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So könnte man meinen, daß eine Neuauflage von Erckers Hauptwerk allein von metallurgisch-historischem Interesse sein könnte. Nach eingehender Durchsicht seines „Großen Probierbuches“ glauben wir allerdings, daß wir mehr daraus ent nehmen können. Gewiß reicht der Inhalt nicht an die Systematik und den umfassenden Cha rakter einer „De re metallica“ Georgius Agricolas heran, dem das Vorhaben, die gesamte Montantechnik und -Wissenschaft seiner Zeit zu schildern, vorbildlich ge lungen ist. Ercker will aber kein Lehrbuch von Bergbau und Hüttenwesen schrei ben, vielmehr ein Arbeits- und Rezeptenbuch der Probierkunde für den Praktiker. Er tut dies umfassend und vollständig, indem er alle Aufgaben, die einem Pro bierer zukommen, eingehend und relativ klar bespricht. Man hat auch den Ein druck, daß er alle seine Erkenntnisse und Erfahrungen vorbehaltlos darlegt; man spürt gelegentlich starkes Selbstbewußtsein, ja Stolz des vielfach erfahrenen Prak tikers, der vom reinen „Theoretiker“ nichts wissen will. Spezialfirmen, die Öfen, Geräte, Schmelzgefäße, Reagenzien, auch Waagen und Gewichte herstellten, exi stierten nicht, folglich mußte der Probierer sich selbst alles schaffen, wofür Ercker oft recht detaillierte Angaben macht. Des Probierers Tätigkeit war sehr verantwortungsvoll; basierte doch auf seinen Befunden der technische und wirtschaftliche Erfolg des Betriebes. In den oft kleinen Hütten wird er meist der einzig Gebildete, vielleicht „Studierte“ ge wesen sein, der also auch die Ausbringens - und die damals bei der herrschenden Verwirrung im Maß- und Gewichtssystem recht schwierigen Gehaltsbestimmungen zu machen hatte. Ihm wird oft auch die Zusammenstellung der Schmelzmischun gen, die Beschickungsrechnung, obgelegen haben, weshalb Ercker einer Vielzahl von besonders schwierigen Beispielen in seinem Buch Raum gewährt. Die eigent lichen Probiermethoden schildert der Autor ausführlich, und er bemüht sich oft um eine wenn auch heute meist nicht mehr stichhaltige Erklärung. In der klaren Erkenntnis, daß der Rohstoffcharakter oft den Verhüttungsweg bestimmt, geht er systematisch von einer Charakterisierung der Erze aus. Wenn diese natürlich heute unvollkommen anmuten müssen, gestatten sie doch eine Abgrenzung des damaligen Wissens. Sehr positiv ist die kritische Stellung nahme über Wert und Genauigkeit der einzelnen Methoden und der sehr häufige Versuch, nicht nur zu schildern, sondern auch zu erklären. Für manche heute ab surd wirkende Auffassung ist nicht unser Autor, sondern seine Zeit verantwort lich zu machen. Mitunter weicht Ercker von der eigentlichen Thematik ab, indem er Betriebs verfahren kritisch bespricht. Man empfindet diese Einführungen aber nicht als störend, eher hat man den Eindruck, daß sie da hingehören, weil es sich um schwierige Prozesse handelt, die besonderer Aufsicht durch die „Seele“ des da maligen Betriebs, den Probierer, bedürfen. Uns will auch scheinen, daß Ercker sich auf solche Schilderungen praktischer Prozesse beschränkt, deren allgemeine