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Rr 162. 1. Beilage zum A«er Tageblatt. 1«. JE 1910. Amtliche Bekanntmachungen. <LU »mtvchen v«kann>ma<yunu«n w«rd«n, s-nxi« fi, un« nicht von den iköörden unmittelbar zugestelll werden, den Amtdbiittt.nl enlnoninien » Am 1. diese» Monat» ist Fräulein Mari« Helene Groß hier als Klöppelschullehrerin von Utz» in Pflicht genommen worden. Reustädtel, am 14. Juli 1910. Der Stadtrat. Dr. Richter, B. Mr geben bekannt, daß wir Herrn praktischen Tierarzt Knrt Elsner, z. Z. hier, für die Dauer de» Urlaubs de? Herrn Tierarztes Böhme zu dessen Vertretung für den Stadtbezirk Schneeberg als städtischen Tier arzt und Schlachthofdirektor, Fleischbeschau«! bez. wissenschaft lichen Fleischbeschauer in letzter Beziehung auch für den Stadt bezirk Neustiidtel iin Auftrage des Stadtrats zu Neustädte! gemäß 8 3 des Sächsischen Gesetzes vom 1. Juni 1898 durch Handschlag verpflichtet haben. , Schneeberg, am 14. Juli 191V. Der Stadtrat. Dr. von Woydt. Als Protokollant und stellvertretender Standesbeamter, mit der Befugnis zur Beurkundung von Geburts- und Sterbefällen, für den Standesamtsbezirk Zschorlau ist am 13. Juli d. I. Herr Gemeindeexpedient Johannes Ehristian Friedrich August Seidel von der Königlichen Amtshauptmannschaft zu Schwarzenberg in Pflicht genommen worden, was hiermit zur öffentlichen Kennt nis gebracht wird. Zschorlau, am 14. Juli 1910. Der Eemeindevorstand. H e i n k e. Wo Johann Orth überall aufgetanchr sein soll. Obgleich die Tatsache, daß Johann Orth, der verschollene Erzherzog Johann Salvator, nicht mehr unter den Lebenden weilt, heute als unumstößlich bewiesen gelten darf, so wird seine soeben erfolgte Todeserklärung trotzdem kaum dazu beitragen, der Legende von dem Schicksal Les Erzherzogs den Boden zu entziehen. Im-Gegenteil, je mehr mit dem Tode Jo hann Orths als mit einer feststehenden Tatsache von Rechts wegen gerechnet wird, um so üppiger wird die romantische Ausgestaltung seines ungewöhnlichen Lebensschicksales gedeihen. Es wird nicht ohne Interesse sein, die sehr verschiedenen, zum Teil phantasti schen, zum Teil nicht unwahrscheinlich klingenden Nachrichten zu- sammenzustellen, um, gerade auf ihnen aufbauend, zu dem schon festgelegten Resultate zu kommen. Ein Gerücht, das sich bald, nachdem die St. Margarethe in Valparaiso hätte ankommen sollen, verbreitete, ging dahin, Johann Orth sei gar nicht zur See weitergcfahren, sondern habe sich unmittelbar nach seiner fingierten Abfahrt ,n Montevideo ans Land begeben. Von dort aus sei er mit seiner angetrauten Gattin Milli Stubel zu Lande nach Chile weitergereist. Das Schiff habe er unter dem Kom mando des 1. Offiziers nach seinem ursprünglichen Bestimmungs orte gehen lassen. Die Unhaltbarkeit dieser Behauptung ist nach gewiesen worden. Es konnte trotz umfassender Nachforschungen nicht festgestellt werden, daß die St. Margarethe überhaupt in Montevideo vor Anker ging; es hat sich weiterhin an Ort und Stelle nicht eine einzige Tatsache erheben lassen, die auf eine solch' Veränderung der Reisepläne de» Erzherzogs hätte hin deuten können Auch die Anfrage an anderen Orten der Küste im Herbst des Unglücksjahres war ohne Erfolg. Ein anderes Gerücht, das durch seine bis ins einzelnste gehende phantastische Ausführung beinahe eine gewisse Wahr scheinlichkeit für sich in Anspruch nahm, lautete, der Erzherzog fei wohlbehalten in Jquique angelangt und habe dort den ganzen Winter verbracht. Das Schiff sei von dem Erzherzog in aller Stille mit Lebensmitteln ausgerüstet und auch armiert worden und eines Tages nach Entlassung des bisherigen Kapi täns ohne Angabe des Bestimmungsortes in See gegangen. Der Kapitän habe ein« beträchtliche Abfertigung-summ« erhalten, und auch einem großen hierauf rechnenden Teil der Mannschaft sei au/igezahlt und die Entlassung gewährt worden. Die Nach richt trägt den Stempel der Unwcchrheit auf der Stirn. Sie ver mischt halb Wahres mit ganz Falschem. Der Gewährsmann nennt den Kapitän Satch und hat bei diesem Namen augen scheinlich den des schon in Buenos Aires zurückgelassenen Kapi tän Sodich in halber Erinnerung. Auch die Entlassung de» Per sonals hat insofern einen tatsächlichen Hintergrund, als ja die drei Schiffsoffiziere, sowie eine kleinere Anzahl Leuts vor An. tritt der Reise um Kap Horn zur Ausschiffung gelangt waren. In Jquique selbst war von einem Ueberwintern des Schiffes St. Margarethe nichts bekannt. Eine ganze Reihe von Blättern brachste auch die in bestimmter Form gehaltene Nachricht, Johann Orth sei zu Lande glücklich nach Chile gelangt, habe sich wäh rend der damals dort ausgebrochpnen Revolution auf die Seite der Insurgenten gestellt und diesen durch seine geniale tak tisch; Führung zum Siege über die stärkere Partei Balmacedas verhalfen. Auck> diese Vermutungen sind freie Erfindungen; die Revolutionspartei hat n i e einen Führer, der mit Johann Orth auch nur verwechselt werden könnte, besessen!. Hiermit entfallen auch die weiteren Phantasien von einem Eintritte Johann Orths in die chilenische Marine. Wie weit man in Kombinationen über das Schicksal Johann Orths gehen zu können glaubte, ergibt sich u. a. daraus, daß ver schiedentlich ganz ernsthaft behauptet wurde, er habe späterhin eine Rolle im chinesisch-japanischen Kriege gespielt und sei wahrscheinlich mit dem japanischen General Pamagata identisch. Die einzige Mitteilung, die wenigstens Len Anschein der Ernsthaftigkeit für sich hat, ist jene des aus Dalmatien stam menden Polizeichefs Boglich aus Concordia in Argentinien. Aber auch in ihr erkennt man bald, daß dem tüchtigen Polizeibeamten seine Phantasie einen Streich gespielt haben muß. Er erzählt nämlich, daß in der Nähe Concordias ein Herr Van Ver- bauoen eine Farm besessen habe und dort lange Zeit ein Herr, der über seine Person strengstes Stillschweigen beobachtet wissen wollte, zu Gast war. Auffälligerweise habe sich dieser Herr stets, wenn fremde Gäste zu Senor Verbauven kamen, auf mehrere Tage bis zum Fortgänge der Fremden in den Wald zurückgezo gen. Fluchtartig sei insbesondere sein Verschwinden beim Ein treffen des österreichischen Staatsangehörigen Hirsch, den er für einen Abgesandten seiner Negierung gehalten habe, gewesen. Im Laufe seines zweiten Briefes äußert aber der Polizeichef selbst Bedenken und erklärte, daß seine Mutmaßungen einen bestimm ten tatsächlichen Hintergrund nicht hätten. Der Vollständigkeit halber sei zum Schlüsse dieses Abschnittes noch angeführt, daß in Paris tatsächlich ein au? einer elsässischen Familie stam mendes Individuum na mensJo Hann Orth lebte. Diese Person hat aber auch nicht einmal den Anspruch erhoben, mit den Erzherzog identisch, zu sein; sie führt vielmehr, wie der tos kanische Gesandte du Tremoul gemeinschaftlich mit dem damali gen Botschaftsrat Grasen Zichy erkundet hat, wahrscheinlich noch am heutigen Tage ein von der Polizei kontrolliertes Zuhälter leben. Allen diesen Gerüchten steht die eine unumstößliche Tat sache gegenüber, daß keine von den sämtlichen Personen, die aus weislich nach der letzten, in Buenos Aires aufgestellten Muster rolle an Bord der St. Margarethe gegangen und am 12. Juli in See gestochen sind, auch nur das kleinste Lebenszeichen in die Heimat hat gelangen lassen. — Jetzt wird aus Men gemeldet: Ein besonderer Freund des verstorbenen Geheimrats Frei herrn v. Helfert ,der seinen Namen nicht genannt wissen will, erzählt folgendes: Helfert erhielt jahrelang ziemlich regel mäßig Briefe aus Südamerika, die er ausführlich beantwortete. Er hielt die Sache gegen jedermann geheim. Dieser Freund hat stets geglaubt, die Briefe rührten von Johann Orth her, und daß dessen Aufenthalt in ganz Oesterreich nur Helfert kannte. Er regt au, es möchte in Helferts schriftlichem Nachlaß nachgeforscht werden, ob sich nicht ein Fingerzeig findet, der Auf schluß über Orths Schicksal geben könnte. Neber die Veste Verwendung -er Ferien schreibt ein Schulmann in den Münch. N. Nachr.: Das Schuljahr geht zu Ende. Da dürfen einige Winke für die Verwendung der großen Ferien am Platze sein. Zunächst sollen die Ferien der körperlichen Erholung und Kräftigung dienen. Darum hin«» in di« freie Natur, in die frische Luft, aus die Berge, an di« Seen, in die Wälder und auf die Auen! Sport und Atel soll« jetzt vollauf zu ihrem Rechte kommen! Allein «teviele Schüler glauben die beste Verwendung der Ferien, die ausgiebigst« Er holung darin zu finden, daß sie so recht von Herzen faulenz«» möglichst lange ausschlafen und dann den Tag verbummeln. Abe« Müßiggang ist aller Laster Anfang, und die beste körperliche und geistige Erholung wird nicht durch Faulenzen, sondern durch ein« Wechsel der Tätigkeit bewirkt. Dazu gehört besonder» die Aus bildung gewisser Handfertigkeiten. Zum mindesten d« Vormittag sollte geregelter körperlicher Arbeit gewidmet sein, so weit die Zeit nicht durch Tagestouren in Anspruch genommen ist. Für solche junge Leute, die die ganzen Ferien auf dem Land« verbringen, bietet die Landwirtschaft oder Gärtnerei ein weite» Feld der Betätigung. Es ist staunenswert, wie der schwächliche Gymnasiast, der angehalten wird, wenigsten» vormittags regel mäßig in Feld und Wiese, in Hof und Garten tätig zu sein, an Kraft und Geschicklichkeit zunimmt, wie die Mangen sich röten, die Muskeln straffer und die Herztätigkeit kräftiger werden. Und schon manchem sind die Handfertigkeiten und Kenntnisse, die er so in Feld und Garten sich aneignete, im späteren Leiben zugute gekommen. Ein Architekt ließ seine Sühne in den Ferien al» Maurer arbeiten. Früh 6 Uhr mußten sie sich im Bau «insinden und bis 12 Uhr tätig sein. Mit dem Bau selbst schienen sie in die Breite und Höhe zu wachsen. Noch jetzt betrachten sie mit Stolz die Villa, die sie damals errichten halfen, und die damals erworbenen Fertigkeiten kommen ihnen jetzt, wo sie selbst Archi tekten geworden sind, zustatten. Ein Hochschulprofessor ließ seine Söhne jeden Vormittag bei dem Landschreiner arbeiten; sie fer tigten manche Gerätschaften und Möbelstücke und erfuhren später die Wahrheit des Wortes: „Die Axt im Haus erspart den Zim mermann. Wo Neigungen oder Gelegenheit zu solch technischer Aus bildung fehlt, .wo dagegen Lust und Liebe zu wissenschaft licher Beschäftigung vorhanden ist, da sollen die Ferien nament lich zu selbständigem Eindringen in fremde Sprachen und Litera tur benützt werden. Den vollen Wert der humanistischen Bil dung wird nur derjenige an sich erfahren, der außer den wenigen in der Schule gelesenen klassischen Werken sich in den Ferien mit Eifer in die Lektüre der Klassiker vertieft. So las ein Gymnasiast zwischen der sechsten und siebenten Klasse die ganze Ilias und Odyssee, das Jahr darauf Herodot und Sophokles und in den letzten Ferien mehrere Dialoge des Plato und eine Anzahl Reden des Demosthenes. — Dic Ferien sind auch die Zeit, wo der Gym nasiast oder der Schüler höherer realistischer Anstalten in die neue Literatur sich einlesen kann. Welche Gewandtheit läßt sich im Französischen und Englischen erwerben, wenn man je nach Alter und Vorbildung eine Anzahl von französischen uich eng lischen Werken in Poesie und Prosa gründlich durcharbeitet! Wer so mit eigenem Eifer sich in den Ferien einer Sprache gewidmet hat, der bekommt erst die rechte Freude daran und wird mit ganz anderem Interesse und Gewinn dem Klassenunterricht fol gen, als wer nur immer mühsam von Lektion zu Lektion sich fort schleppt. — Die Hauptsache aber fyr solche freie Beschäftigung ist, daß sie mit Lust betrieben wird. Wer daher mehr Neigung zu den Naturwissenschaften in sich verspürt, der verlege sich in den Ferien auf eingehende Studien und Experimente in Physik und Chemie oder vertiefe sich in die Beobachtung des Baues und Lebens mancher Pflanzen und Tiere! Welche Fülle von An regungen gewährt das Studium der Biologie, zumal wenn es in der Natur selbst betrieben wird! Daneben mag die Lektüre von Geschichts- und Reisewerken und besonders unserer deutschen Klassiker (mit Exzerpten) einhergehen! Wer die schönen langen Ferien nicht bloß verbummelt und verträumt, sondern zu emsiger Ausübung irgendeiner Lieb lingsbeschäftigung benützt; wer jetzt lernt, auch ohne Zwang seine Zeit selbst einzuteilen und zu seiner technischen, literarischen oder wissenschaftlichen Förderung zu verwerten: für den sind die herrlichen Ferien von unschätzbarem Gewinn; der wird auch im reiferen Alter mit Freude und Stolz auf solch wohlverwendete Vakanzwochen zurückblicken; der wird später in jedem Geschäft oder Beruf es fertigbringen, neben den not wendigen Arbeiten und Pflichten auch zur Erhebung und Förderung seines besseren Jchs Zeit und Gelegenheit zu finden! Das find die Glücklichen nicht in der Ivelt, Vie da leben in Jedermanns Munde, Je größer der Stein, der ins Ivaffer fällt Je schneller geht er zu Grunde. Vie Starken unü Hie Schwachen. Roman von Herbert Rivulrt. (Freifrau G. v. Schlippenbach.) „Königsberg, Königsberg!" riefen die Schaffner und rissen die Türen des Berliner Schnellzuge» auf. Eine bunte Menschenmenge staute sich auf dem Bahnsteige, Ausrufe und Begrüßungen wurden laut. Es war ein prächtiger Tag im Hochsommer. Blau und heiter lachte der Julihimmel hernieder, und die Sonne warf ihre goldenen Strahlen auf Las bewegte Bild, das sich auf dem Bahnhofe entrollte. Schmucke Uni formen waren hin und wieder sichtbar und verliehen dem be lebten Schauspiele farbige Tone. Zwei junge Männer standen nebeneinander und blickten erwartungsvoll in die Coupss des allmählich still haltenden, langen Zuges. „Vater!" rief der stattliche einjährig-freiwillige Dragoner. „Da sind sie!" fügte er fröhlich hinzu. ,O. wie freue ich mich auf die kurze Stunde, in der ich die Eltern Wiedersehen werde." „Ich will dein Wiedersehen mit ihnen nicht stören, Alvar," sagte der etwas ältere Offizier, der den Waffenrock des Leut nant» trug, „später gestattest du wohl, daß auch ich die Deinen begrüße.« „Gewiß, Karl Detlefs!" rief der Blonde. Dann eilte er nach dem WagenaVteil zweiter Klasse und half einer etwa fünfund vierzigjährigen Dame heraus. „Mein Junge!" sagte Frau von Mannerheim, und in den ---- *>v»en Worten lag eine ganze Welt von mütterlicher Liebe, 'siem Stolze auf ihren ältesten Sohn. Der Dragoner umarmte trotz.der vielen Menschen, die auf dem Perron standen, wiederholt die Dame; sein hübsches Ge sicht strahlte vor Freude. „Mein gutes Muttchen!" flüsterte er mit weichem Tone. Jetzt erschien die Gestalt eines älteren Herrn in der Coups tür; der Einjährig-Freiwillig eilte ihm entgegen. „Grüß Gott, Vater!" sagte er, und auch diese Worte hatten einen warmen Herzensklang. Fest und innig schüttelten sich die beiden Männer die Hand, dann reichte Alvar dem Träger das Handgepäck. „Ihr habt keine Stunde Aufenthalt, bis der Zug nach Danzig geht," sagte der junge Mannerheim. „ich habe schon einen Tisch in der Restauration für uns reservieren lassen, ich denke, es ist Euch recht, nicht wahr?" „Ja, mein Junge, ich bin hungrig, und Muttchen, du wohl auch? Nun gib mir deinen Arm, du mußt mich schon führen, weiß Gott, das linke Bein revoltiert noch immer." Besorgt prüften Alvars Blick« das Aussehen des Vaters. „So geht es dir noch gar nicht gut?" fragte er betrübt. „Doch, lieber Sohn, ich fühle mich nur zuweilen ein wenig klapperig, es hat aber nichts, zu sagen." „Am liebsten gäbe ich auch dir den anderen Arm Muttchen," lachte Alvar im Wciterschreiten, „ich fürchte nur, das Gedränge verbietet es 'mir." „Geh, nur mit dem Vater voran," versetzte Frau von Man nerheim, ich folge." Und wie sie hinter den beiden herschritt, umfaßten ihre Blicke ihre Lieben, ihre dunklen Augen ruhten mit Stolz auf der hohen und kräftigen Gestalt des Sohnes. „Wie gut und stattlich er in der schönen Uniform aussteht," dachte sie, „wie frei und kühn sind seine Züge und wie lebens frisch ihm die Augen blitzten! Gerade so sah mein lieber Gatte aus, ah» ich ihn vor bald 25 Jahren kennen lernte. Und jetzt ist er von der heißen Mittagssonne gebeugt, er hat hart um die Existenz gerungen, — es wird Herbst für ihn." Die schmale Hand Frau von Mannerheim» zerdrückte ein« aufsteigende Träne, die sich rebellisch an ihrer Wimper zeigte. Alvar von Mannerheim Überragte noch des Vaters hohe Ge stalt, die etwas gebeugt neben der stahlkräftigen des Sohne» er schien. Der linke Fuß des Fünfzigjährigen schleppte nach, und er stützte sich schwer auf den jungen, starken Arm seines Nettesten. Die Aehnlichkeit war in die Augen springend. Beide Manner- Heims hatten dasselbe reiche, blonde Haar, das einen warmen Goldton befaß, der an reife Kornähren erinnerte. Das Haar des jungen Freiwilligen war militärisch geschnitten, bäumte sich aber trotzdem in trotziger Fülle über ein faste eckig», charakter volle Stirn, die gegen die gebräunte Tonfarbe des übrige« Ge sichts schneeweiß abstach. Unter fast schwarzen starkgezeichneten Brauen und dunklen Wimpern leuchteten blaue, lebhafte Augen, die aber eine hellere Schattierung bei dem Vater hatten. Da kühn geschnittene Profil, der energische Mund und das feste Kinn fanden sich in des Sohnes Antlitz wieder, ein langer, Heller Schnurrbart zierre Alvars schönes Gesicht, während bei dem älte ren Mannerheim sich schon viele Silberfäden durch das gelichtete Haupthaar zogen und der Bart silberweiß erglänzte. Mehr ass einer der Ankommenden und den Bahnsteig Füllenden drehte sich um und sah den drei hohen Gestalten nach, die der Restau ration zuschritten. Frau von Mannerheim in ihrem einfachen, gut sitzenden Reisekostüm, mit den feinen, noch immer hübschen Zügen, der ruhigen, vornehmen Art, sich zu bewegen, paßte gut zu den Voranfchrettenden, zu dem stattlichen Sohne und seinem Vater, den er sorgsam am Arme führte. Sie hatten die Restauration erreicht und nahmen an einem etwas zu Seite stehenden Tischchen Platz. Hier streckte Alvar noch einmal die Hände nach den Eltern aus, er saß Mischen ihnen und wiederholte noch einmal: , „Ich Lin froh, Euch zu sehen, liebes Mutting." Er küßt« die Hand Frau von Mannerheim» und drückte die Rechte de« La ter». „Ich brauche wohl nicht zu fragen, wie e» dir geht," scherzt« der Vater, „du siehst glücklich und blühend au», mein Junge." „Ich bin glücklich!" rief der Freiwillige. „In diesem Jahr« meiner Dienstzeit bin ich mit Leib und Seele Soldat gewesen, das frische, fröhliche Reitevleben sagt mir zu, wie nicht? sonst." „Ich hätte nie geglaubt, daß aus dir noch einst ein solcher Nordlandsrecke werden könnte," warf Herr von Mannerheim lachend ein, „als Knabe kränkeltest du viel. Zwei Dinge haben dir darüber hinweggeholfen: di« kräftige nordische Natur und