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Phenol Bild 1. Phenolstammbaum gen. Noch wichtiger als Weichmacher ist das Trikre- sylphosphat, das in sehr großen Mengen hergestellt wird. Dem Trikresylphosphat haftet das Odium großer Giftigkeit an, das jedoch nur insoweit berechtigt ist, als das technische Produkt o-Trikresylphosphat ent hält. In den letzten Jahren wird jedoch zur Herstellung von Trikresylphosphat eine Kresolfraktion verwendet, die praktisch frei ist von o-Kresol, und das daraus hergestellte Trikresylphosphat ist weitgehend ungiftig. Ein weiterer als Weichmacher in großem Ausmaß ver wendeter Phenolester ist das Mesamoll, welches ein Alkylsulfosäureester von Phenol bzw. Kresolen ist. Das für uns wichtigste und interessanteste Verwen dungsgebiet ist dem Phenol dadurch erschlossen wor den, daß es sich in guter Ausbeute durch katalytische Kernhydrierung in Cyclohexanol überführen läßt. Cyclohexanol ist ein aromatischer Alkohol, der sich verestern läßt. Cyclohexanol-Adipinsäureester und besonders Methylcyclohexanol-Methyladipinsäureester werden als sehr hochwertige Weichmacher, z. B. in der Lackindustrie, verwendet. Am Rande sei vermerkt, daß sich Cyclohexanol katalytisch mit Ammoniak in Cyclo- hexylamin überführen läßt. Viel wichtiger ist aber, daß sich Cyclohexanol in glatter Reaktion und mit guter Ausbeute durch Oxydationsmittel, z. B. Salpetersäure, in Adipinsäure umwandeln läßt. Die Adipinsäure hatte ich schon als Veresterungskomponente erwähnt. Sie läßt sich ferner durch Reduktion ihres Methylesters in das Adipol (2,6-Hexandiol) umwandeln, das z. B. für die Herstellung von Polyestern verwendet wird. Für die Herstellung von lederähnlichen Polyurethanen braucht man Methyladipol, das aus Kresol über die entsprechenden Methylcyclohexanole und Methyladi pinsäuren zugänglich ist. Die Adipinsäure kann man mit Ammoniak nach verschiedenen Methoden kataly tisch in ihr Nitril, das Adipodinitril, umwandeln, das bei der katalytischen Reduktion das Hexamethylen diamin liefert. Auf diese Weise wird auf der ganzen Welt dieses wichtige Schlüsselchemikal der Polyure than- und Polyamidchemie überwiegend hergestellt. Während man zur Herstellung von Diisocyanaten auch kürzerkettige Diamine verwenden kann, beruht die Fabrikation des Nylons fast ausschließlich auf dem Hexamethylendiamin, das zunächst mit Adipinsäure in das sog. AH-Salz übergeführt wird, welches seinerseits dann durch Polykondensation das eigentliche Nylon liefert. Für uns in der DDR ist der andere Weg zu den Polyamiden noch wichtiger, der vom Cyclohexanol über das Anon zum Perlon führt. Cyclohexanol wird katalytisch zum Anon dehydriert, welches mit Hy droxylaminsulfat zunächst in das Oxim umgewandelt wird. Durch Beckmannsche Umlagerung stellt man aus dem Oxim das Caprolaktam her, das dann zu Per lon polymerisiert wird. Das Cyclohexanon und die aus den entsprechenden Kresolen bzw. Methylcyclohexa- nolen herstellbaren Methylanone lassen sich ferner auf sehr hochwertige, lichtbeständige Lackkunstharze verarbeiten, welche den natürlichen Harzen (Schellack, Kopal usw.) teilweise überlegen sind. Der Phenolstammbaum hat also zahlreiche mehr oder weniger verzweigte Äste, und es kann damit ge rechnet werden, daß diese Verästelung sich in Zukunft noch weiter fortsetzen wird. Man könnte auch einen Kresolstammbaum entwerfen; er wäre jedoch längst