XI. GEOLOGIE UND POESIE. „In alten Zeiten muss die ganze Natur lebendiger und sinnvoller gewesen sein als heut zu Tage. Wirkungen, die jetzt kaum noch die Thiere zu bemerken scheinen, und die Menschen eigentlich allein noch empfinden und gemessen, bewegten damals leblose Körper.“ Novalis, einst Frei bergs Schiller, in „Heinrich von Ofterdingen“, S. 32. Bei allen Völkern ging die Poesie der Wissenschaft voraus, und in letzterer die Spcculation der genauen Untersuchung; d. h. was man gewöhnlich Poesie und Philosophie nennt, ist älter als alle wirkliche Naturforschung. Auch die Geologie trat zuerst im Gewände der Dichtung auf, in poetischer oft mystischer Form (Bücher Moses). Nur sehr allmählich streifte sie die phantastische Ausstattung ab, und huldigte der nüchternen Wahrheit. Dichtung und Wissenschaft gingen dann verschiedene Wege, und wählten sich ungleiche Objecte. So ist die Poesie in gewissem Grade aus der realen Natur vertrieben, und in das geistige Leben verwiesen worden. Die poetische Anschauung der Alten erklärte das Schaffen und Wirken der Natur durch geistige Wesen eigener Erfindung. Jeder Baum, jeder Fels, jeder Berg, jede Quelle war der Wohnsitz von Dryaden, Nymphen, Göttern und Dämonen. Der Hauch des Windes, die Wogen des Meeres, der Herd der Vulkane — sie alle hatten ihre besonderen Götter, und diese sinnige Belebung des Weltalls, welche jede andere Erklärung