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scharmutzieren auch täglich mit Vein Feind. Wir liegen vor der Stadt unter freiem Himmel, in drer Monaten bin ich nicht aus meinen Kleidern gekommen und hatte immer nur Stroh unter mir. Meine Sachen mit meinem Knecht und Pferd, deren ich sechs nacheinander verloren habe, ein Schaden von vierhundert Reichötalern, sind alle fort. ES ist gar nichts mehr übrig, als daß ich noch mein junges Leben verliere. Wir liegen auf der Straße nne das tote Vieh und leiden großen Mangel. O Brot! o Brot! o frisches Wasser! Wenn ich das Leben verwirkt hätte, so könnte man mich nicht in ärgeres Elend bannen. Ich habe mich ehrlich und ritterlich, wie eS einem Fähnrich gebührt, bisher verhalten, aber länger ist eS mir nicht möglich, und ich muß wider meinen Willen mein Fähnlein verlassen. Alle meine Kameraden sind mit mir müde und be gehren ihren Abschied. Alle Tage reißen Soldaten aus und Offiziere. Alle vier Tage bekomme ich ein Pfund Brot und sonst nichts mehr. Oh, eS ist nicht auszusprechen, wie wir leiden. Die gemeinen Knechte leben noch besser als ich. Ich habe noch kein einziges Bürger- oder Bauernquartier gehabt. Ja, wenn mir meine Sachen nicht gestohlen wären, dann wollte ich ein Stück Geld erspart haben. Nun ist es hin. Unsere eigenen Reiter haben der Hauptleute Bagage geplündert, als sie sahen, daß die Feinde auf uns herankamen und wir die Flucht ergreifen mußten. Wir werden nur als Schanzen- und Gräbenfüller angesehen, und stets geschieht eS, baß das Köllnische Kriegsvolk an die Spitze gestellt wird. Auch werden die Fähnriche zum Sturm und in die Lauf gräben wider das Herkom men kommandiert. In Sum ma, ich kann'S nicht länger aüsstehen. Ach, wie warte ich mit Verlangen auf ein Antwort schreiben von Dir! Man wundert sich, daß Du mir noch nicht geschrieben hast und ich keinen Brief von Dir empfangen habe. Das ist wahrlich gegen Gott und alle eheliche Liebe. Habe ich Dich erzürnt, verzeihe eS mir. Hiermit, mein ge treuer Schatz, vieltausend gute Nacht!" sTH.S.j llus -em Leben eines Krösus. — Johann Jakob Astor, ein jüngerer Sohn des Schulzen Astor von Wall dorf im pfälzischen Oden wald, war 1784 als „armer Teufel" in Amerika einge wandert. Zehn Jahre später war er der einflußreichste Pelzhändler von Kanada und Gründer der Pelzhänd- lerstadt Astoria. Astot zählte auch zu den Subskribenten des Audubon- schen Monumentalwerkes über die Vögel Amerikas, das im SubskriptionS- wcge tausend Dollar kostete. Nachdem eö vollständig erschienen war, suchte der Gelehrte den Multimillionär wiederholt auf, um sein Geld zu erhalten, aber immer wieder bekam er zu hören: „Ach, Mister Audubon, Sie haben bei mir kein Glück, das bare Geld ist sehr selten. Ich habe nichts in der Bank stehen, all mein Geld ist angelegt." Als er zum sechsten Male erschien, traf er den Krösus in Gesellschaft seines Sohnes William. Sofort jammerte Astor senior: „Ach, Mister Audubon, kommen Sie schon wieder wegen Ihres Geldes? Schlechte Zeiten! Das Geld ist rar — wirklich sehr rar!" William warf seinem Vater einen entrüsteten Blick zu, den der alte Geiz kragen bemerkte. Sofort änderte er den Ton und sagte liebenswürdiger: „Wir müssen Ihnen aber helfen, lieber Audubon. — William, schau mal nach, wie eS mit unserem Bargeld steht?" Er wollte damit nur William aus dein Zimmer entfernen, um nachher den Gelehrten wiederum hinauskomplimentieren zu können. Aber William sagte trocken: „Wir haben 220000 Dollar in der Bank von NewPork, 98000 in der Handwerkerbank, 90000 in der Bank der Kaufleute, 70000 in der Citybank —" „Genua, genug!" Der Alte hielt sich die Ohren zu. „Ich sehe, cs langt! — William, stelle dem Herrn einen Scheck auf lvoo Dollar aus. Aber gelesen habe ich noch für keinen Cent!" — So geizig Astor war, so war er doch anderseits auch kein Protz. ^>eine älteste Tochter nahm sich zwar als erste unter vielen Nachfolgerinnen einen europäischen Aristokraten zum Gemahl, die jüngere aber durfte einen armen Lehrer aus Liebe heiraten. sW. F.j Slorchglaube und Skorchspiele. — Bei den Letten ist der Storch der heilige Vogel, der Glück und Segen bringt, weshalb wie jeder Herrenhof auch jeder Bauernhof dahin strebt, eine Storchenfamilie heranzuziehen. „Der Umstand nun," so erzählt ein litauischer Gutsbesitzer, „daß wir einen Storch zum Lausgenossen bekommen hatten, wurde als ein Zeichen angesehen, daß die guten Geister uns in besonderen Schutz zu nehmen gedachten, und der und jener meinte auch etwas davon zu gewinnen, wenn er sich dem heiligen Vogel liebenswürdig erweise. Wir sahen uns deshalb bald der anfänglich gehegten Sorge enthoben, daß eS uns gerade an den LieblingSspeiscn des Pflegekindes, als da sind Frösche, Eidechsen, Fische und so weiter, fehlen würde, denn diese wurden uns von verschiedenen Gönnern reichlich zugetragen. Dafür hatte man sich die Lafelstunden genau gemerkt, zu denen der Storch regelmäßig aus dem nahe gelegenen Garten, wo er sich gewöhnlich aufhielt, gravitätisch über die Straße in unseren Hof geschritten kam und hier seine Anwesenheit mit lautem Klappern anmeldete. Wie gern fütterten wir Kinder ihn. Noch lieber spielten wir aber mit ihm, denn er war ein brauchbarer Spiel gefährte geworden. Namentlich wußte er auf Versteckenspielen einzugehen, so auffallend das auch klingen mag. Wir richteten eS dabei so ein, daß meine Schwester und ich uns zusammen versteckten, worauf der Storch uns suchte; hatte er uns gefunden, so ließ er ein Helles Klappern hören. Dann lief er fort, um nunmehr sich zu verstecken. Und jedes mal, wenn wir ihn fanden, lag er mit eingezogenen Füßen auf dem Boden, den Hals lang auf die Erde hin streckend und stellte sich tot. After verharrte er in dieser Lage trotz der Stöße, die wir ihm gaben; erst nachdem wir uns entfernt hatten, erhob er sich und begann nun wieder uns zu suchen. Mit Trauer sahen wir der Zeit entgegen, wo der Trieb der Zugvögel ihn uns entführen sollte. Mein Vater wollte rhm einen Ring um das eine Bein schmieden lassen, damit wir ihn wiedererkennen konnten; ehe aber das geschehen war, hatte er eines Tages in Gesellschaft seiner Genossen den Zug über den Ozean angetreten." sC. T.j Ein vermiedenes Duell. — Raphael Felix, der Bruder der berühmten Schauspielerin Madame Rachel, geriet mit einem Kollegen, dem Schauspieler Brindeau, in einen heftigen Streit. Brindcau ließ sich zu solcher Wut hin reißen, daß er seinem Gegner eine schallende Ohrfeige gab. Natürlich konnte ein solcher Schimpf nur mit Blut abgewaschen werden, und so wurde für den folgen den Morgen ein Duell im BoiS deBoulogne vereinbart. Noch vor der festgesetzten Stunde jedoch erschien einer von Brindeaus Sekundanten im Hause von Raphael Felix und überbrachte einen Ent schuldigungsbrief von dem allzu Schlagfertigen. Felix las ihn sorgfältig durch und ant wortete dem Überbringer nur, er werde um die be stimmte Stunde an dem für das Duell bestimmten Ort sein. Dort würde das weitere sich besprechen lassen. Nicht lange darauf trafen also beide Gegner samt Se kundanten und Arzt zusam men. Felix trat auf Brindeau zu und sagte: „Mein Herr, icb bin gern erbötig, die Ent schuldigung anzunehmcn, die Ihr Brief inir ausspricht, denn cS macht mir ebenso wenig Vergnügen, Sie tot- zuschießen, wie mich von Ihnen totschießen zu lassen. Erlauben Sie mir nur zur Klarstellung eine Frage. Gesetzt, ich hätte Sie geohrfeigt und bäte Sie nachher um Verzeihung, würden Sie die Beleidigung dadurch für gesühnt halten?" „Unbedingt," antwortete der Gefragte. „Das ist mir lieb," sagte Felix kühl, versetzte ihm mit der einen Hand eine kräftige Ohrfeige und überreichte ihm mit der anderen eine Abschrift des er haltenen Schreibens. ' Unter einer liefen Verbeugung entfernte er sich dann mit seinen Sekun danten, und damit war die Sache aus der Welt geschafft. sC. D.j NNN»NNNMUNttNUtt»NNNNNNUNNNNMNttNMUNNNNUNNNN»NNM»MUNUtt»NNNNNNNNMNNNtttNNNNNttNNNMUNNMttNUM Homonym. ES treten die Soldaten an In langen Reihen Mann sür Mann. Ist alles fertig'? Wann gebt's sort? Jetzt! Einer rüst das Rätsclwort. Lang ist der Weg und staubig sehr. Auch das Gepäck macht viel Beschwer. Da horch: es klingt dasselbe Wort, Und neu belebt gedl's weiter fort. Auslösung jolgt in Nr. 3V. Anagramm. ES trägt dich rasch durch Wog' und Well' — Nun mach zum Kuh den Kops ihm schnell Und die zwei nächsten Zeichen streich — Zu Land besördcrt eS dich gleich. Auflösung folgt M Nr. 33. Auflösung von Nr. Z4: des Kapselrätsels: Eidam, Ida. ttHttttMttMttttHMUMMttMIMttlMIttlMMMMMMttMMMttMttttittNttttMttNMNMMUMttHMMMMMUMMMMMttUMMMttM Alle Rechte Vorbehalten. >NN»tt»NN»ININ»II»NNNIIlI»UN»INN>,N>»,»N»»»N!UIINI>NttU>UUaUN»NlNNNNNINNN>NNNN»INIINNNN,ttttNNNNNNNI»»ttN»» Verantwortlicher Redakteur: Karl Theodor Senger in Stuttgart. Druck und Verlag der Union Deutsche Verlagsgesellschast in Stuttgart. Blick auf die Stadt Saloniki vom Bord eines englischen Kriegschiffes (S. 1Z9). Phot. R. Sennecke, Berlin.