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Die Geologie und Darwin. 225 Sind auf diese Weise durch allmähliche Umgestaltung die Species entstanden, so versteht es sich von selbst, dass die mehr oder weniger willkürliche Eintheilung in Genera, Fami lien, Ordnungen und Classen auf demselben Ursprung beruht. Mehrere Arten, die aus einer hervorgingen, werden grössere Aehnlichkeit besitzen, als solche die durch Variation sich aus zwei verschiedenen Arten entwickelten; aber auch diese zwei Arten führen auf einen gemeinsamen Ursprung zurück, und es ist zuletzt nur eine erste organische Zelle nöthig, aus der sich in unermesslichen Zeiträumen alle Einzelformen ableiten lassen. Die erstaunliche Gliederung und Abstufung des organischen Lebens, die wir durch Reiche, Classen, Ordnungen, Genera, Species und Varietäten ausdrücken, ist auf diese Weise innigst durch den Ursprung verbunden, und eigentlich nur durch stete Umgestaltung und Trennung entstanden. Liesse sich auf diese Weise ein vollständiger Stammbaum aller bekannten organischen Species feststellen, so hätte man damit zugleich ein wirkliches natürliches System gewonnen. Darwin hegt demnach durchaus nicht die Ansicht, dass eine Trennung von bestimmten Species überhaupt unzulässig sei, sondern er weist diesen Species nur eine andere Bedeutung an, als man ihnen gewöhnlich beilegte. Sie sind nach ihm nicht selbständige Einzelschöpfungen. In für die gewöhn liche Anschauung fast unendlich langen Zeiträumen, sind nach seiner Ansicht die einzelnen Arten aus früher vorhandenen, in der Regel nicht mehr existirendeu, hervorgegangen, und haben sich dabei durch Spaltung stets vermehrt, in ihrer Ge- sammtheit auch vervollkommnet. Neben den höheren Formen entwickelten sich aber auch die niederen unausgesetzt fort, und füllten jede Lücke aus, die eine Möglichkeit für organisches Leben darbot. Die Gegner, welche bis jetzt gegen Darwin aufgetreten sind, scheinen z. Th. seine Lehre nicht recht verstanden zu haben; ganz besonders aber scheint es den meisten schwer zu werden, den Einfluss der Zeit gehörig zu würdigen, d. h. sich über die gewöhnlichen beschränkten Zeitbegriffe zu erheben. Cotla, Geologie der Gegenwart. 5. Aull. 15