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Prof. Dr.-Ing. Riedel, Markkleeberg: Persönlich glaube ich nicht, daß das Öl der richtige Energieträger für die elektrische Strom erzeugung ist. Ferner kann man Erdöl, also eine Rohenergie, nicht mit elektrischem Strom, also einem Endenergieträger, vergleichen. Zweifelsohne ist es sinnvoll, die Energie am Gewinnungs ort zu veredeln, also dort die Verluste abzuzweigen. Da aber häufig der Import elektrischer Energie stark befürwortet wird, interessiert uns, wie hoch sich die gesamten Übertragungs verluste belaufen. Zumeist werden nur Teilabschnitte behandelt. Mich interessieren jedoch die Gesamtverluste, angefangen von der Generatorklemme, unter Einbeziehung sämtlicher Teil verluste über mehrfaches Transformieren, gegebenenfalls der Gleichrichter und der späteren Rücktransformation bis zu den Endverbrauchern auf die dort üblichen Spannungen. Schließ lich erhebt sich zur elektrischen Energieübertragung noch die Frage, wie groß die Anfälligkeit einer elektrischen Energieübertragung ist, besonders über sehr lange Strecken und Strecken, die gelegentlich sehr extremen klimatischen Bedingungen ausgesetzt sein können ? Prof. Dr.-Ing. Hofmann, Berlin: Herr Dr. Riedel hat die Frage so gestellt, wie sie sich uns heute aufdrängt. Für uns gilt zu entscheiden, was zweckmäßiger ist, eine SKE in Form von Steinkohle oder als Elektro energie einzuführen, wobei natürlich nicht vergessen werden darf, daß die Steinkohle hier erst mit einem gewissen Wirkungsgrad verfeuert werden muß. Bei all diesen Überlegungen dürfen wir nie vergessen, daß von der Erstenergie, die wir brauchen, doch praktisch nur 20% in Form von Kraft oder Licht genutzt werden, 80% da gegen in Form von Wärme. Im großen und ganzen wird die eingeführte Energie zu 80%, zumindest 75% Wärmezwecken dienen, die also nicht den Umweg über Elektroenergie not wendig macht. Deswegen lautet doch die Frage sehr einfach: Wenn über große Entfernungen Energie eingeführt werden muß, ist es dann wirtschaftlicher, Elektroenergie einzuführen und diese Elektroenergie hier entsprechenden Wirkungsgraden wieder in Wärme umzuwandeln, um die 80% befriedigen zu können, oder führt man besser Steinkohle oder Erdöl oder Gas ein. Für die Beantwortung dieser Frage — unabhängig von den Kosten an der Erzeugungsstelle — ist von entscheidender Bedeutung, wie groß die Transportkosten sind und mit welchem Um- wandlungs- und Transportverlusten dabei zu rechnen ist. Dipl.-Ing. Koppe, Berlin: Herr Prof. Kühn nannte eben einige Zahlen über die Verluste beim Transport von Elektro energie. Er sprach von einem Wert von 0,002 DM/kWh bei einer Spannung von 100 kV und 100 km Transportweg. Umgerechnet auf 1 Million kcal sind dies bereits 2,3 DM. Bei einem Ölpreis von 100 DM je t wäre dieser Wert entsprechend dem Heizwert einer t Öl von 10 kcal schon 23 DM bei 100 km, oder bei rd. 400 km Transport wäre das Öl bereits verlorengegangen. Nach den Darlegungen über den Transport von Energie in Form von Öl ist dieser weitaus billi ger als der Transport von Energie in Form von Elektroenergie. Hier wurde nur mit einer Spannung von 100 kV gerechnet; um wieviel höhere Verlustwerte würden erst bei höherer Spannung herauskommen. Schon allein hieraus ist zu folgern, daß es wirtschaftlicher ist, Öl über weite Strecken zu transportieren und erst am Verbrauchsort in Elektroenergie umzu wandeln, als die Elektroenergie über Tausende von Kilometern heranzuholen. Prof. Dipl.-Ing. Kühn, Dresden: Wenn die elektrischen Energien, die in Sibirien durch Wasserkraftwerke anfallen, hier bei uns zur Deckung des Bedarfes dienen sollen, so ist es nicht nötig, die dort erzeugten Kilowattstunden über eine besondere Leitung unmittelbar bis hierher zu übertragen. Es reiht sich von Sibirien bis hierher in unser Land Netz an Netz. Eine Unterstützung für unser Gebiet durch die in Sibirien anfallenden Kilowattstunden kann in der Weise erreicht werden, daß die einzelnen Stromversorgungsgebiete in Richtung auf unser Land verlagert werden. Das kann so geschehen, daß die in Frage kommende Strommenge schrittweise von Netz zu Netz in westlicher Richtung bis zum Bestimmungsgebiet übertragen wird. So können Entfernungen überwunden werden, zu deren unmittelbarer Überbrückung die betreffenden