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Was Hans Huflacker in so nachdenkliche Stim mung versetzte, war nicht zu ergründen, denn er redete nicht mit sich selbst heut' Morgen, wie er rS Wohl manchmal zu thun pflegte, sondern war stumm wie ein Fisch, wenigstens bis zu dem Äugenblick, wo er unerwarteter Weise grade auf den Punkt traf, an dem der Ulbach, ohne anzugeben wohin, in der Erde verschwand. Er mutzte schon von die sem Thatwunder gehört haben, denn er blieb stehen und betrachtete die Stelle aufmerksam wie mit geognostischen Augen. Dann sagte Hans Huflacker plötzlich laut vor sich hin: - „Das ists eben. Ob man, wenn man sich in die unbekannte Tiefe hineinbegiebt- wieder einen Ausweg findet, falls es Einem da drinnen nicht be« hagt und man cs sich anders vorgestellt als es sich ausweist. Es ist eigentlich thörichl, zu sagen, daß den Dingen — und was ist der Mensch anders? — die Wahl freisteht. Kommen sie an eine gewisse Stelle, so zieht ein Naturgesetz sie hinunter, ob sie auch noch so sehr sich strauben und wirbeln. Man muß die gefährliche Stelle vermeiden, wenn man nicht will, nachher Hilst der AMe nicht mehr." Der Sprecher richtete während dieses ganz eigenthümlichen metaphysisch -psychologischen Mono logs, zu dem das ungewöhnliche Verfahren des Ulbach'S ihm Anlaß gab, die Augen in die Höh' auf die von jenseits herüber leuchtenden Wahrzeichen des Pfluinerenhofes, als ob er die allegorische ge fahrdrohende Stelle suche, von der er gesprochen. Dann fuhr er von dem etwas fragwürdigen Boden der speculativen Wissenschaft auf die festere Basis der Geognostik überspringend fort: „Ich muß doch ergründen', ob dies Wasser nicht irgendwie wieder zum Vorschein kommt — Er untersuchte offenbar mit sachkundiger Ge nauigkeit die Bodenverhältnisse und Gesteinschichten, unter denen der Bach sich in die Tiefe verlor und musterte sorgfältig die Formation des trichter förmigen Thales. Dann kletterte er, von zehn zu zehn Schritt einen achtsamen Blick zurückwersend, wegloS bergan, hielt jedoch bald nicht mehr die an fänglich grade Richtung inne, sondern wandte sich, eh' er die Höhe erreichte, mehr und mehr nach rechts, bis er unvermuthet plötzlich vor der alten Schopsheim-Ulbacher Eiche stand. „Hier muß es sich irgendwo Herumtreiben", mur melte er, doch er meinte offenbar nicht das gesuchte Wasser, dem er damit eine bis dahin ungelöste Auf gabe des Bcrganlaufcns zugcmuthet hätte, sondern irgend einen andern Gegenstand, nach welchem er die Augen einige Secunden lang zwischen den Tischen und Bänken umherstreifen ließ, der jedoch wieder metaphysische Regungen in ihm wach rufen mußte, denn er murmelte dazu: „So steht man oft, ohne es zu ahnen, ans der Scheidewand seines Lebens. Man glaubt, ob hier oder dort hinab, sei völlig gleich, und doch —' Allein die Forschung ließ die Spekulation nicht ausreden. Hans Huflacker warf einen prüfenden Blick in'S Schopfheimer Thal hinab und kletterte, der Richtung feiner voraufwandernden Augen folgend, Wieder bergunter. Eine Weile schien ihn das Re sultat seiner Wanderung nicht zu beliebigen, dann agnosticirte er mit beMiger Miene die nämliche Fasergypsschicht in der Berglehne, die er auf der andern Seite untersucht hatte und schritt an ihr, obwohl sie bald äbsprang rmd an tieferer oder höherer Stelle wieder zu Tage trat, entlang, dem Bergwinkel zu, in welchem eine nicht unbeträchtliche Ausdehnung der Halde sich durch reichere Vegeralioit von ihrer Umgebung abhob. Unmittelbar" davor . gelangte er an die berühmte Brücke, die zur Hälfte in sattem Lattiggrün und halb iu schreiendem Ocker gelb prangte und bis zu welcher der das Schopf heimer Thal durchströmende stattliche Bach nur als eine schmale Wafserrinne zwischen aufgeschweMmteln Geröll armselig hinschlich. Gleich hinter der Brücke jedoch schwoll er in Merkwürdiger Weise übcrmüthig an und zog stolz seines Weges nach Schopfheim weiter. Der junge Geolog wandte sich jetzt der durch die auffällige Vegetation ausgezeichneten' Stells zu, welche das Räthsel des plötzlichen Anschwellens des Baches dadurch löste/ daß auf ihr in wesier Aus dehnung wie aus 'Änem Bruche überall Reine Qüell- chen hervotsickerten, die ohne sich zu vereinlgpn zähk- loS in das Flußbett' drunten hinein mündeten. ' ' „Also so , grün und üppig trittst Du aus btt unbekannten Tieft' wieder zu Tuge?" lächelte HanS Huflacker, „nun, mein muß gestehen, daß mau nicht mehr von oiüem omon verlangen kann". Er ,'hv» trachtete Alles genau und fuhr in verändertem'TW fort: „ES ist kein Zweifel möglich und die Fort wanderung auf dem Boden der inpenekrablcu Schicht augenfällig. Die geringe Höhe vermag nicht eine solche Quantität Wasser anzusaMmeln' würde das selbe auch, ihrer Felsart gemäß, nicht in die Tiefe dringen lassen, und eine sonstige Ansammlung hat im Ulbacher Trichter nicht statt- Außerdem ist die leichte Eiscnsärbung, die allen andern Quellen des Umkreises Mangelt, unverkennbar — also , wir hätten die Frage gelöst- Er stieg auf den Weg hinunter. „Und da wir doch einmal M die Gegend gerathen sind", schloß er, „wäre es Unrecht, uns den Ort nicht einmal anzu sehen, der Frau Mechthild, die Krone listvoller Ehe frauen und Wirthinnen, die man aber, wie daS Beispiel lehrt, doch noch überklügeln kann, gezeugt hat." Und ein Lied trällernd schritt er auf die ersten Häuser von Schohfheim zir.- ' (Fortsetzung folgt.) ' Mustrirte Aagheituug. Organ für Jagd, Fischerei UN» Naturkunde. Herausgegeben vom k. Oberförster H. Nltzfchc. 5 Jahrgang. Nr. 12 enthält: Das Waldkorn von M. Hennig. — Jagdbilver aus der Ostind. Inselwelt von H. von Clausewitz. -- Jur Hundeaufzuchl von Neu. — Birk hahn mit Gewächs mit I Illustration. — Bilbr Humoristi sche Skizze vom Maler Beckmann rc. . Verlag von Schmidt und Günther in Leipzig. 3 Mk. halbjährlich. AIS Anhang dazu erscheint: Bibliothek für Jager und Iagvr freunde. Bon erfahrenen Fachmännern herauSgegeben. 5. Lieferung. Jagdgeographie lL Ueber Jagdwaffen und Jagdmethoden von 0r. I. Foichtinger. Jährlich 12. Hefte, 6 Mark pro anno. Alle Buchhandlungen und Postanstalten nehmen Bestellungen an. ' Druck und Lerlag von Friedrich May, redigirt mtter Lerantwortlichkeit von Smil May in Bischofswerda.