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nicht so verzweigt und würde im übrigen dem Phe nolstammbaum so stark ähneln, daß ich mich darauf beschränkt habe, bei der Beschreibung des letzteren entsprechende Hinweise zu geben, daß in manchen Fällen an Stelle des Phenols auch Kresole eingesetzt werden können. Was nun die Xylenole betrifft, so läßt sich aus ihnen vorläufig noch kein Stammbaum ent wickeln, denn ihre Verwendung beschränkt sich ledig lich auf einige Kunststoffe vom Typ der Phenoplaste, die aber mengenmäßig nicht besonders ins Gewicht fallen. Ich deutete vorhin schon an, daß uns die Re duktion der Xylenole zu Xylolen vor einiger Zeit als lohnende Aufgabe erschienen ist. Wir glaubten, hier einen Weg finden zu können, um der Aromatenknapp heit in der DDR abzuhelfen, insbesondere um zu dem in aller Welt so begehrten p-Xylol zu kommen. p-Xylol ist seit einigen Jahren auf der ganzen Welt ein sehr begehrter Rohstoff, da es eine günstige Rohstoffquelle für Terephthalsäure und somit für die sog. Terylen faser darstellt. Es hätte sich dadurch ein rationeller Verwendungszweck für den Überschuß an Xylenolen ergeben. Leider hatten unsere auf dieses Ziel gerich teten Versuchsarbeiten insofern nicht das gewünschte Ergebnis, als bei der Reduktion der uns zur Verfügung stehenden Xylenolfraktionen zwar Aromaten, aber nur ganz geringe Mengen p-Xylol entstehen. Später fanden wir eine Erklärung dafür, als wir näheren Einblick in die Zusammensetzung der Xylenolfraktionen er hielten. In Tabelle 1 sind die angenäherten Analysen der Xylenolfraktionen aus Steinkohlenteer und aus Braunkohlenteer gegenübergestellt. Tabelle 1 Zusammensetzung der Xylenolfraktion 760 aus Stein kohlenteer °/ /o aus Braun kohlenteer °/ /o 2,4-Dimethylphenol 211,5 16,4 8,4 2,5-Dimethylphenol 211,5 9,3*) 5,6*) 3-Äthylphenol 217 13,0 14,3 4-Äthylphenol 218 6,9 20,0 2,3-Dimethylphenol 218 4,2 0,8 3,5-Dimethylphenol 219,5 43,8! 4,5 3,4-Dimethylphenol 225 4,0 3,9 Andere Polyalkylphenole — 1,3 0,9 Phenoläther — 0 9,7! Unbekannt — 1,1 31,9 *) 2,5-Dimethylphenol ist das einzige Xylenol, das bei der Reduktion p-Xylol liefert. Die Analyse des Steinkohlenteerproduktes ist Litera turangaben entnommen, während die des Braunkoh- lenteerxylenols bisher unveröffentlichten Untersuchun gen von Dr. PREISS im Leunawerk zu verdanken ist. Man erkennt zunächst, daß die Xylenolfraktion nur zum Teil aus eigentlichen Xylenolen oder Dimethyl phenolen besteht und daß dies ganz besonders für das Braunkohlenteerprodukt gilt. Hier hat Dr. PREISS nur etwas über 23% Dimethylphenole insgesamt finden können, also nur wenig mehr, als allein das p-Äthyl- phenol ausmacht. Von den Dimethylphenolen entfällt wiederum nur ein kleiner Teil auf das 2,5-Dimethyl- phenol. Das ist das einzige Xylenol, das bei der Re duktion p-Xylol liefert. Somit ist es klar, daß bei der Reduktion der genannten Xylenolfraktion bestenfalls nur einige Prozente p-Xylol entstehen können. Der - hohe Anteil an Äthylphenolen und Phenoläthern in der Braunkohlenteer-Xylenolfraktion ist sicherlich auch der Grund dafür, daß es so schwierig ist, aus diesem Produkt kristallisierte Dimethylphenole zu erhalten, was bei dem Steinkohlenteerxylenol keine besonderen Schwierigkeiten bietet. Da wahrscheinlich auch der bisher noch nicht identifizierte Anteil der Braunkoh- lenteer-Xylenolfraktion, der in Tabelle 1 als „unbe kannt“ bezeichnet ist, hauptsächlich aus Äthylpheno len besteht, würde es richtiger sein, die Braunkohlen- teer-Xylenolfraktion als Äthylphenolfraktion zu be zeichnen. Die Entwicklung der Phenol-Chemie spiegelt sich wider in den Erzeugungszahlen. Während bis zum ersten Weltkriege der Steinkohlenteer als „natürliche“ Phenolquelle im wesentlichen genügte und die syn thetische Phenolerzeugung eine verhältnismäßig be scheidene Rolle spielte, änderte sich das während des ersten Weltkrieges wegen des plötzlich auftretenden enormen Pikrinsäurebedarfs und später als Folge des Phenolbedarfs der Kunststoff-Industrie. In welchem Tempo sich dieser Industriezweig in den letzten 25 jato Bild 2. Phenolharzerzeugung in USA Bild 3. Phenolerzeugung in USA