeit der konstituirenden Nazionalversammlung in Frage zu stellen. — 17. Mai. Die Bundesversammlung hat folgende öffent liche Erklärung erlassen: Die Bundesversammlung glaubt es der Lache und nch selbst schul dig zu sein, die Mißdeutungen, welche in Folge der Verhandlungen des Fünfziger-Ausschusses ihr Verfahren hinsichtlich des Separatprotokolls vom 4. Mai erlitten hat, nicht niit Stillschweigen zu übergehen. Die Bundesversammlung weist jede Verdächtigung, als wollte sie die freie Entwickelung eines einigen kräftigen Deutschlands hemmen, aufs offenste und feierlichste zurück. Das Promemoria, welches der Bundes versammlung vorgelegt worden war, wurde, ohne ein Urthejl über dessen einzelne Säse auSzusvrechen, als Aeußerung eines Einzelnen, den Bun desregierungen zur gutsindendeu Kenntnißnahme (d. h. zur beliebigen, nicht zur ontheißenden .tkenntnißnahme, wie dies Wort umgestaltet wor den ist) mitgetheilt, indem dasselbe nach der Ansicht des RevtsiouSauS- schuffeS, theilwelse wenigstens, Bemerkungen und Andeutungen entbält, deren Berücksichtigung sich empfehlen dürfte, ^-vr Aufnahme in das öffentliche Protokoll wurde das Promemoria nicht geeignet gefunden, weil es bei Gelegenheit einer Jnstrukzion, die sich dle Bundestags gesandten von ihren Regierungen erbaten, zur Vorlage kam. Die Bundesversammlung unterwirft in dieser, wie in allen andern Ange legenheiten alle ihre Handlungen ruhig der unbefangenen Beurtheilung des deutschen Volke» und seiner Vertreter und übernimmt jede Verant wortung hierfür. Pforzheim. Am 12. Mai wurde Jtzstein zum Abgesandten nach Frankfurt gewählt. Bamberg, 14. Mai. Die Aufstellung eine- Heere- hier von 60,000 Mann soll vorläufig auf unbestimmte Aeit vertagt sein. Kassel, 14. Mai. Die Jagdgerechtigkeit wird vom 1. Juli ab aufhören und an die Grundbesitzer zurückfallen. — Die Stände haben sich die Besetzung der Stellen beim OberappellazionSgericht in der Weise ausbedungen, daß sie drei Männer Vorschlägen, von denenm die Minister einen wählen müssen. Mainz, l6. Mai. Jubel erfüllt die Stadt, denn soden ist Zitz mit 241 Stimmen von 291 Wahlmännern zum Abgeordneten nach Frankfurt gewählt. Wien, 16. Mai. Die Zeit geht im Sturmschritt vor wärts, und kaum haben wir eine Ahnung, wie die Verhältnisse sich gestalten werden. Vorgestern (Sonntag, wo viele der akademischen Legion und der Nazionalgarde au- den Vorstädten auf Landpartien vertheilt waren) wurde des Abends plötzlich Alarm geschlagen, Militär besetzte die Glacis, Kanonen wurden aufgepflanzt, die Stadt auf die fürchterlichste Art beängstigt. Als Grund gaben die Einen an, daß man das Leopoldftädrer Theater des Direktor Earl (Baron) demoliren wollte, weil er angeblich zwei Tage früher bei einer Katzenmusik, die man dem unbeliebten Baron und Hausherrn Schloisnigg bringen wollte, seine Kompagnie mit gefälltem Bajonnette vordringen ließ (vergl. gestrige Nummer). Die Andern sagten: Studenten (!) wollten da- in der Burg befindliche Standbild des Kaiser- Franz herunterwerfen. Der eigentliche Grund scheint aber dir Aufregung gewesen zu sein, die ein Ministerialbefehl, durch welchen daSZentralkomitsderbewaff- neten Nazionalgarde (2 Deputirte aus jeder, auch den akademi schen Kompagnien), in der sich eine drohende Stimmung gegen da- Zweikammersistem gezeigt hatte, aufgelöst wurde, hervorgebracht hatte. Den im höflichsten Tone Aufschluß begehrenden Studenten wurde von den Bezirkskommandanten und Offizieren der Kompagnien aus dem Kärnthner und Wimmerviertel (in welchen die meisten Beamten und Adlige vertheilt sind) auf die hochmüthigste Weise wegwerfend geantwortet. Gestern um 2^ Uhr Nachmittag wurde Alarm ge schlagen, die ganze akademische Legion rückte mit scharfgeladenen Ge wehren au- (man kaufte erst im letzten Augenblicke Pulver und Blei, Patronen waren keine da), die meisten Kompagnien der Razional- garde schlossen sich an, das bürgerliche Scharfschühenkorp- erschien un ter dem maßlosesten Jubel auf dem Universitätsplatze. Es war ein unbeschreiblicher Anblick, alle die Hüte und deutschen Kappen auf den Bajonnettspitzen geschwenkt zu sehen! Ungeheure Massen von Ar beitern rückten mit Hacken, Schaufeln rc. vor die Thore, und konnten nur durch abgesendete Studenten beschwichtigt werden. (Artilleristen mischten sich unter da- TechnikerkorpS und belehrten dasselbe über La dung der Gewehre.) Eine Deputazion wurde an da- Ministerium geschickt mit den Forderungen: 1) Permanenzerklärung des ZentralkomitS'S. 2) Erklärung, daß da- Militär künftighin nur auf Nachsuchen der Nazionalgarde auSrücken dürfe. 3) Eine Kammer. Die Deputazion blieb lange aus, eS wurde vor die Burg gerückt, die Nazionalgarde begrüßte die akademische Legion überall freudigst mit der Versicherung, Gut und Blut herzugeben. Wie an der Erde tauchten Arbeiter mit Schaufeln, Essen, Krampen und an dern Barrikadenwerkzeugen auf, die in der Burg versammelten Nazio- nalgarden schickten ihre Offiziere mit den freundlichsten Grüßen herau fnur Kärnthner, Marien- und Schottenviertel waren nicht sichtbar), vr. Taufen au und ein Anderer gingen zu Pillersdorf (Minister de- Jnnern), der zuerst vom Fenster herabsprach, endlich aber selbst aus die Gasse kam und uns versicherte, daß der Ministerialerlaß bereit- in die Staatsdruckerei mit Bewilligung aller Punkte geschickt sei; da- Volk wollte die Unterschrift deS Kaiser-, ließ sich jedoch von Pillers dorf beschwichtigen, der sich auf Alle-, nur nicht auf direkte Wahlen (sondern gewählte Wahlmänner) einlassen wollte. Um 12 Uhr Nacht- erschien die Kundmachung in etwas unsicherm Tone abgefaßt, ohne Unterschrift deS Kaisers. Indessen die Leute haben gesehen, daß sie mit dem Vertrauen de- Volke- nicht spielen dürfen. Also Alle- be willigt, auch die Zusammentretung der einen Reichskammer. Auf richtig gestanden, ich selbst billige da- Aentralkomite nicht ganz. Bür- geraffoziazionen sind nothwendig, unerläßlich, aber Vertreter einer be waffneten Macht! Wa« würden wir sagen, wenn da- Militär al- solche- ein politische- Komitö errichten wollte! Da- Volk fängt an, seine Hoffnungen auf geladene Gewehre zu stützen, und wenn die In telligenz da- Heft au- den Händen verliert, wohin wird'- dann noch kommen?! In diesem Augenblicke ist'- ganz ruhig in demselben Wien, wo vor 10 Stunden die Dinastie bedroht war. Möge die Sankzion deS Kaiser- bald kommen (die Wiener Zeitung bringt noch gar Nicht»), damit da» Mißtrauen d,S Volke- beschwichtigt «erde! Denn für di, Folgen eines zweiten Zusammenstöße- können wir nicht stehen. Dahin führt Mangel an Energie, Geheimnißkrämerei, Se-