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Deutsche wohnen, ohne weiteres herausgebcn, soll denn Polen in den Grenzen von 1772 wiederhergestellt werden? Diese Grenzen sind cs, über die wir ein Wort der Verstän digung und BeruhigurH noch sagen wollen. In jenem Jahre riß Preußen 636 Q. M. Land an sich, nämlich Manenburg, Pommerellen, Ermland, Kulm und den Netzdistrikt und gewann dadurch die Verbindung zwischen Brandenburg und Ostpreußen, und somit die Arrondioung seines Landes, um die es der alten Politik zumeist zu khun war. Am 24. Februar 1793 nahm Fried rich Wilhelm II. Danzig weg und erzwang sich in der zweiten Thei. lung abermals 1061 Q. M. des schönsten Landes. Was er 1795 erhielt, ging großentheils durch den Tilsiter Frieden und später auf dem Wiener Kongresse wieder verloren. Nun haben allerdings einige eraltirte Polen auch die Einverleibung Danzigs verlangt und jener Theile Polens, die bei der ersten Theilung an Preußen fielen, aber DaS ist nicht die Stimme des Volkes, Das ist nicht die Stimme der Pariser Zentralisazion. Diese Forderung ist ebenso abgeschmackt, als die der exaltirten Deukschthümler und Franzosenfresser, den Elsaß und Lothringen wieder zum Reiche zu schlagen. Die Bevölkerung hat hier auch ein Wort mitzureden. Das heutige Westpreußen, eben jene erst entrissenen Provinzen, gilt kaum noch für ächt polnisch, so germanisirt ist es, bis auf die Gebiete, die zunächst an altpolnische Woiwodschaften stoßen, es wird also auch bei Deutschland bleiben, vielleicht auch Parzellen von Posen, wo die deutsche Bevölkerung überwiegend ist und sich in diesem Sinne erklärt, aber Posen und ächt polnische Theile ge waltsam zu behaupten, nur weil sich Deutsche hineingedrängt ha ben , DaS würde dem Geiste der heutigen Bewegung geradezu widerstreiten. Ebenso gehörte als eine Schutzprovinz Kurland zu Polen und fiel durch fieiwillige Unterwerfung 1795 an Ruß land; aber wird es deshalb den Polen einfallen, den Deutschen den Anfall von Kurland streitig zu machen? Lassen wir die Dinge sich ruhig abklären, prüfen wir ruhig, was in Posen geschieht, wir werden finden, daß die Gerüchte von polnischen Uebergriffcn theilS ganz erlogen, theils übertrieben sind, nur ausgesprengt, um die Gemüther in Besorgniß zu stürzen. Russisches Geld, russi sche Emissäre und Furcht oder Haß der Deutschen und Juden wie polnische Hitze und Uebereilung sind die Haupttriebfedern der dor tigen Verwirrung, die sich aber trotz aller Verleumdung noch kei- neswegS in Ermordung der Deutschen und Zerstörung der Edel, Höfe kundgegeben hat, denn die Szenen im Schildberger Kreise sind nicht von Polen, sondern von schlesischen Plündererhaufen aufgeführt worden. Darum Gerechtigkeit! L. Wittig. DaS Alter im preußischen Wahlgesetze für die passive Wahlfähigkeit. Der preußische Landtag hat für die passive Wahlfähigkeit der Volksvertreter das Alter von 30 Jahren angenommen; der Landtag hat dadurch bewiesen, daß er zu alt ist, um dieses Wahlgesetz zu herathen. Denn obwohl diese Bestimmnng keine Lebensfrage des auf den freiesten allgemeinsten Grundlagen ausgesprochenen Wahl gesetzes betrifft, so erscheint sie doch als ein Flecken desselben, ebenso sehr als das Ausschließen Jener von der aktiven Wahlberechtigung, die öffentliche Almosen empfangen. Denn hat der Arme durch seine Armuth, durch ein äußeres Unglück, das ihn betroffen, seine Pflichten gegen den Staat verletzt? Viel eher der Staat die seinigen gegen ihn! Wer aber seine Pflichten nicht verletzt hat, dem kann auch sein Recht nicht entzogen werden; durch dieses Ausnahmegesetz wird fast den Bevölkerungen ganzer Landstriche, wie z. B. jetzt in Oberschlesien, wo der Staat Almosen giebt, das Wahlrecht entzogen werden; welche Ungerechtigkeit des Staats gegen seine Armen, die er unter die Kategorie der bescholtenen ehrlosen Personen seht! — Doch für jetzt seien dem preußischen Alter zur Wahlfähigkeit nur einige weitere Bemerkungen gewidmet. Eigentlich hat das Gesetz nur über die Berechtigung der Wähler Vorschriften zu machen, nicht aber über die Eigenschaften, mit denen ein Volksvertreter behaftet sein soll; solche Bestimmungen verletzen die Freiheit der Wahl. Was beabsichtigen die Wähler? Einen Mann zu wählen, der durch seine Kenntnisse, seinen Charakter und seine politische Gesinnung ihr Vertrauen als Vertreter ihrer Rechte und als Berather der Gesetze verdient. Jedes Gesetz, welches dieser Wahl eine beschrankende Bedingung zugesellt, ist an sich unnöthig und verwerflich. Man wird Niemanden wählen, auf dessen Fähigkeiten man nicht wohlbegründete Hoffnungen baute, und kein Alterstermin kann jene Fähigkeiten in irgend einem Grade garantiren, wohl aber verhindern, das frühreife Genie zu den Staatsgeschäften zuzulassen. Wenn die Stimmen der Wähler sich in seltenen Fällen der Jugend zuwenden, so kann es nicht anders sein, als daß die aus nahmsweise frühe Reife des Geistes und Talents dazu auffordert. Hierin muß ihrem Urtheil volle Freiheit gesichert bleiben. Wie am Alter nicht die nöthigen edlen Eigenschaften eines Staatsmanns kleben, darüber haben wir uns in den letzten fünf Wochen deutlich ausgesprochen. Deutschland hat einige dreißig Minister entfernt oder weggejagt, die alle über dreißig Jahre zählten, aber herzlich - wenig taugten, sondern theilweise vielmehr verdienten, öffentlich an geklagt und verurtheilt zu werden; vcrurtheilt mit jener Strenge, mit welcher sie alle Diejenigen verfolgt hatten, die Deutschlands Freiheit gegen das langjährige, verachtungswürdige, erniedrigende und knechtende Sistem der Regierungen zu vertheidigen suchten. Einen handlich guten ehrlichen Volksvertreter hätte keiner jener alterS- erfahrenen Minister abgegeben und die ältesten waren die größten Sünder. Diese preußische Wahlbeschränkung besagt eigentlich nur: ihr werdet wahrscheinlich sehr albern wählen und geistlose, unfähige Köpfe zu Vertretern senden; damit ihr aber wenigstens einigermaßen verständige und erfahrene Leute nehmt, so wollen wrr das Alter von 30 Jahren festsetzen; dann sind die Gewählten wenigstens ver- heirathete Männer, deren Jugendmuth und Kühnheit in den meisten Fällen dahin ist und die durch Frau und Kind, Haus und Hof ruhige konservative Ansichten haben werden. was uns sehr lieb ist. Sehen wir auf die Geschichte und nicht auf den preußischen Landtag, der todt geboren wurde. Canning trat im 23. Jahre als ausgezeichnetes Parlamentsmitglied ein und wurde bald Minister, Sheridan kam mit dem 29. Jahre ins Parlament, Fox mit dem 20., der ältere Pitt mit dem 27. und der jüngere war im 23. Jahre schon Kanzler. Herr, v. Vincke, der für das Alter von 30 Jahren mit trivialen Witzeleien gesprochen hat und der sich immer auf dem historischen Rechtsboden herumtreibt, wird wahrscheinlich Geschichtskenntniß genug besitzen, um dies Verzeichniß der größten Staatsmänner vor 30 Jahren weiter fortsetzen zu können; es ist sehr zahlreich und bietet dem Studium des preußischen Landtags die außerordentlichsten noch unerreichten Vorbilder. Hat der preußische Landtag an sich die Er fahrung gemacht, daß der Geist für die öffentlichen Angelegenheiten des Staats in Preußen langsamer als bei andern Völkern reife, so lag Das in den Zuständen des preußischen Landes, in der Erziehung des Volks in Schulen und Universitäten, in den Maßregeln einer Regierung, welche nur auf die loiale Abrichtung des preußischen beschränkten Unterthanenverstandes bedacht war. Doch aber konnte dabei nicht verhindert werden, daß mancher Geist dieser vormund schaftlichen Obhut zu eigner Bahn sich entzog, sowie dem Fischer beim Fischfang mancher Fisch durch die Maschen des Netzes wieder ins offene freie Weltmeer entschlüpft. Und nun, wo es den Anschein hat, als solle das alte verwitterte Staatsnetz als eine historische Merk würdigkeit in derRüstkammer aufgehangen und derFischfang eingestellt werden, — obwohl die deutschen Ministerien fast sämmtlich die Zipfel des Netzes noch in den zaudernden Händen hakten — nun, da allen Geistern freie Bewegung wird und das Wesen der Freiheit die Welt wie ein schützender Ozean zu umfassen strebt, nun werden die Wähler keine Sorge haben, die rechten Vertreter und Vertrauensmänner des Volks zu finden, ohne daß sie den Taufschein derselben zu unter suchen brauchen.