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Sonnabend, ^'8. 8. April 1848. Dieser Blau «rscbelnr täglich ZU Dresdner Aonrnal, beziehen. Pre-S für das Vierteljahr Thlr. Insertionsgebüh. ren für den Raum einer gespaltene» Aelle 12 Pf. Herold für sächsische und deutsche Interessen. Redigirt von Karl Biedermann. Inhalt. Deutschland und Israel. 2. Art. — Tagesgeschichte: Dresden: Oesterreichische Deputirte für das deutsche Parlament. Von der Obrrelbe: v. Haake z Arbeitöverhältniffe. Waldenburg: Exzesse. Berlin. Posen. Frankfurt. Wien. Prag. Bern. Lombardei. Mai land. Neapel. Spanien. Petersburg. — Feuilleton. — Eingesendetet. — GrschäftSkalender. — Ortskalender. — A »ge kommene Reisende. — Anzeigen. In der Beilage: Verhandlungen der Stadtverordneten zu Dresden. — Leipzig: Der Vaterlandöverein. Aufforderung. Bei größerer Ausbreitung der typhösen Krankheiten in Schlesien und Böhmen und namentlich bei der von letzterem Lande aus in Besorgniß erregender Schnelle geschehenen Annäherung an die sächsische Grenze hat das Ministerium des Innern die Medicinalbehörden des Landes bereits vorlängst zu besonderer Überwachung des Gesundheitszustandes in ihren Bezirken veranlaßt, gegenwärtig aber, nachdem die Krankheit die Landesgrenze überschritten und mehrere Ortschaften deS Justizamtes Wolkenstein befallen hat, für Absendung einiger Hilfsärzte in diese Orte Sorge getragen, um den betreffenden Bezirksarzt in Ausführung seiner medicinalpolizeilichen Maaßregeln und namentlich in der Behandlung der armen Kranken zu unterstützen, so wie auch die erforderlichen Unterstützungsmaaßregeln durch die Kreisdirection zu Zwickau unverzüglich eingeleitet worden sind. Für den jedoch hoffentlich nicht zu besorgenden Fall weiterer Ausbreitung der Krankheit oder gleichzeitigen Ausbruchs derselben an mehreren Orten des Inlandes würde das Ministerium nicht anstehen, ähnliche Aufträge solchen Aerzten zu ertheilen, Welche dazu geneigt und ihren übrigen Verhältnissen nach im Stande wären, auf erhaltene Aufforderung sogleich an den Ort ihrer Bestimmung abgehen zu können. Das Ministerium des Innern wünscht daher, daß diejenigen jüngeren Aerzte, welche zur Annahme eines solchen Auf trages geneigt sind, ihre desfallsigeBereitwilligkeit demselben schriftlich zu erkennen geben möchten, damit bei wirklich eintrekender Nothwendigkeit ungesäumt die Absendung eines derartigen Hilfsarztes an den Ort, wo er erforderlich ist, erfolgen könne. Dresden, am 5. April 1848. Ministerium des Innern. Oberländer. Eppendorf. Deutschland und Israel. Cin freimüthiges Wort in Sachen der Emanzipazion der deutschen, namentlich der sächsischen Israeliten. Von Diakonus Pfeilschmidtin Dresden. 2. Die gegenwärtige Lage der Israeliten in Deutschland, namentlich in Sachsen. Um aber die Erneuerung des schon ost dringlich vernomme nen Rufes nach Emanzipazion der deutschen und speziell der säch sischen Israeliten ausreichend zu begründen, um zu veranschau lichen, was wir wollen und warum wir es wollen, bedarf es vor Allem eines konkreten Bildes der gegenwärtigen Lage unserer israelitischen Volksgenossen. Geben wir darum eine Skizze hiervon und richten auf dieselbe unfern Blick: waS sehen wir da? Wir sehen allerdings, besser, namentlich besser, als in den finstern Zeiten des Mittelalters, ist es mit dieser Stellung gesetz lich jetzt überall in Deutschland. Und es wäre auch, schrecklich, es hieße das Verdammungsurtheil über alle Bildung des 19. Jahrhunderts aussprechen, wenn es nicht besser wäre. Denn un ter den osmanischen Kalifen, also unter den Bekennern Ma- Homels, wohnten die Nachkommen Abrahams, Isaaks und Jakobs nicht nur fast durchgängig sicher, sondern zum Theil selbst wahr haft glücklich. Dagegen gab es namentlich im 13., 14. und 15. Jahrhundert im ganzen christlichen Europa, auch im christ lichen Deutschland keinen größer» Fluch, als von jüdischen Eltern geboren, im mosaischen Glauben erzogen zu sein, und keine an Gräueln aller Art reichere Geschichte giebt es, als die Geschichte derJsraeliten in jenen chnstlichen Jahrhunderten. So — um nur ein Beispiel namhaft zu machen — erinnert uns das Jahr 1848 von selbst an die grauenvolle Verfolgung der Juden von 1348. Denn als in jenem Jahre eine verheerende Seuche, der schwarze Tod genannt, durch Europa zog und der durch ein fanatisches und unwissendes Priesterthum genährte Aberglaube de- Volkes die Ur sache dieser Seuche in einer allgemeinen Vergiftung der Brunnen suchte, so legte der Haß gegen die Juden diesen die Schuld der Vergiftung bei. Kein Wort der Belehrung Seiten der wenigen Erleuchtetem vermochte die unglücklichen Opfer der Volkswuth vor derselben -u schützen. Vom Rhein bis zur Oder, von der Donau bis zur Ostsee wurden viel tausend jüdische Männer, Frauen,