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58 Diskussion Anlagen nicht imstande sind. Dabei werden für die zusätzlichen Lieferungen natürlich mög lichst die Kraftwerke eingesetzt, bei denen sich für die Erzeugungs- und Übertragungskosten die günstigsten Werte ergeben. Die Übertragungskosten können bei einer solchen abschnitts weisen Übertragung gegebenenfalls geringer sein als die bei unmittelbarer Übertragung, was auch im Tarif zum Ausdruck kommen würde. Es wurde z.B. schon einmal über die 110-kV-Leitungen eine Leistung von rd. 30 MW aus dem Raum Leipzig durch Verlagerung der einzelnen Versorgungsgebiete in Richtung des Bedarfes an einen größeren industriellen Stromabnehmer bei Köln geliefert. Zur Erage, ob nun an Stelle von elektrischer Energie über große Entfernungen Energie stoffe bezogen werden sollen, ist folgendes zu sagen: Zu einem großen Teil wird für die Deckung des Energiebedarfes, so besonders auch in den Industriewerken, elektrische Energie benötigt. Es ist bekanntlich wirtschaftlicher, in diesem Falle unmittelbar elektrische Energie zuzuführen. Wenn mitunter der elektrische Energie bedarf nicht voll gedeckt werden kann, so liegt dies daran, daß die Erzeugungs- und Über tragungsanlagen nicht schnell genug erweitert werden konnten, nicht aber daran, daß der zur Erzeugung benötigte Energiestoff, bei dem es sich in der Hauptsache um Kohle handelt, nicht vorhanden ist. Die Kohlenvorräte reichen zur Zeit für die elektrische Energieerzeugung noch voll aus. Es muß also nicht Öl zur Erzeugung elektrischer Energie beschafft werden. Außer dem dürfte es auch nicht möglich sein, das Öl zu einem Preis zu liefern, daß die Erzeugungs kosten für die Kilowattstunde nicht höher sind als bei Erzeugung durch Braunkohle. Es gibt im allgemeinen eine Anhaltszahl für die Stromerzeugung. Danach dürfen (Preis von 1944) 1 Million Wärmeeinheiten nicht mehr kosten als 1,— DM. Der Einwand, daß das sehr niedrig angesetzt sei, ist richtig. Es ist aber die Richtzahl für die Erzeugung elektrischer Energie in Großkraftwerken. Hinsichtlich der Verwendung des Öles ist weiter zu beachten, daß es dringend für viele andere Zwecke gebraucht wird. Als Energiestoff wird es nur für solche Zwecke verwendet, wo es durch seine besonders guten Eigenschaften anderen Energiestoffen überlegen ist. Für die Stromerzeugung genügen die Energiestoffe geringerer Qualität, z.B. die Ballastkohlen, die auch heute ausschließlich dazu verwendet werden. Da es sich bei der Stromerzeugung um eine vollkommene Umwandlung handelt, ist die Qualität des dazu verwendeten Energiestoffes nicht von Bedeutung. Die aus schlechter Kohle erzeugte Kilowattstunde ist von gleicher Qualität wie die aus gutem Öl. Wegen der anderen Verwendungsmöglichkeiten des Öles kommen vom Öl nur die bei der Aufbereitung anfallenden schlechten Teile, die für andere Zwecke nicht mehr verwendet werden können, für die Energieerzeugung in Betracht. Der Wirkungsgrad der Kraftwerke wird in Kürze wesentlich erhöht werden können. Heute werden bei modernen Kraftwerken schon Werte von 28 bis 30% erreicht. Es gibt sogar schon ein Großkraftwerk, das bereits einen gesamtthermischen Wirkungsgrad von über 40% erreicht. Es ist damit zu rechnen, daß durch Erhöhung von Druck und Temperatur und gegebenenfalls durch Kombination von Dampfturbinen und Gasturbinen der Wirkungsgrad auf ca. 50% erhöht werden kann. Zur Sicherheit der elektrischen Energieübertragung über lange Entfernungen ist auf fol gendes hinzuweisen. Es gibt jetzt einen sehr guten Kurzschlußschutz, mit dem in sehr kurzer Zeit (Zeit vom Eintritt der Störung bis zur Abschaltung 0,1 bis 0,2 s) bei Störung auf einer Lei tung (z.B. Blitzeinschlag) aus dem Netz nur der gestörte Leitungsabschnitt herausgesehaltet werden kann. Da meistens die Kurzschlußbrücke in solchen Fällen aus einem Lichtbogen besteht, wird nun eine weitere Verbesserung dadurch erreicht, daß die gestörte abgeschaltete Stelle automatisch nach 0,4 bis 0,6 s bereits wieder eingeschaltet wird. In dieser kurzen span nungslosen Pause für die gestörte Stelle ist in der Regel die Lichtbogenstrecke soweit entioni siert, daß eine Neuzündung des Lichtbogens nicht mehr eintritt. Die Unterbrechung der Strom übertragung dauert also nur 0,5 bis 0,7 s. Eine solche kurzzeitige Unterbrechung, auch wenn sie an einer alleinigen Zuspeisung erfolgt, kann man noch nicht einmal am elektrischen Licht fest stellen. Die Asynchronmotoren laufen dabei ebenfalls ungestört weiter. Nur vollbelastete Synchronmotoren können dabei außer Tritt geraten. Es wird aber immer schon darauf hin gewiesen, daß Synchronmotoren nur für solche Antriebsmaschinen in Betracht kommen, die einmal eine kurzzeitige Unterbrechung erfahren können.