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Nationalpreisträger Dr.-Ing. Georg Bilkenroth Grundlagen der Herstellung von Braunkohlen-Hochtemperaturkoks Von Nationalpreisträger Prof. Dr.-Ing. ERICH RAMMLER, Freiberg, und Nationalpreisträger Dr.-Ing. GEORG BILKENROTH, Berlin (Vorgetragen von Erich Rammler) Die thermochemische Veredelung der Steinkohle ist von der Hochtemperaturentgasung, der Verkokung, ausgegangen; erst spät hat sich die Tief temperaturentgasung, die Schwe lung, hinzugesellt. Umgekehrt mar die thermochemische Veredelung der Braunkohle bislang allein auf der mit Temperaturen um 500—600° arbeitenden Schwelung auf ge baut. Erst jetzt ist die Braunkohlen-Hochtemperaturverkokung mit Arbeitstempera turen von 1000—1100° als eine neue Veredlungsform im Werden. Dabei ist nicht mehr fraglich, ob man Braunkohlen-HT-Koks, wie wir das Erzeugnis der Hoditemperaturver- kokung abgekürzt nennen, herstellen soll oder nicht. Herr Minister SELBMANN hat im vorigen Jahr in prägnanter Weise zum Ausdrude gebracht, daß die starke Entwick lung des Eisenhüttenwesens eine Verbreiterung der Koksbasis nach der Braunkohlen seite notwendig macht. Die Staatsführung hat die technischen und wirtschaftlichen Ri siken, die mit dieser neuen technischen und wirtschaftlichen Entwicklung notwendig verbunden sind, nicht gescheut. Der erste Ofenblock der Braunkohlenkokerei Lauchham mer — als Versuchseinheit gebaut — hat den Versuchsbetrieb auf genommen. Die Er probung des Braunkohlenkokses, die bislang nur in kleinerem Maßstab vorgenommen werden konnte, geht nunmehr mit immer größeren Mengen vor sich. Aufgabe dieses Vortrages ist es, einige grundsätzliche Fragen zur Braunkohlen-HT-Verkokung zu erörtern. I. Verfahren der Braunkohlen-HT-Verkokung Die Lösung eines Problems, wie das der Braun kohlenverkokung zur Gewinnung eines für gewisse metallurgische und chemische Zwecke geeigneten Braunkohlenkokses, erfolgt keineswegs plötzlich, wie etwa Pallas Athene dem Haupte des Zeus entsprang. Sie reift allmählich im Bereiche der Forschung heran. Viele Techniker und Forscher tragen Bausteine dazu herbei. BLIKENROTH und ich sind in zwei Arbeiten auf die historische Entwicklung eingegangen [1,2], eine dritte ausführlichere Arbeit hierüber ist in Vor bereitung. Ich kann es mir daher ersparen, hier noch mals einen geschichtlichen Rückblick zu geben. Vor der Wahl der Verfahrenstechnik rangiert die Aufgabe richtiger Kohlenauswahl. Denn es kommt nicht darauf an, überhaupt einen Braunkohlenhochtem peraturkoks zu erzeugen, sondern einen solchen mit niedrigem Aschen- und Schwefelgehalt, der außerdem noch den Forderungen ausreichender Druck-, Abrieb- und Sturzfestigkeit sowie hinlänglicher Stückigkeit genügt. Da die Koksausbeute, ausgedrückt als wasser freier Koks in % des eingesetzten, feuchten Briketts, nur 42 — 43% beträgt, so darf das Brikett nur 5% Aschengehalt haben, wenn der Aschengehalt im wasser freien Koks 12% nicht übersteigen soll, und der Schwefelgehalt im Brikett darf nicht über 0,8 bis 0,9% betragen, wenn bei einem flüchtig werdenden Schwe felanteil von 35 — 40% der Schwefelgehalt des Kok ses nicht über 1,3% im wasserfreien Zustand hinaus gehen soll. Braunkohlen solcher Beschaffenheit finden sich in einigen Kohlenfeldern der Niederlausitz und im rheinischen Braunkohlenrevier. Es handelt sich hier um relativ teerarme, leicht brikettierbare Braunkoh len, die nicht unter den Begriff „Schwelkohle“ fallen. Man darf also bei der Herstellung von Braunkohlen- HT-Koks nicht nach dem Teer „schielen“. Er ist im Gegensatz zur Schwelerei durchaus ein Nebenprodukt. Wenn somit das westelbische Gebiet weiterhin das Zentrum der Braunkohlenschwelerei bleiben wird, so wird im ostelbischen Gebiet die sich entwickelnde Braunkohlenkokerei heimisch werden. Daher ist es kein Zufall, sondern durch die Kohlengrundlage bedingt, daß die erste Braunkohlenkokerei in Lauchhammer in der Niederlausitz entsteht. Das dortige Kohlenfeld hält für 70 Jahre vor. Weitere geeignete Kohlenfelder mit noch niedrigeren Schwefelgehalten sind vorhanden, müssen aber zum Teil erst noch aufgeschlossen wer den. Für westelbische Braunkohlen wird die Herstel lung von Braunkohlen-HT-Koks für chemische und metallurgische Zwecke erst dann in Frage kommen, wenn die Probleme der Entaschung und Entschwefe lung dieser Kohlen verfahrensmäßig — mit Aussicht auf technische Realisierbarkeit und Wirtschaftlichkeit — gelöst sind, woran insbesondere Prof. LISSNER arbeitet [3]. Es gibt nun verschiedene Wege, um Braunkohlen- HT-Koks herzustellen. Ihnen allen ist die Brikettierung gemeinsam. Denn der Braunkohle hat die Natur die edle Gabe der Backfähigkeit versagt. Sie muß vor der Verkokung geformt werden. Die Verkokung ist so zu leiten, daß der Formling seinen Zusammenhalt bei der Verkokung möglichst wahrt, also nur ein begrenzter Anteil kleinerer Sorten entsteht. Man kann nun zwei- und einstufige Verfahren unterscheiden. Bei den zwei stufigen Verfahren wird die getrocknete Kohle zu nächst in körniger oder brikettierter Form geschwelt; der Schwelkoks wird dann zerkleinert und brikettiert; schließlich werden die Schwelkoksbriketts verkokt. Die thermische Behandlung wird also in zwei Stufen, Tieftemperatur- bzw. Schwelstufe und Hochtemperatur- bzw. Verkokungsstufe, unterteilt. Die Brikettierung liegt zwischen beiden Stufen. Bild 1 zeigt das Schema