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maler Natronlauge durch ein gleiches Volumen Äther bei 20° C extrahierbar ist. Der Bestimmung von E liegt also der umgekehrte Vorgang zugrunde als der Ex traktion von in Neutralöl gelösten Phenolen. Dem nach ist ein Phenol um so stärker sauer, je niedriger E ist. Man erkennt, daß sowohl die K-Werte als auch die Werte für E den verschieden stark sauren Cha rakter der einzelnen Phenole übereinstimmend wieder geben. In der Praxis wird die Gegenstromextraktion mitunter bei der Phenolgewinnung aus dem Carbolöl des Steinkohlenteeres angewendet. Bei der Phenol gewinnung aus den Sumpfphaseölen der Kohlehydrie rung haben wir in Leuna das Verfahren besonders weitgehend durchgebildet, so daß wir auch aus Frak tionen sehr weiter Siedegrenzen das Phenol praktisch quantitativ, seine Homologen aber nur in mehr oder weniger untergeordnetem Maße extrahieren können. Das Natronlauge-Verfahren ist allerdings umständ lich und teuer. Besonders unbefriedigend erscheint dabei die Regeneration der sog. Carbonatlauge, die durch Kaustifizierung mit Ätzkalk erfolgt. Hierbei tre ten auch die großen Lauge-Öl-Verluste auf. Man hat deshalb versucht, die Natronlauge durch leichter rege nerierbare alkalisch reagierende Salzlösungen zu er setzen. Es ist beispielsweise im Leunawerk längere Zeit ein Großversuch gelaufen, bei welchem an Stelle von Natronlauge eine Natriumsulfidlösung als Ex traktionsmittel verwendet wurde. Dieses „Sulfidver fahren“ beruht darauf, daß die Reaktion 2 C 8 H 5 OH + Na 2 S 2 C 6 H 5 ONa + H 2 S in der Wärme von links nach rechts, in der Kälte aber in umgekehrter Richtung verläuft. Man kann also bei erhöhter Temperatur mit Natriumsulfidlösung Phenole aus phenolhaltigen Ölen unter Bildung von Natrium- phenolaten extrahieren, wobei Schwefelwasserstoff frei wird. Die Phenolatlösung wird dann vom extra hierten Öl getrennt, gekühlt und mit Schwefelwasser stoff begast, wobei Natriumsulfid rückgebildet und das Phenol in Freiheit gesetzt wird. Lauge und Gas bilden in sich geschlossene Kreisläufe. Es müssen nur die durch Undichtigkeiten und Löslichkeit in den End produkten bedingten Verluste an Gas und Lauge er setzt werden. Ein reaktionsbedingter Zusatz von Che mikalien (wie z. B. Ätzkalk) oder eine Entfernung von Abfallstoffen (wie z. B. Kalkschlamm) fällt fort. Das Natriumsulfidverfahren erscheint somit als sehr elegant und einfach. In der Praxis hat es sich aber nicht durchsetzen können, und zwar hauptsächlich aus folgenden Gründen: 1. Das Natriumsulfid reagierte nur langsam und un vollkommen mit den Phenolen, und die Schwefel wasserstoffaustreibung blieb auch bei Einblasen von direktem Wasserdampf in das Öl-Laugegemisch hinter den Ergebnissen zurück, die bei Kleinver suchen erhalten worden waren. Es müßte also ein unverhältnismäßig großer Laugekreislauf gefahren werden. 2. Es traten sehr erhebliche apparative Schwierig keiten durch Korrosionen auf, so daß normales Eisen als Werkstoff nicht verwendet werden konnte. 3. Die Verwendung des stark giftigen Schwefelwas serstoffes in konzentrierter Form brachte sehr er hebliche Unfallgefahren mit sich. Wir sind dann notgedrungen wieder zu dem Na tronlauge-Verfahren zurückgekehrt und haben erwo gen, die Kaustifizierung der Carbonatlauge durch eine Elektrolyse zu ersetzen. Praktische Versuche in dieser Hinsicht haben wir jedoch nicht durchführen können. Wie verlautet, sollen sich in der letzten Zeit andere Stellen mit diesem Problem beschäftigt haben. Es wäre sehr interessant, darüber gelegentlich einmal etwas Näheres zu hören. Was nun die Entphenolierung von Abwässern an belangt, so handelt es sich dabei um eine noch schwie rigere Aufgabe. Es müssen große Mengen stark ver dünnter wäßriger Lösungen aufgearbeitet werden, die neben Phenol noch zahlreiche mehr oder weniger wertlose und schädliche Stoffe enthalten (vgl. Bild 8). HunMn»6ur»n. u. dgl, Hetone u. dgl. Bild 8. Zusammensetzung verschiedener Abwässer Dem Wunsch der chemischen Industrie, möglichst nur das Phenol daraus zu gewinnen, steht dabei die Forderung der Abwasserbehörden entgegen, sämt liche Inhaltsstoffe sehr weitgehend zu entfernen, ehe das Abwasser in die Flüsse geleitet werden darf. Ich möchte an dieser Stelle diese letztere Forderung nach drücklichst unterstützen, da die Verunreinigung unse rer Flüsse bereits einen Grad erreicht hat, der in man chen Fällen als völlig untragbar zu bezeichnen ist, so daß hier nun endlich etwas geschehen muß. Es ist vielleicht nicht allgemein bekannt, daß 1 m 3 rohes Schwelwasser so viele Verunreinigungen enthält, wie dem täglichen Abwasser von ca. 1500 Menschen äqui valent ist. Eine große Schwelerei mit etwa 1000 m 3 /Tag hat einen Schwelwasseranfall, der dem Abwasser einer Stadt von 1,5 Mill. Einwohnern entspricht. Nun wird zwar die Mehrzahl der in der DDR anfallenden Schwel wässer in irgendeiner Weise aufbereitet, jedoch ge schieht dies, vom Standpunkt der Abwasserhygiene gesehen, noch in ganz unvollkommenem Maße. Wenn ein solches unvollkommen gereinigtes Wasser einer oder mehrerer größerer Schwelanlagen dann in einen verhältnismäßig kleinen Fluß geleitet wird, wie es z. B. die Pleiße ist, dann treten Verhältnisse ein, die buchstäblich zum Himmel stinken. Die Pleiße ist tat sächlich in einem Maße verunreinigt, daß sie nicht mehr durch Leipzig geleitet werden kann, vielmehr