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171 MMM r^d»-^ l^i' Hans Dietrich sah ihn voll an. „Oder — sterben als ein tapfrer Held, Fritz!" Ganz fest und ruhig hatte er gesprochen. Der andere gab ihm den Blick groß und lange zurück. Sie wußten, daß sie einander ihr Innerstes vertraut hatten. Morgenncbel lag über dem Land. Die graue Fahlheit gab allen Dingen etwas Gesteigertes. Alle Baume der Landstraße standen als der Wagen zum andern zu sprangen. Wieder war cs ein anders ge färbter Stiinmenchor, der von neuem anhob: „Siegreich woll'n wir Frankreich schlagen, sterben als ein tapfrer Held —" Oder war es sein eigenes Ohr, das ihn narrte? War eS nur der Raderrhythmuö, den er Hörle und dem er jene Worte entnahm? Eine Hand hatte sich auf seine Schulter gelegt. Fritz Grobknechts, des Freundes, Augen sahen ihn an. „Eine jede Kugel trifft ja nicht!" sagte er mit einem Versuch, einen leichten Ton anzuschlagen. Hans Diet rich war zusam mengefahren. Konnte man ihm seine Gedanken von der Stirn lesen? Hatte er sie unbewußt zu Lotten geformt? Aber nein — Grobknechtschien aus seinen eige nen Gedanken heraus zu spre chen, und es war so natürlich, daß sie die seinen be rührten. „Kurios ist das," saHte Grob knecht leise. „Dies HinauSfahren! Plötzlich kommen da Gedanken, die man vorher nie gehabt hat und die man auch nachher nicht ha ben wird. Tau send Teufel! Was soll ein Soldat grübeln? Und man tut eS doch! Dies Fahren, dies verwünschte!" Hans Diet rich schwieg. Die Nachtluft strich ihnen kühl über die Stirnen. Da — jetzt begannen die Musketiere wieder zu singen. „So viel Le ben, lauter junge Kraft!" spann Grobknecht seine Gedanken wei ter. „Wer kommt wieder? Ist ja im Grunde so einerlei. Ob daS eine Mädel sich die Augen rot weint oder das an dere. Aber wenn eS sein muß, dann eine anständige Kugel, die reinen Tisch macht." Hans Diet rich schwieg noch immer. Da plötzlich legte sich des an deren Arm um . seine Achsel. Eine scheue, eine un endlich viel ver- ratende Bewe gung. „Leben, tat den noch frischen Gliedern wohl und war der drängenden Unruhe spulte, organisiert bis ins kleinste, ein Räderwerk, tausendfältig ge- Beftiedigung, und nun die herbe Kühle der Frühluft die Köpfe erftischte, fügt und doch im gleichen Takt schwingend zu gigantischem Werk! konnten die Gedanken Rückwärts gehen und den ganzen Bilderwirbel der letzten Tage zurücktasten. Diese Bilder-voll fiebernden Lebens! Wie da plötzlich die ganze Wucht der Waffen, mit denen der Krieg des beginnenden zwanzlgsten Jahrhunderts gekämpft wird, geradezu erschütternd klar geworden war! Und wie alles an seinem Ott war, seinen Weg fand, sich ab ¬ zusammengefaßte Schattenrisse von sonderbar eindringlichen Linien. WegseitS ein einsames Haus mit nacktem Giebel. Schwelend umzog der Rauch das Gemäuer. Dumpf und gleichmäßig klangen in der morgendlichen Stille die taktfesten Schritte Tausender von marschierenden Füßen. Hans Dietrich atmete in freien Zügen. DaS taktmäßige Ausschreiten Einmal war HanS Dietrich einem Zuge be gegnet, der länger als eine halbe Stunde gebraucht hatte zum Vor überfahren. Es war so seltsam gewesen, wie eine flatternde Genfer Fahne immer wie- dervon der näch stenabgelöstwor den war. Es schien kein ande res Zeichen mehr in der Welt zu geben als dieses Kreuz von der Farbe des Blu tes auf weißem Grunde. Und da hatte eS HanS Dietrich wieder gestreift, dieser Gedanke, dieses Wort, das seit jener ersten Nacht ihm zum Leit wert geworden: Sterben als eia tapfrer Held! Die Sonne brannte. Durch ein Dorf wurde mar schiert, auf das der Krieg mit gewaltiger Faust sein Siegel ge schlagen. Kem Haus war der Zerstörung ent gangen. Her und da quoll noch bräunlichgelber Rauch aus den geschwärzten Mauern. Andere Häuser standen stumm und kalt, ihre zerrissenen, zerspaltenen Wände gleichsam anklagend auf richtend. Leere Fensterrahmen klafften, in dttien hier und da noch eine hängenge bliebene Glas scheibe den Son nenglanz in ihren Scherben auf fing, an ein im Tobe stier gewor denes Auge er innernd. Die Blicke der stieß Grobknecht hervor. Aus den Kämpfen gp dep Gpinmer Angriff d?r preußischen Garde auf die englischen Stellungen bei Contalmaison (S. Roch einer Sriginalzetchuung Grhrt». - Marschierenden sahen ungerührt dieser stemernen