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45 Am ersten Januar kommen die freien Neger mit Erlaubnifs der Regierung auf ei nem grofsen Platze bei derCitadelle zusammen, und tanzen. Ihre Tänze sind verschieden nach den besondern Negerstämmen, doch bestehen alle hauptsächlich in Bewegungen des Kopfes, der Arme, im Umherdrehen mit sehr schnellen Tritten, wobei sie sehr genau Takt nach der Musik halten; ihre Stellungen und ihr Ausdruck sind mitunter aufserordent- lich frech. Das Hauptinstrument bestehet aus einem Stück von einem holen Baumstamme, wel ches oben mit Leder überzogen ist, und mit Stöcken wie eine Trommel geschlagen wird; man hat es von verschiedenen Gestalten, welche verschiedene Töne hervorbringen. Die Negerinnen welche nicht mit tanzen, haben Schnüre mit Nufsschalen in der Hand, ztt deren Geklapper sie im Chor singen. Das seltsamste ist, dafs die Musikanten eben so starke Bewegungen machen, als die Tänzer, indem alle, mit ihren Füfsen den Takt sehr ausdrucksvoll angeben, wobei zugleich alles an ihrem ganzen Körper sich regt, so dafs sie am folgenden Tage eben so müde sind, als hätten sie selbst getanzt. Wer keinen Mittänzer bekommen kann, tanzt um einen Baum oder mit seinem eigenen Schatten, und die ganze Versammlung ist in einer Bewegung, wie Ober ons Zauberhorn sie nicht wilder hervorbringen könnte. Eine Dame, die kürzlich hier angekommen war, sah einige Au genblicke dem Tanze zu, mufste ihn aber verlassen, da sie ihre Augen von der Schnel ligkeit der Bewegung so angegriffen fühlte, dafs ihr der Kopf schwindlich ward, und sie ohnmächtig zu werden fürchtete, wenn sie länger bliebe. Manche der vorzüglichsten Einwohner der Stadt und fast alle Plantagenbesitzer auf dem Lande geben ebenfalls den Negern zu "Weihnachten einen solchen Tanz, wobei sie auch Geschenke an Kleidungsstücken und Efswaaren an dieselben austheilen. Die Damen in der Stadt sehen bei solchen Tänzen ihre Negersklavinnen gern ge putzt; sie tragen dann Kleider von Musselin oder feinem Kattun, mit kurzen Taillen und nach der Mode gemacht; der Kopf ist mit einem Turban oder Musselintuch geziert, und um Hals und Arme haben sie goldene Ketten. Dagegen machen manche Neger einen wunderlichen Aufzug, denn sie bewahren alle abgelegten Kleider die ihre Herren ihnen viele Jahre hindurch gegeben haben, um damit am Neujahrstage Staat zu machen, so dafs man die Moden eines halben Jahrhundertes an ihnen zusammen sieht; andere haben einen besseren Geschmack, aber alle ziehen die lichtesten Farben vor, wogegen ihre Haut am meisten absticht.