430 Einfluss des Erdbaues auf das Leben der Menschen. Der Verkehr gleicht in gewissem Grade einer Flüssig keit, welche sich nach hydraulischen Gesetzen bewegt. Er senkt sich überall von den Höhen in die Tiefen herab, umgeht die höchsten Spitzen, überschreitet Gebirge an ihren tiefsten Einsenkungen, strömt in bestimmten, tlieils Vorgefundenen, theils selbst geschaffenen Betten, und sammelt sich in den grossen Becken der Länder. Seine Quellen aber entspringen meist aus dem Boden. Die wichtigsten Unterschiede der Bodengestaltung für die räumliche Bewegung der Menschen und ihrer materiellen Güter sind: Wasser, ebenes Land und Gebirge. Ihre gegen seitigen Grenzen sind stets ausgezeichnet durch eine vermehrte Friction des Verkehrs, die man seine Brandung oder Stauung nennen könnte. Er hat stets einige Schwierigkeiten zu über winden bei der Ueberschreitung solcher Grenzen; dadurch schafft er die vorzugsweise Belebung der Küsten und Ufer, den Kranz kleiner Städte, von denen plötzlich aufsteigende Gebirge an ihrem Fuss umgeben zu sein pflegen, wie z. B. der Harz. Die grossen wie die kleinen Unterschiede der Bodenform sind um so einflussreicher, je langsamer, je weniger energisch, aber dabei je dauernder die Bewegungen des Verkehrs sind. Doch selbst der Krieg, Feldzüge und Schlachten — als äusserste Mittel der Politik — sind trotz ihrer rücksichtslosen Energie noch abhängig vom Boden, und bewegen sich vorzugsweise in natürlichen Betten, wie schon ein flüchtiger Blick auf v. Rothenberg’s deutsche Schlachtenkarte beweist. Nur ein grosses Kriegsgenie wagt es zuweilen, diese natürlichen Schran ken zu durchbrechen. Aber auch ein Napoleon wird sie nie ohne Noth überschreiten, und es würde das sicherste Zeichen mangelnden Genies sein, wenn ein Heerführer seine Grösse etwa dadurch beweisen wollte. Das Alles sind bekannte Dinge, die nur in Erinnerung gebracht zu werden brauchen. Weniger ist es aber bisher be achtet worden, dass die äusseren Formen der Erdoberfläche grösstentheils nur Folgen des inneren Baues sind, der somit ebenfalls in die Reihe der wirkenden Ursachen eintritt, theils