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Sonntag, 16. 16. April 1848. DirstZ Bla« erscheint täglich Adrad» und ist durch alle Post. Lastalten de«J». «ad Uutlande- p, bejiehen. t - , ..... Prei« für da« Diertrljahr Dresdner Aonrnal, ZM Zeile » Pf. Herold für sächsische und deutsche Interessen. Redigirt von Karl Biedermann. Inhalt. Polens Verdächtigung. — Das Alter im preußischen Wahlgesetze für die passive Wahlfähigkeit. — Wahlbedenken. — Abgeord- aetenliste. — Tagesgeschichte: Dresden: Wahlkandidaten; Landtagswahl; die Chemnitzer Deputation. Radeberg: DaterlandSvereia. Berlin. Königsberg. Posen. Hannover. Haarburg. Rendsburg. Frankfurt. Mannheim. Stuttgart. Kassel. Wien. Prag. Aus dem Polnischen. Schweiz. Paris. Italien. Turin. Kopenhagen.— Kunst und Literatur: Frauenthum.— Feuilleton. — Siogeseo- deteS. — GeschäftSkalender. — OrtSkalendrr. — Ang «kommen» Reisende. — Anzeigen. Polens Verdächtigung. Der n»uß Hunde führen bist Bautzen! Deutscher Sprichwort. Und was will dieses alte deutsche Sprüchlein besagen? Das wissen wohl nur Wenige, und eS ist erst Grimm's oder eines an dern Forschers Werk über die ursprüngliche Bedeutung desselben zu befragen; für uns aber sagt eS so viel, daß, so viel Wahrheit immerhin in den Sprichwörtern eines Volkes liegt, deren Kraft doch immer von der Dauer der sie veranlassenden Umstände ab hängt. Mit dieser Bemerkung kehren wir unsere Waffe gegen den Berliner Polenfresser in Nr. V dieser Blätter. Jenes polni sche Wort: „so lange die Welt steht, wird der Pole nicht des Deutschen Bruder" ist von den ältesten Zetten bis herab auf unsere Lage vollkommen begründet, hat aber nie größere Geltung ge habt, nie mehr den Haß der Polen gegen die Deutschen ausge drückt, als in den Tagen Stanislaus August's und der groß artigen Kämpfe Polens um seine Freiheit. Der Berliner fordert aus, die Geschichte zu lesen; wir rathen ihm selbst Dies ganz be sonders an, dmn wenigstens von der Geschichte Polens, über die er schreibt und urtheilt, weiß er Nichts. Er lese die Wegnahme des polnischen Gebiets durch Friedrich U., er lese, wie Friedrich Wilhelm II. unterm 16. Mai 1791 der Republik Polen zur Ver fassung vom 3. Mai Glück wünscht „und den Schritt genehmigt und preist, dm er als wesentlich zur Gründung ihres Glückes be trachtet", und wie am 16. Januar 1792 die Preußen unter Möllendorf einrücken und die Gründer der Verfassung als die ärg sten Jakobiner geschmäht werden. Er lese, wie die Kanonen des meineidigen Preußenkönigs dem bestürzten Warschau die Versiche rung unwandelbarm herzlichen Einverständnisses zudonnerten und die Beschlüsse des Grodnoer Reichstages diktirten, und beant worte sich dann, ob diese Saat des Fluchs in Liebe aufschießen konnte. Doch warum diese Forderung; der Berliner Korrespon dent, der sich nicht schämt, „vom alten Polackentik" zu reden, der die jetzige Aufathmung Polens einem „Herentanze" vergleicht, mag eben keine Belehrung, und wäre er ihrer noch so bedürftig, wie Dies jede Berufung seinerseits auf die Geschichte Polens beweist. Darum nicht zu ihm, sondern zu den Lesern dieses Blattes ein Wort der Verständigung über die polnische Frage. Daß Polen durch den Ehrgeiz, die Zerrissenheit und Des potie seines großen Adels, durch das Niederdrücken des Bürger und Bauernstandes zu Grunde gegangen ist, Das wird kein Mensch läugnen, es hat gebüßt dafür seit achtzig Jahren; daß aber alle- Dics den von Rußland, Preußen und Oesterreich begangenen Völ kermord, die Unterhaltung pes Unfriedens in Polen und Be nutzung desselben zu dreimaliger Lheilung nicht rechtfertigt, steht ebenso fest. Die erste Lheilung von 1772 war aber ein gewal tiger Anstoß zu Reformen für die Polen, jene Konstituzion vom 3. Mai 1791 eine kostbare Frucht derselben. Man wollte aber kein Polen mehr, die Ländergier der drei Räuber kannte weder Schranke noch Scham, und die heiligsten Zusagen wurden mit Füßen getreten. Seit dem Untergange Polens aber haben seine Söhne viel, sehr viel gelernt, und die politischen Verbannten wissen, daß nur die Schöpfung eines freien Bauernstandes dem Reiche Halt gewähren kann, die aristokratischen Gelüste sind ver- urtheilt und ohnmächtig, sie haben weder die Simpathie des pol nischen noch eines andern gebildeten Volkes. Der Umschwung in Deutschland, der Sieg deS Volkes und der Freiheit hat aber auch die ganze Stellung Deutschlands zu Polen verändert, Deut sche sind es, die den Kerker der Polen in Berlin öffneten, Deutsche, die dringend im Namen der Gerechtigkeit und der Verbrüderung der Völker die Herstellung Polens fordern. Das wissen auch die Polen, d. h. alle Gebildeten, die an der Auferstehung ihres Vaterlandes arbeiten, aber es weiß es nicht die Masse des Volks, die vom Großvater her im Preußen und Oesterreicher den Deut schen, im Deutschen aber nur den Feind sieht. Freilich rufen ihr jetzt die Führer zu, Friede zu halten, da die Deutschen Freunde Polens seien, einen solchen Umschwung der Dinge aber vermögen die ungebildeten Köpfe nicht sofort zu begreifen, und daher manche Gewaltthat, mancher Ausbruch alten Grolles, den unS die Blat ter des konservarkven Sistems so triumphirend erzählen. Aber noch mehr, die preußische Regierung scheint in diesem Augenblicke schon Gewissensbisse über die Herausgabe Posens zu empfinden, das Auftreten des Generals v. Eolomb, die neue Verkündigung des Standrechts sprechen dafür, man stellt der Opganisazion der Polenkomites offenen und geheimen Widerstand entgegen, man versucht es, noch einmal der öffentlichen Stimme Trotz zu bieten, welche die Scheidung der Nazionalitaten fordert. Sehen wir die Zeitungen genauer an, so sind nicht die Polen die Unruhestifter— sondern geflüchtete Beamte, Juden, Deutsche, wie Die- beson ders in Fiffa sich gezeigt hat. Aber, sagt man, soll denn Deutsch land diese ehemaligen polnischen Provinzen, in denen so viele