Ueber das Entwickelungsgesetz der Erde. 209 gungen. Bronn schildert dann in seiner Rede den Entwicke lungsgang des Lebens, das Auftreten und die Vermehrung immer neuer, zum Theil höherer Formen und ganzer Abthei lungen. Die Gründlichkeit seines reichen Wissens drängt er in ein möglichst übersichtliches Bild zusammen, und diese gesammte Darstellung stimmt zwar nicht im Princip, aber in ihren wesentlichen Resultaten vollständig mit Darwin’s damals noch unbekannter Theorie überein; doch hat uns die letztere wissenschaftliche Erklärungen gebracht, welche den prädesti- nirten Schöpfungsplan und die stets erneuten Einzelschöpfungen beseitigen, auf die uns auch Bronn noch verwies, und diese Erklärungen entsprechen zugleich dem Gesetz der Summirung. Die Welt wird dadurch nicht weniger bewundernswürdig, und die erste Ursache der Dinge und Vorgänge bleibt noch hin reichend dunkel, um dem menschlichen Verstände ein uner messliches Gebiet der Forschung, dem Gemüth aber ein solches der Anbetung zu hinterlassen. Denn anbeten können wir nur etwas an sich Unbegreifliches. Fast so dunkel als die erste Zellenbildung ist auch die Fortpflanzung durch Keim, Same, Ei u. s. w. Sie liegt uns noch unerklärt als Thatsache vor. Etwas weiter reicht dagegen unsere Kenntniss über die allmähliche Umgestaltung der organi schen Formen. Einen grossen Schatz von Thatsachen hat dar über eben Ch. Darwin gesammelt, und darauf seine Theorie von der Entstehung der Arten begründet. Jede Variation der Individuen, jede Aenderung der äusseren Zustände — sei es nun des Bodens, des Wassers, der Luft, oder der socialen Beziehungen unter den Organismen selbst — bedingte oder begünstigte auch eine Umgestaltung in der Form oder inneren Organisation der Arten, welche sich höchst allmählich durch Vererbung und natürliche Züchtung vollzog und steigerte, bis sie den für eine gewisse Periode constanten Charakter einer neuen Species erreichte. Die Entstehung neuer Varietäten und Racen durch natürliche Vorgänge oder durch künstliche Züch tung ist erwiesen; Darwin hat aber gezeigt, dass zwischen Varietät und Art keine scharfe Grenze gezogen werden kann. Cotta, Geologie der Gegenwart. 5. Aull. 14