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mehr und mehr verringerten, griff man nach alchimistischen Methoden, um mit ihrer Hilfe abbauwürdige von minderwertigen Erzen zu trennen. Auf diese Weise vermochte man sich vor Verlusten zu schützen. Die Probierkunst, die man bald handwerklich betrieb, war geboren. Wenn Bernhard, Neumann in dem Freiberger Forschungsheft D 6 (1954) „Die ältesten Verfahren der Erzeugung technischen Eisens“ bespricht und dabei auch altägyptische Funde erwähnt, die also vor un serer Zeitrechnung liegen, so müssen damals schon bestimmte Arten des Schmel zens bekannt gewesen sein, die bereits erprobt waren. Durch Überlieferung erbte sich das als neu Erkannte von Generation zu Generation fort, dabei zuweilen Länder überspringend und in verschiedenen Kulturstufen oft eine eigene Technik formend. Wie es auch heute noch Handwerksbetriebe gibt, die überkommene Traditionen pflegen, Erfahrungen, Handgriffe wesentlicher Art und dergleichen Dinge als Geheimnisse hüten und nur Innungsverwandten und Familienangehöri gen anvertrauen, so wanderten schon vor Jahrhunderten die Erfahrungen im Pro bieren durch mündliche Mitteilung weiter von dem einen zum andern, ehe sie in alchimistischen Schriften und in Probierbüchern einen Niederschlag fanden. Schrif ten dieser Art, zu denen z. B. das berühmte, aus dem Jahre 1485 stammende „Haus buch“ 14 gehört, gab es ursprünglich nur handgeschrieben, nach der Erfindung der Buchdruckerkunst (1439) aber auch gedruckt. Ernst Darmstädter gibt in seinem 1926 zu München erschienenen „Berg-, Probir- und Kunstbüchlein“ einen vorzüg lichen Überblick über diese gedruckte Literatur, zu der auch das um 1500 von Ulrich Rülein von Calw verfaßte erste Bergbüchlein gehört, das in der Folge zahlreiche Neuauflagen und Nachdrucke erlebte. Zu den wichtigsten Werken, die E. Darmstädter anführt, zählen die „Pirotechnia“ des Vanoccio Biringuccio, 1540 in Venedig, und „De re metallica“ von Georgius Agricola, 1556 in Basel er schienen. Es erhebt sich nun die Frage, inwieweit bei Ercker die Erfahrungen des Berufes sein „Großes Probierbuch“ beeinflußten, inwieweit Einflüsse der oben genannten Probierbücher zu erkennen sind und ob er insbesondere das eine oder andere von Biringuccio und Agricola übernommen hat. Erfahrungen auf dem Gebiete des Berg-, Hütten- und Münzwesens hatte Ercker im Verlaufe seines Lebens genug gesammelt. So müssen wir es als selbst verständlich annehmen, daß er diese Erfahrungen auch in seinem Probierbuch niederlegte, wobei er seinen Wappen- und Wahlspruch beherzigte: Erst prob’s, dann lob’s. Nicht alles, was er während seiner Berufstätigkeit sah, nahm er un kritisch hin. So zweifelte er an einem Erfolg, als 1562 in Annaberg, seiner Ge burtsstadt, eine Gewerkschaft zur Verwendung des Torfes fürs Schmelzen ge gründet wurde. Die Folgezeit gab ihm recht. Wenn er trotzdem ein kleines Kapitel über den Mott oder Torf in sein „Großes Probierbuch“ aufnahm, so wohl deshalb, um vor ungewissen Versuchen zu warnen 16 17 . Es lag übrigens Ercker daran zu erreichen, daß sich ein Probierer möglichst nicht irrte. Deshalb warnte 16 Vgl. die Literatur. 17 In der amerikanischen Übersetzung von 1951 fehlt das Kapital über den Torf.