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Bleischmelzen in großen Mengen gewonnen wurde. Ebenso war keines der Bilder der „Pirotechnia“ nachahmenswert. Sie dürften höchstens die Anregung gegeben haben, das „Große Probierbuch“ durch bessere Zeichnungen zu illustrieren. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß Ercker auch die 1544 erstmalig auf gelegte, später immer wieder nachgedruckte „Cosmographia“ von Münster ge kannt hat, die Nachrichten über das Berg- und Hüttenwesen bringt und diese Nachrichten zum Teil bebildert. Ausführlich beschäftigt sich Sebastian Münster mit dem Tiroler Bergort Schwaz. Diese zum Teil geschichtlichen Ausführungen, sodann das, was Georgius Agricola über diese Stadt in seiner Schrift „De precio metallorum“ sagt, unterstützt von dem Ruf, den Schwaz damals in den deutschen Bergbaugebieten genoß, dürften Ercker 1558 bewogen haben, eine Zeitlang dorthin zu gehen. Ein sichtbarer Einfluß Münsters auf das „Große Probierbuch“ läßt sich jedoch nicht feststellen. Merkwürdig berührt es, daß Ercker in seinen Veröffentlichungen den Namen Agricola nicht ein einziges Mal erwähnt, obwohl es deutlich wird, daß ihn dieser hervorragende Wissenschaftler beeinflußt hat. Er dürfte also dessen wichtigste Bücher, besonders das Hauptwerk „De re metallica“ besessen haben, das er auch in der lateinischen Fassung verstehen konnte. Wenn er trotzdem den Namen Agricola verschweigt, so vielleicht deshalb, weil er es nicht ertragen konnte, daß ein Nichtfachmann, in diesem Falle ein Mediziner, sich daran wagte, Bücher zu schreiben, die nicht nur theoretisches Wissen, sondern auch praktische Erfahrun gen im Berg- und Hüttenwesen verlangen. Als das Werk „De re metallica“ 1556 gedruckt vorlag, war Ercker nicht ganz 30 Jahre alt und wirkte als Generalproba tionsmeister in Dresden. Gerade die Jugend ist oft stolz auf ihr Wissen und Können und urteilt manchmal voreilig, wo Zurückhaltung am Platze wäre. So können wir es verstehen, wenn auch nicht billigen, daß Ercker Agricola später ganz allgemein unter die Philosophen und Naturkundigen einreiht, die er in sei nem „Großen Probierbuch“ oft und zuweilen kritisch erwähnt. Vielleicht spielt da auch verletzte Eitelkeit mit, eine Vermutung, in der wir allerdings nicht klar sehen, deren Sachverhalt ich hier dennoch anführen möchte. Kurfürst August I. kannte Agricola persönlich und wußte, daß dieser ein lateinisch geschriebenes Buch über den Bergbau verfaßt hatte, das erscheinen sollte. Er schrieb deshalb am 15. Januar 1555 folgenden Brief nach Chemnitz 20 : „Hochgelarter lieber Getreuer. Nachdem ir hiebevor im Latein ein Buch im Druck ausgehen lassen (wollt), des titels sein soll De rebus metallicis, welches uns fast gc- rümbt wirt, und wir aber den Vorstand desselben gerne wissen und haben mochten, als ist unser gnedigs begeren, ir wollet dasselbe buch zu forderlichen euer gelegen- heit in die Deutzsche sprach vordolmetzschen und nicht mehr dan eins wider ab schreiben lassen, viel weniger in Druck geben, sondern vorwaren, bei euch behalten 20 LHA. Cop. 259 Bl. 102. Gedruckt ist der Brief bei R. Hofmann, „Dr. Georg Agricola“, Gotha 1905. „Vor stand“ bedeutet Inhalt.