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Diese» Blatt erscheint täglich Abend« und ist durch all« Post- «nstalten de« 3»- «nd Au«landr« zu beziehen. Dresdner Journal, Prei« ftr da» Vierteljahr Lhlr. Znsertiontgebsth- ren ftr de» Ran» einer gespaUene» Zeil« >, Pf. Herold für sächsische und deutsche Interessen. Redigirt von Hkarl Biedermann. Inhalt. Jur Eröffnung des Landtags. — Verhandlungen der Stadtverordneten in Dresden. — Lagesgeschichte: Dresden: Beför derungen; das Frankfurter Promemoria; die Anträge des Leipziger DaterlandsvereinS; der Fremdenverein. Leipzig : Verein für Wahrung der deutschen Interessen in den Ostmarken. Berlin. Posen. Tilsit. Breslau. Köln. Schleswig-Holstein. Frankfurt. Wiesbaden. Wien. Pesth. Jnspruck. Grätz. Bern. Zürich. Paris. Mailand. Venedig. Rom. — Feuilleton.— EingefendeteS. — Tefchäftskalender.— Ortskalender. — Angekommene Reisende. Zur Eröffnung des Landtags. Hinter den großen Ereignissen und dem Antheil an der gesetz gebenden Versammlung zu Frankfurt tritt das Interesse an dem sächsischen Landtage zurück. Es wird künftighin nach Festsetzung der gemeinsamen Maßregeln und nach Regulirung der wichtiger» Angelegenheiten durch den Reichstag ein Landtag überhaupt nur den untergeordneten Rang eines Provinziallandtags einnehmen. Dennoch bietet der bevorstehende außerordentliche Landtag noch ein außerordentliches Interesse, da außer den Vorlagen, die er bringt, mit der veränderten Sachlage die Stellung der Parteien eine reiche Gelegenheit zu pikanten Beobachtungen bieten wird. Wir unterschieden früher eine schwache Anzahl Radikaler, eine stärkere Reihe Liberaler, eine kompakte aristokratische und mini- sterielle Partei und eine überwiegende Anzahl politischer Nullen, besonders aus dem Bauernstände, die meist durch v. Thielau's Einfluß geleitet, dem Ministerium Könneritz alle nur möglichen Zugeständnisse machten. In numerischer Hinsicht war das Ver- hältniß aufdem letzten Landtage ungefähr folgendes: äußerste Linke 12, linkeS Zentrum 13, rechtes Zentrum 8, äußerste Rechte 27, politische Nullen 15; dadurch, daß diese zur Rechten hielten, voll endete sich der Sieg der sogenannten Konservativen, die in der That Nicht- waren als „Spanndienstleiftende am Triumfwagen der Reakzion". Es schieden vor dem jetzigen Landtage aus: 9 Rittergutsbesitzer, 13 städtische, 9 bäuerliche, 3 Abgeordnete des Handelsstandes. Nach der politischen Gesinnung war das Verhältniß der Austretenden folgendes: äußerste Linke 4, linkes Zentrum 6, rechtes Zentrum 2, äußerste Rechte 17, Nullen 5. Das Ergebniß der neuen Wahlen war muthmaßlich vor dem Februar: äußerste Linke 6, Zentrum 12, äußerste Rechte 9, unbe stimmt 7. Das Verhältniß würde demnach auf dem bevor stehenden Landtage sich nach alter Berechnung günstiger gestaltet haben und folgendes gewesen sein: äußerste Linke 17, linkeS Zen trum 16, rechtes Zentrum 6, äußerste Rechte 19, unbestimmt 17. Alles Das aber hat sich jetzt noch viel schöner gemacht oder wird sich wenigstens so gestalten. Der Liberalismus sitzt jetzt im Ministerium, er ist selber ministeriell. Die Leute, welche mini steriell um jeden Preis sind, werden daher diesmal außerordentlich liberal sein, ebenso wie sie früher reakzionär waren — um jeden Preis. Die gemäßigten Liberalen werden einen Schritt vorwärts gehen und sich als vom Geiste der Neuzeit erleuchtet darstellen, die Radikalen nur werden sich nicht geändert haben im Prinzip, sie können aber die alte Form der Opposizion wegwerfen, die in der Hauptsache sich gegen ein bestimmtes, von der Ministerbank aus gehendes Sistem richtete. Doch ist es sehr die Frage, ob auch sie nicht vielleicht noch in einzelnen Punkten weiter zu gehen be absichtigen werden, als die Vorlagen. Die politischen Nullen haben ein leichtes Spiel, sie brauchen sich nur den Hauptführern anzupassen. Sie werden daher dieftsmal ebenfalls liberal sein und zum letzten Male hoffentlich durch ihre Zahl den Ausschlag geben, nicht durch ihren Werth. Die traurigsten Gesichter wer den die Stockkonseroativen machen, die besonders in der ersten Kammer dichtgesäet sind. Sie werden vielleicht mit lächelndem Munde gewähren, was ihnen das Herz zerschneidet, vielleicht auch machen sie noch einmal ohnmächtige Versuche, durch Abhandeln und Abmarkten den vollen Werth der Freiheit zu verringern, — sie werden aber dadurch nur beweisen, wie überflüssig überhaupt die erste Kammer ist, wie diese Leute Alles lernen, — nur nicht sich zu verläugnen und ihre breite historische Grundlage zu ver gessen. — Was demnach die Parteien anbelangt, so wird eine scharfe Zeichnung derselben nicht hervortreten, die Farben werden vielmehr ineinanderschwimmen, und jedenfalls wird es an dem eigentlichen Licht und Schatten, wie sie eine Opposizion ver leiht, glücklicherweise fehlen. Was die einzelnen Persönlichkeiten betrifft, so wird die ser Landtag,, der letzte nach alter Mode, arm sein an eigentlichen Kapazitäten. Die größten Rednertalente werden fehlen. Braun, Oberländer, Georgi sitzen auf der Ministerbank, Lobt ist Bundestagsgesandter, Schaffrath, Joseph, Hensel, Schmidt, Tzschucke, Metzler sind in Frankfurt zur Nazionalversammlung. Wir finden die zweite Kammer ver waist, wir vermissen die beliebtesten Namen, v. Lhie lau, der zu diesen nicht gehört, wird hoffentlich sein Ehrenwort halten und nicht kommen. Brockhaus, Haase, Leuner und einige Andere von den frühem Landtagen können für die Weggebliebe nen keinen Ersatz bieten. Von den Neueingetretenen werden vielleicht Wehner, Küttner, Harkort, Maukisch, Pfotenhauer noch die größer» Rollen spielen. — Bürgermeister Sch eibner wird wohl diesmal etwas offener ministeriell sein, als er es z. B. bei der Abstimmung über die Leipziger August ereignisse unter Könneritz gewesen ist. In v. d. Planitz hoffen wir den allzeit freundlichen Vermittler zu sehen, und v. Gab lenz