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M sehen, und «nr einer von uns soll vor ihren Augen erscheinen, der Andere muß durch seinen Tod da« Opfer sühnen, zu welchem sie unsere unversöhn liche Rivalität verdammte.' . . . »Siel' — unterbrach ihn Ulrich mit Heftigkeit — .sie, ei« Engel an Güte, bedarf sie der Rache und de« Blutt« l" ... »Keine Widerrede! . . . Sie haben eine Be leidigung in meinem Lachen gesehen, ich fand eine solche in Ihrem Blicke, und wenn e« Ihnen gefällt, die Satisfaktion, die Ihnen gebührt, zu vertagen, so will ich dagegen diejenige, welche Sie mir schuldig sind, ohne Zögern erhalten." Die anscheinend so kalten Züge de« Oesterreich»« hatten, während er sprach, den Ausdruck eine« wilden Hasses angenommen. Man sah es, daß er eine brennende Wunde im Herzen trug, die plötzlich wieder aufgebrochen war. »Sie kennen mich genügend, Herr", — autwor- tete Ulrich stolz — „um über die wahren Motive meine« Zögern« nicht im Unklaren zu sein; sie be ruhen lediglich in einem Gefühl der Schicklichkeit"... .DaS ich nicht gelten lasse." . . . »Sei e«! ich bin bereit. ... ES versteht sich übrigens von selbst, daß wir un« ohne Zeugen be helfen müssen, denn diejenigen unserer Kameraden, an welche wir uns deshalb wenden könnten, würden sich für den Augenblick unserem Entschlüsse wider setzen. Wir tragen Beide unsere Degen, und e« wird leicht sein, in der Nachbarschaft irgend einen geeigneten Ort aufzufinden. Aber beeilen wir un«, denn dir Zeit des Diner« kommt heran, und e« würde gewiß sehr unangenehm sein, wenn der Ueber- lebende nicht daran Theil nehmen könnte." Damit setzten Beide sich in, Bewegung. In der Mitte de« Hofes angelangt, sahen sie mehrere Wagen auffahren, und in ihnen reich ge schmückte Damen, die von verschiedenen Punkten der Provinz zu dem Feste herbcigekommen waren. Um sich dieser Menge zu entziehen, wandte sich Ulrich, mit den Lokalitäten der Abtei bekannt, gegen eine kleine Thür, von wo au« ein angrenzender Gang zur Kirche führte. Wie groß war indessen nicht ihr Erstaunen, al« sie, au« der Kirche hervordringend, die harmonischen Töne eine« geistlichen Gesänge» vernahmen. Unwillkürlich blieben Beide stehen, um zu horchen. 6. Clairefontaine beleidigte den Himmel durch da ruchlose Fest, welches sich innerhalb seiner Mauern vorbereitete; aber in demselben Augenblicke bereitete der Himmel auch schon den Blitz, welcher da» ent weihte Heiliglhum zerschmettern sollte. Der General Lefebvre, der die Avantgarde der Moselarmee commandirre, hatte eine der unter seinen Befehlen stehenden Halbbrigaden abgesandt, um Arlon zu nehmen, dessen sich die Franzosen schon wiederholt bemächtigt, ohne den Platz definitiv behaupten zu können. In der Nacht vom achten auf den neunten Mai waren ungefähr tausend Man» in'« Geheim von Longwy aufgebrochen. Nach einem einstündigen Marsche hatten sie einen Wald gewonnen, in dessen Mitte sich «ine ziemlich ausgedehnte Ebene befand- Sie machten dort Halt, die Rückkehr ritte« Künd- schafter« »wartend, der ihnen Nachricht üb» die Stärke und die Disposition de« Feinde« bringen sollte. Wer die eigenthümliche Organisation der fran zösischen Arm« in jener Epoche nicht gekannt, würde bei dem Anblicke de» sonderbaren Schauspiele«, welche« diese Truppen darboten, nicht wenig über rascht gewesen sein. Au« abgemagerten, schlecht ge kleideten und schlecht bewaffneten Gestalten zusammen gesetzt, ähnelten sie regelmäßigen Soldaten in Nicht«- Aber, wie ein großer Dicht» sagt: pjocis nu«, «sns p»in, «ourcls sux Isodrs slsrme», laus s I» Aloins »Ilsien! <iu mSms psr! Der Nationalcoovrnt hatte im vorhergehendem Jahre folgende« Dekret »kaffen: .Da« französische Volk erklärt durch da«- .Organ seiner Repräsentanten, daß e» sich iw. „seiner Gesammtheit erheben wird zur Brr- „theidigung feiner Freiheit, seiner Constitutiow »und zur Befreiung seine« Territorium« vom .feindlicher Gewalt.' Eine Million zwei mal hunderttausend Man» waren infolge diese« Aufrufes freiwillig zu de» Fahnen de« bedrohten Vaterlandes geeilt: ganz. Frankreich, welche« man mit einer großen belagerte« Stadt verglichen, war zu einem weiten Lager ge worden. Der Tag brach in dem Augenblicke an, iw welchem die Republikaner an dem von un« ange- dculcten Orte ihre Position genommen; die Schild wachen waren ausgestellt, die Eklaireur« nach ver schiedenen Richtungen hin «»«gesandt, und nachdem die« geschehe», erwartete ein Jeder mit Sorglosigkeit^ welche den französischen Soldaten characterisitt, die Stund« des Aufbruches. Der Chef der Expedition, mit den Oberstepau- letten auf grob» Uniform, saß einsam unter einer Eiche, von wo au« er da« ganze Feld überschaue» konnte. ES war ein noch kräftiger Mann, dessen grauer Bart und spärliche Haare, dessen mit tiefen Falte» gefurchte Stirn gleichwohl ein schon vorgerückteS- Alter verriethen. Eine aufrechte Haltung, ein leb hafte« und durchdringendes Auge, Züge von außer ordentlicher Beweglichkeit und eine energische Gestiku lation drückten seiner Erscheinung da« Siegel jener Kraft und jener Kühnheit auf, welche einem mili tärischen Chef so viel Autorität verleihet. »Wa« Teufel, Colonel, flüchtet Ihr Euch hier in diesen einsamen Winkel?' — »tönte plötzlich einr Stimme hinter ihm. Er wandte sich um und erblickte vor sich eine» jungen Mann, der vertraulich an seiner Seite Platz, nahm. „Ah! seid Ihr e«, Bürger Commiffair?" „Störe ich vielleicht?" .Im Gegentheil; ich bin entzückt, mit EuH plaudern zu können . , . Eure Ansichten und Ge fühle Harmoniken so sehr mit den meinigen." »Ihr saht so nachdenklich au«. Eutwarfet Ihr vielleicht Euer« Angriffsplan?' tFortsqun, folgt).