Grundsätzliche Probleme des Gebirgsdruckes Von Prof. Dr.-Ing. GEORG SPACKELER Freiberg Beherrschung des Gebirges und dazu Lenkung des Gebirgsdruckes ist heute die überall erhobene Forderung des Bergmannes. Ihre Erfüllung ist Voraus setzung eines störungsfreien und geordneten Betriebes. Sie ist aber nur zu er reichen, wenn man sich ein Bild von den Vorgängen im Gebirge machen kann, d. h., wenn man die Spannungsänderungen und die daraus entstehenden Ver formungen kennt, die als Folge der vom Bergmann erzeugten Gleichgewichts störung entstehen. Denn diese Veränderungen äußern sich in den im Gebirge oder am Ausbau sichtbar werdenden Zerstörungen. Darin liegt die große Be deutung der Theorien über den Gebirgsdruck. Leider haben die Gegensätze zwi schen den Vertretern dieser verschiedenen Theorien vielfach zu heftigen Kampf ansagen geführt. Z. T. haben diese Auseinandersetzungen insbesondere der Gewölbe- und der Plattentheoretiker leider persönlichen Charakter angenom men, indem andere Meinungen kurzerhand als „unwissenschaftlich“ oder als „in nichts begründet“ bezeichnet wurden, statt zu versuchen, die fremde Mei nung zu prüfen, ob an ihr nicht doch etwas Wahres sei, was die eigenen Erkennt nisse fördern könne. Mit solcher Arbeitsweise ist der Wissenschaft und der Er kenntnis nicht gedient. Dabei muß ich manchen Gebirgsdruckforschern den Vorwurf der Einseitigkeit machen: Sie stützen sich auf die Erfahrungen eines bestimmten Bergwerksbezirkes, weil ihnen diese zugänglich sind, und verall gemeinern sie in unzulässiger Weise. Es soll daher meine heutige Aufgabe sein, die verschiedenen Theorien des Gebirgsdruckes zu würdigen und zu vergleichen, wobei ich natürlich auch meine eigene Auffassung zu verteidigen habe. Ich fühle mich dazu berechtigt, eine solche Kritik zu übernehmen, weil ich glaube, zweier lei für mich in Anspruch nehmen zu können: Einmal bin ich bei meinen Studien stets von Beobachtungen unter Tage ausgegangen, habe viele Gruben aller Berg bauzweige befahren, bin gerade in die engen, verdrückten Baue hineingekom men und habe mich dabei vor der erwähnten Einseitigkeit bewahrt. Wenn ich heute davor warne, unsere Studenten zu früh zu spezialisieren und getrennt Kohlen-, Erz- und Salz-Bergingenieure auszubilden, so geschieht das in erster Linie aus den bei diesen Studien gewonnenen Erkenntnissen heraus, daß nur der das Gebirge zu beherrschen lernt, der über vielseitige Erfahrungen verfügt. Zum anderen habe ich niemals einen einseitig extremen Standpunkt eingenom men und mich keiner der bestehenden Theorien verschrieben. Fälschlicherweise hat man mir vorgeworfen, ich sei einseitiger Anhänger der Gewölbetheorie. M. E. kann nicht die Gewölbe- oder die Plattentheorie die Erscheinungen erklären, sondern nur beide Theorien gemeinsam können die Aufgabe erfüllen. Richtig ist allerdings, daß ich der Gewölbebildung die größere Bedeutung gegenüber der Plattenwirkung zuschreibe. Leider stehe ich mit dieser vermittelnden Auffassung allein da. Mehrfach wird sogar behauptet, daß die eine Theorie die andere aus schlösse. Eine Begründung dafür habe ich aber noch nirgends gefunden.