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Diese» Blatt erschein» täglich Abend« und ist durch alle Post, anstalten de-3»« und Auslandes zu beziehen. , <e.' ' .. ,, Drei« für da» Dierteljahr Dresdner Journal, -M Zeil« 12 Pf. Herold für sächsische und deutsche Interessen. Redigier von Karl Biedermann. Inhalt. Zur Rüge und Abwehr. —Warum?!— Tagesgeschichte: Dresden: Gewerbrvrrein; deutscher Verein. Berlin. Thorn. Posen. Rendsburg. Baden. Karlsruhe. Kassel. Wien. Bon der galizischen'Grenze. Lemberg. Krakau. Warschau. Paris. Lombardei. Mai land. London. Madrid. — Kunst und Literatur: Das Palmsonntagskonzert. — Feuilleton. — Eingesendetes. — Geschäfts kalender. — Ortskalender. — Angekommene Reisende. — Anzeigen. 3ur Rüge und Abwehr. Ein Antrag zur Geschichte der Kerliner Revolution. Die englische Zeitschrift Times enthält unterm 29. März eine Darstellung der Berliner Revoluzion, die von Lügen, Verleumdungen und absichtlichen Entstellungen strotzt. Der Artikel lautet also: „Von einem Au gen ze ug en, der bei den letzten Berliner Vor fällen gegenwärtig war, haben wir folgende interessante Mittheilun gen erhalten, die über den wahren Charakter des Aufstandes keinen Zweifel lassen. — Es ist dadurch offen dargethan, daß ausgedehnte Vorbereitungen getroffen waren, um eine entscheidende Kollision mit der Regierung herbeizuführen, daß zu diesem Zwecke Maßregeln zuvor verabredet waren. (^.) „Am Morgen des 18., wahrend die Proklamation Sr. Maj. deS Könige veröffentlicht werden sollte, wurden verschiedene Gewalt- thaten gegen Soldaten in mehrer» Sladttheilen verübt. Zwei Schild wachen, welche vor dem Hause deS Gouverneurs standen, wurden vom Volke um I Uhr todtgeschlagen. Zu derselben Zeit fand eine Sitzung deS Komite's der ZeitungShalle statt, eines literarischen Klubs, der seit einiger Zeit revoluzionäre Tendenzen verfolgte und jetzt über die Aufstandsfrage debattirte. Eine ähnliche geheime Gesellschaft oder Klub existirt in Paris, dessen Aufgabe es ist, überall das Volk in Kollision mit den Truppen zu bringen. Es war ein Mitglied dieses Klub-, daS den ersten Schuß in Paris that und seitdem verrückt ge worden ist. (v.) „In Berlin brach, wie allgemein bekannt ist, der Aufstand aus in einem Augenblicke, wo Freude und Dankbarkeit für die frei zugestandenen Geschenke von Seiten des Königs den größern Theil deS Volkes erfüllten. ES wird berichtet, daß das erste Signal durch zwei Schüsse gegeben wurde, die in dem Augenblicke fielen, alS der dichte Haufe bis zu den Thoren deS Schlosses vordrang. Niemand ward davon getroffen. Die Anstifter der Revoluzion zogen jedoch aus der augenblicklichen Verwirrung Vortbeil und entflammten das Volk durch das Geschrei: Zu den Waffen', etwa ebenso, wie es in Paris vor dem Hotel ries sllaires Arrmgeies geschah. Der Platz vor dem Schlosse wurde alSdann von der Masse gesäubert, und zwar durch eine Schwadron Kavalerie, welche mit den Säbeln in der Scheide über den Platz ritt, und durch eine Kompagnie Infanterie, welche während Dessen weder einen Schuß abfeuerte, noch auch daS Volk mit dem Bajonnette angriff, wie lügenhaftek Weise erzählt worden ist, sondern ruhig über den Platz mit den Waffen über die Schulter marschirte. Wir wissen laut ausdrücklicher Versicherung, daß die ersten entschei denden Schüsse von Seiten deS Volkes abgefeuert wurden au- einem durch Barrikaden gedeckten Haufen. (6.) „Einen andern Beweis davon, daß Vorbereitungen getroffen waren, gaben theerige Substanzen, die behuf- Feueranlegung auf die Dächer gebracht waren. ES ist sehr wichtig, daß der einzige bedeu tende Schaden durch den Brand de-Artilleriedepot- verursacht worden; man bezweckte die Vernichtung der Artillerie. Der Schade wird auf ungefähr 900,^00 Thlr. angegeben. (0.) „General Prittwitz hatte da- Kommando der Truppen und gab alle Befehle. Die Soldaten hielten sich wunderbar. Ungefähr um 5 Uhr waren sie im Besitze der wichtigsten Plätze und breitesten Straßen, und hatten somit eine regelmäßige Kommunikazion unter einander; der Kommandeur en 6Kek theilte seine Ueberzeugung mit, daß man in wenigen Stunden Meister der ganzen Stadt sein würde. Der König jedoch, erwägend, daß noch viel Ströme Blute- fließen würden, wenn er die Fortsetzung deS Kampfes erlaubte; ferner erwä gend, daß seine Macht und seine Herrschaft dabei im Allgemeinen auf dem Spiele stand, gab den Befehl, die Truppen zurückzuziehen, dem die Soldaten gehorsamten, wenngleich mit dem größten Widerstreben, da die Erbitterung von beiden Seiten unbeschreiblich war. Aber die Disziplin dieser ausgezeichneten Truppen ist so gut, daß sie einer Maß regel gehorchten, die von ihnen als beschimpfend angesehen werden mußte, aber die ein Staatsmann oder Geschichtsschreiber zukünftig weise und großmüthig nennen wird. An alle Diesem hatte der Prinz von Preußen durchaus keinen Antbeil; denn nach einem Dekret, da tier verstorbene König im Jahre 1838 erließ,, hat der Prinz in seiner Eigenschaft als Kommandant der Garde keine Befehle zu ertheilen, wenn die Truppen gegen das Volk agiren. Der Prinz von Preußen hatte deshalb vom ersten Tage an sein Kommando dem General Prittwih übergeben. (L.) „ES ist nicht wahr, daß die Königin vom Pöbel gerufen wor den, auf dem Balkon zu erscheinen, alS die Leichen der Erschlagenen vorbeigelragen wurden; sie kam im Gegentheile auS eigenem An triebe, um den König zu begleiten. Der Letztere nahm vor den Leichen den Hut ab, nach einer alten, auf dem Kontinent allgemein üblichen Gewohnheit." Der „Augenzeuge", von dem dieser Artikel herrühren soll, hat sich wahrscheinlich am Mittage des 18. März nicht auf den Straßen Berlins unterm Volke, sondern imköniglichen Schloß befunden, und verweilt jetzt wahrscheinlich im Hotel der preußi schen Gesandtschaft zu London beim Herrn Ritter Bunsen. ää ä. Es ist 1) eine Lüge, daß bereits am Morgen deS 18. März Gewaltthaten gegen Soldaten verübt worden sind. Es ist 2) eine Lüge, daß um 1 Uhr (also vor dem Attentat des Militärs auf daS Volk) bereits zwei Schildwachen vor dem Hause deS Gouverneurs „todtgeschlagen" worden sind. (Die Schildwachen in verschiedenen Theilen der Stadt wurden nach dem Angriff auf das Volk, welcher nach 2 Uhr auf dem Schloß platze geschah, entwaffnet. Eine an der Bank soll bei dem Ringen um ihr Gewehr erschossen worden sein.) Es ist 3) eine Lüge, daß zu „derselben Zeit" eine Sitzung eines „literarischen Klubs", der seit einiger Zeit „revoluzionäre