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Diese« Blatt erscheint täglich Atzend« und ist dnrch alle Post anstalten de« In- «ntz An«landr« zn dejietzeu. Dresdner Journal, Preis st« da« Vierteljahr Tblr. InsertionsgeLth- rrn fürtzenRan» einer gespalten«» Zeil« 12 Pf. Herold für sächsische und deutsche Interessen. Redigirt von Karl Biedermann. Inhalt. Zur Verständigung. — Verhandlungen der Stadtverordneten in Dresden. — Tagesgeschicht«: Dresden: Fremdenverein; die Stimmlisten. Leipzig: Vaterlandsverein. Chemnitz: Arbeiterverhältnissr; der Regierungskommissar. Berlin. Stettin. Swinrmündr. Elbing. Posen. Lübeck. Göttingen. Rendsburg. Kiel. HaderSleben. Luxemburg. Frankfurt. Karlsruhe. München. Von der bairischen Main» grenze. Wien. Prag. Lewberg. Paris. — Feuilleton.— GeschäftSkalrnder. — Orttkalender.— Angekomment Rei sende. — Anzeigen. 3ur Verständigung. Eine Stelle in meiner Ansprache: „an meine Mitbürger in Sachsen", hat, wie ich höre, vielfach Anstoß erregt und Mißdeu tungen erfahren. Ein Artikel im Leipziger Tageblatt Nr. 124 (von Herrn Weiße) greift mich geradezu deswegen an. Dies veranlaßt mich, über die mißverstandene Stelle die folgenden Auf klärungen zu geben. Ich will diese Aufklärungen an eine all gemeine geschichtliche Betrachtung über den Standpunkt der Frage: ob Republik? ob Monarchie? anknüpfen. Es giebt gegenwärtig in Deutschland, in Bezug auf diese Krage, drei Hauptparteien. Die erste ist die, welche die Republik sofort mit allen Mitteln und um jeden Preis, also, dafern nicht anders möglich, auch mit Waffengewalt und unter fremdländischer Hilfe ins Leben rufen will — und zwar am liebsten in ganz Deutschland, wenn aber Dies nicht thunlich, doch wenigstens in einzelnen deutschen Landern, wo sie dafür den besten Boden zu finden glaubt, z. B. in Baden. Die jüngsten Lhaten dieser Partei, so wie die Namen ihrer Führer, sind hinlänglich bekannt und von allen Freunden des Vaterlandes und der wahren Freiheit mit AbsHeu genannt. Daß ich zu dieser Partei nicht gehöre, brauche ich wohl nicht erst zu versichern. Eine zweite Partei hält sich zwar von offener Gewaltthat und Empörung fern, scheint auch äußerlich keine Gemeinschaft mit jener ersten Partei, mit den Herren Hecker, Struve und Konsor ten zu haben; allein sie freut sich im Stillen jedes Siegs dersel ben, sie sucht deren Miffethaten (wie z. B. den Mord des edlen Generals v. Gagern) zu beschönigen und ihren verbrecherischen Plänen durch Verbreitung falscher und übertriebener Nachrichten, durch Verdächtigung und, so weit möglich, Unwirksammachung der Widerstandsmittel, welche die Regierungen dervonjenererstern Partei hervorgerufenen Anarchie entgegensetzen, durch Aufhetzun gen des Volks und durch Verwirrung der Begriffe von Recht und Unrecht in die Hände zu arbeiten. Sie ist beinahe gefährlicher »och, als jene erste, denn sie wirkt im Geheimen und daher um so Widerstandsloser; sie deckt sich mit dem äußern Scheine der Gesetz lichkeit und täuscht dadurch das Volk. Diese Pattei hatte ich im Auge, als ich in meinem Glaubensbekenntniß die Worte aus sprach: „Ich werde nie mit der Anarchie buhlen, nie den auf geregten Leidenschaften des Volkes schmeicheln, nie die bestehenden Autoritäten zu schwächen und zrr untergraben suchen, ehe noch eine neue Autorität als Bürgschaft der Ordnung an ihre Stelle gesetzt ist." Von diesen beiden Parteien — die auf einen gewaltsamen Umsturz des Bestehenden und auf einen Despotismus durch Massen- herrschaft hinarbeiten — sind Jene durchaus zu trennen, welche die Republik im edle rn Sinne, d. h. die Staatsform, wonach das Volk durch seinen, in gesetzlich geregelter und organischer Weise ausgesprochenen Willen sich selbst regiert, für die der Idee nach vollkommenste Staatsverfaffung halten, welche der Ansicht sind, daß im allmäligen Fortgänge der politischen Entwickelung ein Volk nach dem andern, und folglich auch früher oder später einmal das deutsche, dahin gelangen werde, dieser freiesten StaatS- form ebensowohl bedürftig als fähig zu sein. Wer diese Ansicht mit den Bestrebungen der beiden oben charakterisirten Parteien auch nur in den entferntesten Zusammenhang bringen, wer die Bekenner derselben eines geheimen Gelüstes nach Umsturz oder Unordnung verdächtigen kann, der muß entweder böswillig, oder sehr kurzsichtig und durch Gespensterfurcht vor einem Geiste, den er nicht begreift, so verblendet sein, wie Herr Weiße Dies zu sein scheint. Wenn Herr Weiße ruhig überlegen will, so wird er finden, daß unsere gegenwärtigen deutschen Staatsverfassungen, wie sie sich durch die neueste Bewegung gestaltet haben, das Wesen der Republik bereits vollständig seinen Grundprinzipien nach enthal ten. Dadurch, daß anerkannt ist: der gesetzlich ausgesprochene Wille des Volkes müsse allemal das Entscheidende sein und den Gang der Regierung bestimmen — vermöge des angenommenen Grundsatzes vom Rücktritt der Minister vor den parlamentarischen Majoritäten — und durch die breite Grundlage, die man diesem Volkswillen in der unbeschränktesten Wahlfreiheit gegeben hat, ist daS demokratische Prinzip zu einer Stärke und BerechtiMNÜ gelangt, wie solche selbst in Republiken kaum größer sein karW^ der Begriff der Volkssouveränetät bereits thatsächlich verwirklicht. Dem Wesen nach sind daher die deutschen Staaten jetzt ebenso gut Republiken mit monarchischen Formen, wie England und Bel gien eS anerkanntermaßen lange schon waren. Die Beibehaltung der monarchischen Form halte ich allerdings zur Zelt, und wahr» scheinlich noch auf lange hin, für sehr heilsam und wünschenSwerth, aber ich kann mir nicht verhehlen, daß früher oder später einmal eine Zeit kommen dürste, wo vielleicht auch diese Form, als dem