208 Ueber das Entwickelungsgesetz der Erde. organischen Theil der Erde betroffen haben; sie stehen vielmehr in engster Verbindung damit. Jede Aenderung der Erdober fläche, durch welche deren Mannigfaltigkeit zunahm, vermehrte auch zugleich die Mannigfaltigkeit der Existenzbedingungen für Organismen, und veranlasste auf diese Weise neue Ent wickelungsformen derselben, ebensowohl wie diese sich gegen seitig in ihrem steten Kampf um das Dasein bedingten. Wir können zwar nicht den Anfangszustand des organi schen Lebens bestimmen, — wir werden vielmehr durch die ältesten bekannten Versteinerungen mit deutlicher Form schon mitten in eine Reihe eingeführt, die sich wie zwischen zwei divergirenden Linien breiter und breiter entfaltet hat, ohne dass uns der Nullpunkt oder Anfang bekannt ist. Hypothetisch mögen wir die einfache organische Zelle als Ausgangspunkt der Reihe betrachten. Wohl ist es möglich, dass aus dieser ein fachsten Grundform sich, den ungleichen Oberflächenzuständen und Existenzbedingungen entsprechend, gleichzeitig verschiedene Formen — Species, z. B. gleichzeitig Pflanzen- und Thier anfänge — entwickelten, schwerlich jedoch sogleich mit so scharfer Artabgrenzung als diese später eintrat; in der That zeigt, nach Charpenter, die älteste bekannte animalische Lebensform — das allerdings noch etwas problematische Eozoon — bereits vielfache Modificationen, aber noch keine deutlichen Speciesunterschiede. H. G. Bronn hat sich in seiner Stuttgarter Rede, welche nur die Hauptresultate seiner vieljährigen tiefen Studien über sichtlich zusammenfasste, über den Entwickelungsgang des organischen Lebens auf der Erde vortrefflich ausgesprochen; ihm war damals Darwin’s Artentheorie noch nicht bekannt; er selbst führte die gesammte Entwickelung auf einen voraus bestimmten Schöpfungsplan zurück, hielt aber dessen freie Willkür für beschränkt durch die äusseren Existenzbedin gungen (also eine sich seihst beschränkende Allmacht). Zwei Grundgesetze beherrschten somit nach Bronn die Entfaltung des organischen Lebens: das der progressiven Entwickelung und das der Anfügung an die äusseren Existenzbedin-