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Der sächsische Erzähler : 09.09.1939
- Erscheinungsdatum
- 1939-09-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735715891-193909094
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735715891-19390909
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735715891-19390909
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Der sächsische Erzähler
-
Jahr
1939
-
Monat
1939-09
- Tag 1939-09-09
-
Monat
1939-09
-
Jahr
1939
- Titel
- Der sächsische Erzähler : 09.09.1939
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hre alt, am die hiesigen n am Mon- cicht wieder. rlanL starb n Reiterzug Unfall. Auf ein Motor- mutzten mit rden. wurde am in Pauline chöpsc beim Feststellun« «rüber, datz «ar, Selbst- innen. Der in Vorbild« a Jahrhun« n das Was« DorflebenS. una zurück« Ings wieder f von Bür« neuen Hüb rum wurde belegt und zt ist. DaS ^-geschnitzte nd, geschaf« innen drei- mhof „Zur ht, daß dis re mit dem stschutzkraft aren üum, Prä« über den sie sich auf dag es sich n die Reihe r freige- nicht der nen. Dies me, Kissen, ndkletdung Vischtüchcr, Hers e Erzeuger «melstellen < Ver ist un butter un- Ortssam- krbraucher, llt worden tes feines >on diesem ii «hl ist dank »der sehr oeitere Er» stich macht, vingt sogar i Lager« u nehmen. Pflicht, zu räuchlich edoch nicht end borge« rmber ver- ihrung und r gegen die lnlergrnnt i.) «flehend«» mit Brot oder Mehl b«-»tchn,t«n Abschnitt« Nr. 1 und 2 der M der Hand der Verbraucher befindlichen Auewetetarten abgegeben werden, uud zwar 2S6 Gramm je Abschnitt. Der Abschnitt Nr. 1 berechtigt zur Entnahme in der Zeit vom v. September bi, 10. September 1939, der Abschnitt Nr. 2 zur Entnahm« in der Zett vom 17. bi, einschtietzlich 24. September 1939. Dies« Regelung erstreckt sich selbstverstiindllch auch auf Spezial« und Stufenmessi aller Art. Nach der gleichen Bekanntmachung dürfen Kasseezusatzmit» tel nur noch gegen den mit „Kaffee, Le« oder Kassee-Ersatzmittel" bezeichneten Abschnitt der Aurwet,karten abgegeben werden. Die Hochstmenge für Kaffee, Kaffee-Ersatz und -Zusatzmittel wird aus 106 Gramm je Woche (bisher SS Gramm) festgesetzt. Da, Verhältnis, in dem aus diesen Abschnitt Kaffee bezogen werden kann, richtet sich nach der jeweils verfügbaren Menge. Di« Einzelbetrieb« dürfen aber von den am S. September 1VSV noch bei ihnen vorhandenen Mengen Nüst« ! kaffe« höchsten» 26 Gramm an den in der Ausweiskarte genannten Verforgungsberechitgten abgeben. MsMkNMI EN Eine genaue lleberwachnng des Ort»- «nd Wohnungs wechsel, unerläßlich DaS Jutereffe der LaurrSverteldi-uug erfordert eine genaue lleberwachmrg des Personenverkehr«, damit Sabotageakte an den für da» deutsche Bmk lebenswchtigen Betrieben verhütet und die zur Landesverteidigung notwendigen Maßnahmen vor Spionage geschützt werde«. Durch eine Verordnung de» ReichSinnen« unmsterS Dr. Frick find in Deutschland bis auf weitere» die Be. Kimmungen der Reichsmeldeordnung verschürst worden. Jeder BolkSgenoffe trügt -um Schutze de» bedrohten Vaterlandes bei, wenn er die Vorschriften bei An« und Abmeldungen, bei «oh. nung». und Wohnortwechsel selbst genau beachtet und auch sei- «e^ft» darüber wacht, daß sie von jedermann genau beachtet Die Frist zur Anmeldung beim Beziehen einer Woh nung, ebenso die Meldefrist beim Ausztehen aus einer Woh, nung wird von einer Woche auf drei Tage herabgesetzt. Auslän der und Staatenlose haben sich binnen 24 Stunden bei der Meldebehörde an- bzw. abzumelden. Ausländer können sich bei der Abgabe der Anmeldung bei der Meldebehörde nicht vertreten lassen. Wenn sie durch ernstliche Krankheit verhindert sind, Haven sie das der Meldebehörde unter Beibringung einer ärztlichen Bescheinigung schriftlich mitzutei len. Bei der persönlichen Abgabe des Meldescheins bei der Meldebehörde mutz bei ausländischen Untermietern ihr Woh- nungsgeber, bei «»ländischen Mietern der Hauseigentümer oder Verwalter zugegen sein. Die genannten Meldevorschriften finden auch auf Personen Anwendung, die in'einer Gemeinde beS Inlandes gemeldet sind und besuchsweise in einer anderen Gemeinde Lei Ver wandten oder Bekannten wohnen. Die binnen 24 Stunden zu erstattende Meldung beherbergter Personen in Be« herbergungSstätten wird auf alle Beherbergungsstätten ausge ¬ dehnt, also auch auf Sportheime, Wanderheime, Jugendheime, und Jugendherbergen. Ebenso haben alle Privatpersonen, die Fremden kurzfristig entgeltlich oder unentgeltlich Unterkunft gewähren, die Beherbergten zu melden. Die bisherigen Er leichterungen für Reisegesellschaften und für den Wochen endverkehr werden aufgehoben. Wichtig ist ferner die Bestimmung, daß die Inhaber oder Leiter von BeherberaungSstätten verpflichtet sind, sich die AuSweis - Papiere aller Beherbergten, auch der deutschen Staatsange hörigen, vorlegen zu lassen und entsprechende Vermerke auf dem Meldeschein zu machen. Der Beherbergte ist verpflichtet, seine Ausweispapiere dem WohnungSgeber für die Nacht nach der Ankunft zur Aufbewahrung zu übergeben. Sri« Seist! «tr sitz SnniimisHiilei Strenge polizeilich« Kontrolle de» Srofkwagenverkehrs Amtlich wird mitgeteill: „Trotz der Aufforderung, da» Kratt wagenfahren auf un bedingt notwendige Falle zu beschränken und von Fahrten zu privaten Zwecken völlig abzusehen, finden sich noch immer Kraftfahrer, die sich über diese heute selbstverständlichen Gebote hinweasetzcn. Diese Kraftfahrer werden nochmal» darauf hingewiesen, daß Tankausweis» karten keine Freibriefe zur unbeschränkten Benutzung der Wagen sind. Bei der Aushändigung der Karten wird vielmehr erwartet, daß der Kraftstoff nur zu den Zwecken verbraucht wird, die für die Begrün dung des Antrages auf Gewährung von Tankausweiskarten angegeben worden sind. Sollte» i» Zukunft Kreftfahrrr festgestellt werten, die ihre Wagen nur zur »«mrmltchkeit oter »um vergnüge» fahre«, so würbe« ihnen sofort »ie LaakanSweilkarte« ratpigr» ober die Wage« stillgelegt werde«, tei grobem Mltzhrunch der LankaaSweilkarten müsse« die Kraftfahrer außerdem damit rechne«, »aß sie bestraft werde«. Di« Polizeibehörden werden die Einhaltung dieser Grundsätze, die selbstverständllch auch für alle übrigen Kraftstoffverbvaucher gelten, überwachen." Man hält es nicht für möglich, daß bei einer Kontrolle i nem Berlin benachbarten Kreise von SSS Kraftfahrzeugen 4SS au« pa- zier- und Ausflugsfahrten unterwegs waren. der zum Bezug« von Benzin, herausgegebenen Tankausweiskarte ist somit offensichtlich Mißbrauch getrieben worden. Bekanntlich wird zur Zeit unterschieden zwischen Kraftwagen, di« lebensnotwen dige« Zwecken dienen, und den andern, die jetzt besser in der Garage bleiben. Statt dessen parken diese Fahrzeuge nach wie vor an den ge wohnten Stätten, die mehr oder weniger dem Vergnügen dienen. Mesen Herrschaften sei einmal deutlich gesagt, daß sie sich an den Lebensbelangen de» Volkes versündigen. Es ist aber mit dem An sehen des deutschen Kraftfahrers unvereinbar, wenn er den Appell der Staatssührung zu äußerster Sparsamkeit ungehört ver hallen laßt. Wer sich nicht emordnen will, braucht sich nicht zu wun- dern, wenn mit ihm kurzer Prozeß gemacht wird und ihm die Tankausweiskarte entzogen und das Fahrzeug beschlagnahmt wird! Lehrlingseinstellung für Ostern 1940 Wie bereit» bekanMgegeben wurde, sind di« Anträge auf Geneh migung der Einstellung von Lehrlingen und Anlernlingen bi» späte sten» 1. Oktober 1939 beim Arbeitsamt einzureichen. E» sind dazu neue Vordruck« zu verwenden, die beim Arbeitsamt, bet den Arbeitsamts nebenstellen, den Innungen, der Kreishandwerkcrschast und der Indu strie- und Handelskammer Zittau erhältlich sind. Handwerksmeister, di« ihren Lehrlingsbedars für Ostern 1946 bereits ihrer Innung mit geteilt haben, erhalten die Vordrucke von der Innung -»gestellt. Der Antrag (in brauner Farbe) ist unmittelbar beim Arbeitsamt einzu reichen; zwei Durchschläge de» Antrag» (weiß) sind der zuständigen Innung bzw. der Industrie- und Handelskammer zu übersenden. Nur solch« Beklebe, die nicht der Organisation der gewerblichen Wirtschaft oder dem Reichsstand de» deutschen Handwerks angeschlossen sind, haben den Antragsvordruck mit den zwei Durchschlägen dem Arbeits amt einzusenden. Bei der Ausfüllung der Anträge ist zu beachten, daß die Zahl der in den Lehrberufen zur Zeit beschäftigten Facharbeiter (Gehilfen) und die Gesamtgefolgschaft auf dem Antragsvordruck nach dem Stande vom 1. August 1989 einzutragen ist- Die Einstellung von Lehrlingen, Anlernlingen, Praktikanten und Volontären bedarf in jedem Fall der vorherigen Genehmigung des Arbeitsamtes. Neue Bestandsaufnahme am 11. September Der Generalbevollmächtigte für die Wirtschaft hatte angeordnet, daß sämtliche Handel, und Gewerbetreibende, die Tabakwaren, Schaumwein, Liköre, Weinbrand und Spirituosen an Verbraucher verkaufen, bereits am 5. September eine Bestands aufnahme oorzunehmen hatten. Nunmehr wird eine neue allge meine Bestandsaufnahme für den 11. September 4 Uhr morgens angeordnet. Es bestehen zwischen den beiden Bestandsaufnahmen die folgen den Unterschiede: Die Bestandsaufnahme am 5. September 1939 mußten nur die Kleinhändler mit Tabakwaren, Schaumwein, Likören, Weinbrand und Spirituosen vornehmen. Die Bestandsaufnahme am 11. September 1939 4 Uhr morgens müssen alle Unternehm«, dis nicht Hersteller sind, machen, wenn sie Bier, Tabakwaren und Schaum wein gegen Entgelt liefern. Hierbei macht es keinen Unterschied, ob sie diese Waren im Großhandel oder im Kleinhandel liefern. Sie müs sen den vorhandenen Bestand an Bier, Tabakwaren und Schaumwein feststellen. Kleinhändler mit Bier, z. B. Gastwirte, brauchten die Bestands aufnahme am S. September 1939 nicht zu machen. Sie müssen aber die Bestandsaufnahme am 11. September 1939 vornehmen Groß händler mit Tabakwaren, die Tabakwaren nicht an Verbraucher ab geben, mußten die Bestandsaufnahme auf den 5. September 1939 nicht machen, sie müssen sie aber am 11. September vornehmen. Die Bestandsaufnahme bei den Kleinhändlern und Großhändlern auf den 11. September 1939 4 Uhr morgens ist erforderlich, weil sie ihre Bestände an Bier, Tabakwaren und Schaumwein in einer Summe m übrigen mag dann die Vernunft unsere Leiterin sein, der > Wille unsere Kraft. Die heilige Pflicht, so zu handeln, geb« «n» Beharrlichkeit und höchster Schirmherr bleibe unser Glaub«. Adolf Hitler Träume um Johanne Roman von Christel Broehl-Delhaes Vertilg Oskar Meister, Werdau t. So. Fortsetzung» Und als er so laS, wa» au» Jo» Geist und aus ihrer Seele kam, waren die samtbraunen Augen Astrid Braubachs auf sein > Gesicht gerichtet und durch seine gesenkten Lider hindurch sah " sie in sein Herz, da» sich loSlösen wollte «nd doch gefangen war. UnÜ in der Ohnmacht ihrer noch so großen Jugend war die Sehnsucht, ihm helfen zu können, auf eine saubere uyd große, schöne Weise. Und sie dachte, daß man damit nur zum Ziel kom men konnte, wenn man in seinem und Johannes Geiste mit ihm fühlen und empfinden könnte, wenn man ihm vertraut würde, nah und bekannt und seelenverwandt. „Dieser Verleger," sagte Braubach sinnend, „und so an den Schluß gebracht und beiläufig erwähnt, wo er doch sicher die Hauptperson ist, weil er mit Johannes Schaffen zusammen hangt, gibt mir zu denken." Erich hob den Blick, und da Astrid die Augen nicht von ihm genommen hatte, sah sie, wie Weh ihm Braubachs Aeußerung tat. Sie beugte sich rasch vor, zwäng seinen umherirrenden Blick auf ihre Person und sagte: „Sie müßten zu uns nach Hamburg kommen. Auch dort gelangen auf der Elbe die Ozean riesen bis in die Stadt. Und auch wir haben das viele Wasser, wir haben die Binnen- und Äußenalster. Sie können am Alsterpavillon in das Boot steigen und fahren, sommers wie winters. Ja, bis dicht an unser Haus in Uhlenhorst können Sie fahren Und im Sommer, ach, da hat jeder Hamburger sein Boyt auf der Alster. Wir haben am Garten eine eigene Anlege stelle. Dort liegt Jürgens Segelboot vor Anker. Nicht wahr, Jürgen?" Ihr Gesicht belebte sich in einem glühenden, früh- lichen Rot, sie sprach ohne Stocken, voll Wärme. „Und dann schwimmen wir in Hellen Sommernächten vor dem „Uhlenhor- ster Fährhaus", einem der schönsten Kaffeehäuser Deutschlands, und hören daS Konzert und bewundern die Konturenbeleuch tung und das großartige Feuerwerk. Und dann ist es schön, wenn wir leise zurückplätschern mit dem Boot, daheim anlegen am Park und durch die dämmerigen Wege ins Haus schlüpfen. Können Sie sich daS vorstellen?" „Gewiß," antwortete Erich und er erkannte, daß er tatsäch lich den Brief und Johannes Schilderungen vergessen hatte und die Alster sah, mit ihren Buchten und Anlegestellen, mit ihren Paddel- und Segelbooten. „Sie müssen im Sommer nach Hamburg kommen," fuhr sie beglückt fort. „Dann werden wir Ihnen bas alles zeigen. Nicht wahr, Jürgen?" Braubach dachte, wie rührend es sei, daß sie sich immer hinter dem Bruder verschanzte, als ob nicht ihre- Herzens Drang allein daS wünschte und bewerkstelligen würden „Wir haben einen bezaubernden Blick von unserem Hause rus auf daS Stadtbild Hamburgs mit dem Wahrzeichen, dem .Äiichel". Es^st ja oft von Nebel verschleiert. Aber wenn e» dann einmal klar ist, so ist eS immer wieder etwas Neues und immer wieder wie eine „Fata Morgan«", die da aus den Nebeln steigt." AIS sie geendet hatte, setzte Braubach hinzu, und seine Hand strich ihr väterlich einx Locke zurück, die ihr im Vorbeugen in die Stirn gefallen war: „Ja, Khber, Hamburg sollte man ge sehen haben. Und Sie sollten sich Astrids Angebot überlegen." Erich fand nur ein kleines, verlegenes Wort der Dankbar keit für die Aufforderung des Mädchens. DaS alles lag für ihn in weiter Ferne. ' 26. Der Wagen glitt in gemütlichem Tempo durch den jiimr- lcmdischen Sommer. Hin und wieder legte Fredrik Hedlund dir leichte-Stanbdecke fester um Johanne» Knie. Sie nickte jedeSmal dankbar, und obwohl er nicht in ihr Antlitz sah, bemerkte er diese» Nicken und es machte ihn sehr glücklich. Dafür sah Jo hanne ihren Nachbarn in dem Gefährt, das außer ihnen beiden nur noch den Kutscher auf dem Bock beherbergte, eindringlicher, vielleicht auch beobachtend und abwägend an. Er konnte vierzig Jahre sein — sie hatten über sein Mer niemals gesprochen — und an den Schläfen begann sein Haar bereits zu grauen. Er hatte viel im Leben gesehen und beinahe jedes Land bereist. Heute leitete er den alterervten Verlag selbständig und ohne jede weitere Stütze und er genoß großes Ansehen in ganz Schweden und vor allem in Stockholm. Mit den ersten Leuten des Landes war er befreundet, und er hatte stets soviel Ein ladungen zu städtischen wie ländlichen Festen, zu Jagden und Bällen, daß er nicht wußte, welche von allen er jeweils anneh men sollte. Und doch war er kein allzu geselliger Mensch, kein Unterhaltender und nur ein mittelmäßiger Tänzer; aber wenn er eine Rede tat, so hatte sie Hand und Fuß, und ließ er sich erst mit einem Menschen in ein Gespräch ein, so war jener nicht wieder losgelassen und verlangte nach Weiterführung der Unterhaltung bis zum Ende des Abends. Meist war aber dies den Frauen dann nicht recht. Sie schätzten Fredrik Hedlund, er war groß und schlank und er sah mit seinem braunen Gesicht und dem Hellen Haar ausnehmend gut aus. Sie übersahen es gern, daß er nicht besonders tanzte; sie machten sich nichts dar aus, baß er wenig sprach; aber wenn er ihnen etwas sagte, so wog das mehr als die größten Schmeicheleien einer ganzen Reihe von anderen Herren. Es geschah ihm, was nicht vielen Männern zum Vorzug gereicht: Er fiel durch seine große Zu rückhaltung auf ip,d er lockte durch seine Zurückgezogenheit an. Johanne hatte Fredrik Hedlund ganz einfach auf einem Schiffe kennengelernt, auf einem jener kleinen Vergnügungs dampfer, die zwischen Stockholm und Wisby verkehren und deren sich jÄer bedient, der reichste wie der ärmste. Sie waren auf diese Weise in ein Gespräch gekommen, da Frederik ver nahm, daß Johanne mit ihrer Mutter, die um diese Zeit noch in Schweden war, deutsch sprach. Er liebte die Heimatsprache sei ner verstorbenen Mutter; und es hatte ihn gedrängt, sich mit Johanne Gahl zu unterhalten. Er wurde ein unentbehrlicher Führer durch die fesselnde Stadt. In seine Erklärungen mischte sich die Frage nach dem Zweck ihres Hierseins. Johanne gab sich als Vergnügungsreisende au», aber ihre Lust, hier zu arbeiten, brach dennoch überall durch ihre unverbindlichen Worte. So lernte er die Dichterin Gahl und ihre „Heilige Heimat" kennen. Seitdem waren sie viel zusammen. Er schrieb ihr für die ein zelnen Orte, die sie besuchte, die Gaststätten und die Unterkunfts hauser auf. Manchmal erschien er unerwartet jeweils dort, wo sie gerade wellte, mit seinem raschen Wagen und fuhr sie ein unvermutetes Stück tiefer inS Land hinein. Ihre kindliche Freude über diese Ueberraschungen, die ihr so außerordentlich dienlich waren, beglückte ihn so sehr, daß er sich immer häufiger einfand, ja, sie waren manchmal tagelang zusammen. Er blieb in der gleichen Stadt wie sie, quartierte sich bei Freunden ein und durchfuhr mit ihr daS Land. Später mußte auch sie Ein ladungen annehmen, die dem „deutschen Gast" galten, dem Men schen au» der „Heimat von Hedlunds Mutter". Hatte sie sich anfangs nur scheu, und um Hedlund nicht zu verletzen, in die schöne Gastlichkeit deS fremden, befreundeten Landes gefügt, so srente sie sich heute geradezu darauf. Sie fuhren auf ein Gut, und ein traditionelles Fest wurde gefeiert, ein echtes, häusliche» schwedisches Fest. Hedlund sah über die samtigen Wiesen, die voller Blumen standen und sagte: „Ich bin gespannt, wie Ihnen der schwedische Winter gefällt. Bis jetzt Haven Sie nur Licht und abermals Licht kennengelernt; im Winter wird eS sehr dunkel." „Ob ich diesen Winter noch in Schweden bin, weiß ich nicht —" sagte Johanne zögernd. „Wir haben schöne Feste zur Winterszeit," fuhr Hedlund fort, al» habe ihre Einwendung keinen Eindruck auf ihn ge macht. „Am bekanntesten wird Ihnen der Wasa-Skilauf und der Sankt Luziatag sein." „Sankt Luzia wird bei uns nicht sonderlich gehalten," er zählte Johanne. „Dafür haben wir den Barb-.ratag. Da wird im Garten ein ReiSlcin von, Obstbanm gebrochen und in ¬ warme Zimmer und in reichlich viel Wasser gestellt. Weih nachten sollen dann die Kirsch- oder Apfelzweige blühen ..." „Tun Sie das auch?" fragte Hedlund lächelnd. „Nicht immer." „Sie denken viel an die Eifel, Johanne. Haben Sie — Heimweh?" Der Wagen fuhr recht geruhsam dahin. Hin und wieder wieherten die Pferde. Ein dunkelgrüner Laubast hing so tief über der Straße, daß Johanne nur den Arm zu heben braucht", ihn zu greifen. „Heimweh? Ach nein —" „Sie haben starke Bindungen in Deutschland, die Sie halten?" „N—nein," zögerte Johanne und dann sagte sie rasch: „Nein, nun nicht mehr." Fredrik Hedlund griff plötzlich nach einer ihrer Hände, die blaß und still auf der Staubdecke ruhten. „Ich habe Sie schon so oft gebeten; mir aus Ihrem Leben zu erzählen," sagte er vorwurfsvoll. „Tat ich das nicht schon so oft?" wich sie aus. „Ja, doch von mancherlei. Aber — nicht von Bindun ¬ gen." „Ich habe doch keine, wie ich schon sagte," flüsterte sie. „Sie mögen äußerlich nicht mehr bestehen," entgegnete Hed lund beharrlich, „aber innerlich sind sie noch da — irgendwie, ich kann es nicht erklären —" „Nein", wehrt sich Johanne. „Doch!" besteht er auf seiner Meinung. Sie senkte das Gesicht und preßte ihr Kinn wider die Brust. Sehr hilflos und schutzbedürftig sieht sie jetzt aus, und Fredrik Hedlund läuft das Blut heißer als sonst nach dem Herzen. „Und weil es so ist," fährt er fort, „wäre cs gut, wenn Sie sich aussprechen wollten. Sie werden sonst hier nicht recht frei und froh, kommen den Dingen nicht nahe und bleiben abseits. Es ist so schade um dieses Land und um Sie. Sie sollen doch sehen.'" „Ich sehe doch!" widerspricht sie und kann es nicht hindern, daß eine dicke Träne aus ihren Augen fällt, und sie fällt — ach, unglücklicherweise — auf seine Hand. „War es — so schlimm?" fragt er leise und er drückt ihre Hand fester. „Kann man nicht helfen?" Sie schüttelt den Kopf und hebt den Kopf. So sieht sie in sein Gesicht. Mein Gott, wie männlich schön gezeichnet ist dies Gesicht. Wie Silber glänzen die ergrauten Stellen an den Schläfen. Ueber den braunen Augen hat er dicke, dunkle Brauen, die in seltsamem Gegensatz zu seinem blonden Haar stehen. „Sie haben so unschwedische Augen," sagte sie jäh und kann von seinem Blick nicht los. „Von meiner Mutter. Sie war eine Pfälzerin. Mein Vater Hat in Heidelberg studiert, und als er eine Weinprobe in einem Pfälzer Keller machte, in einem der berühmtesten, da lernte er des Gutsbesitzers Tochter kennen, Richilde von Mundstädt — es ist ein elteS Pfälzer Weinbauerngeschlecht." „Und kann nur in Forst beheimatet sein," vollendet Jo hanne. „Woher wissen Sie daS so genau?" „Weil ich die Pfalz kenne und seine berühmtesten Orte. Soll ich aufzählen? Da sind Deidesheim, Königsbach, Wachenheim, Ruppertsberg und Forst; und Forst nicht an letzter Stelle." „In unserem Keller," fährt Hedlund begeistert fori, „lagern noch etliche Flaschen HochzeitSwein von Anno dazumal. „For ster Jesuitenstück" — „Ungeheuer" und — „Kirchenstück". Trockenveer-AuSlese! Ist Ihnen daS ein Begriff?" „O ja," lacht sie, „eS sind steuerlich höchstbewertete Wein« Vergingen." „Alle Achtung, Johanne, Sie sind Weinkennerin!" „Ich kenne das alles von Forst her, von Spindler», wo es von diesen Auslesen kleine „Pfiffe" gab. Ein „Pfiff", daS ist ein Achtel Liter Wein. Und man kann — unter Umständen, je nach Güte des Tropfens — von einem Pfiff schon genug haben." (Fortsetzung folgt)
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