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s Beiblatt z« Rammer 27V Der Sächsische Erzähler Sanuabeub. den 30. November 1S35 Das sind richtige Samffer. Berschledene Namen aus der Tierwelt haben ihre Anwendung auch auf den Menschen ge- fanden. Zu der unangenehmsten Menschen sorte gehört der Hamsterer. Seine Gefähr lichkeit uud skrupellose Schädlichkeit Ist jedoch bedeutend größer als die des echten Hamsters, obwohl auch dieser in unserer Landwirtschaft großen Schaden anrichtet, den man hier sieht. (Scherl-Bilderdienst-M) Dresden, 30. Nov. Die Baggerarbeiten auf der Dresd ner Llbstrecke. Nachdem die Baggerarbeiten an der Dresd ner Albert» und Carolabrücke beendet sind, ist der neue Motorbagger an die Augustusbrücke gebracht worden, wo er seit Donnerstag arbeitet. Die gebaggerten Kiesmassen werden zu Elberegulierungsarbeiten zwischen den Dresdner Brücken verwendet. Dresden. 30. November. Nur noch sechs Lettenschisse auf der Elbe. Die Elbschiffahrtsgesellschaften haben von Jahr zu Jahr ihre Fahrzeuge modernisiert, vor allem Rad dampfer bis zu 1200 ?8, starte Motorkähne und Motoreil dampfer in Betrieb gestellt, so daß die vor 66 Jahren auf der Elbe eingeführte Kettenschiffahrt immer mehr zurück geht. Die Neue Norddeutsche und Vereinigte Elbschiffahrt- A.-G. läßt zur Zeit noch von etwa 25 Kettenschiffen 4 Ket- tendampfer auf der deutschen Elbestrecke verkehren. Die Tschechoslowakische Elbschiffahrts-A.-G. besitzt noch 2 Ketten schiffe, welche von Niedergrund bis Aussig fahren. Die im Flußbett noch nicht gehobene Kette liegt zur Zeit noch von Niegripp bei Magdeburg bis Schönebeck, dann wieder von Einsatzübung -er SA-Führerschule. sä. Dresden, 30. November. Die Führerschule der SA- Gruppe Sachsen hielt am Freitag in der Gegend südlich von Pirna eine größere Einsatzübung unter Leitung des Stan dartenführers Nüßler ab. Der Uebung lag die Annahme zugrunde, daß im Grenzgebiete ein schweres Unwetter nie dergegangen sei; und die SA. hatte die Aufgabe, die Linie Dohna—Meusegast nach Norden zu abzusperren, um den zu erwartenden Zustrom Neugieriger fernzuhalten und den Fortgang der Bergungsarbeiten zu sichern. Gruppenführer Schepmann wohnte persönlich dem Kameradschaftsabend am Donnerstag im Gasthof Friedrichswalde wie auch der Uebung am Freitagvormittag bei. Nach der Mittagsrast in Schloß Dohna marschierten die SA-Männer, die am Don nerstag und Freitag bereits eine anstrengende Marschlei stung hinter sich hatten, nach Dresden heimwärts. griff»-, Berteidigungs- oder Beweismittel, die in erster In stanz hätten geltend gemacht werden können, müssen vom Gericht zurückgewiesen werden, wenn die Partei das Vor bringen in erster Instanz nach der freien Ueberzeugung des Gerichts in der Absicht, den Prozeß zu verschleppen, oder aus grober Fahrlässigkeit unterlassen hat. Es ist daher für die Berufungsinstanz nötig, dem Anwalt mitzuteilen, wes halb das neue Beweismittel in erster Instanz noch nicht mit geteilt werden konnte. Werden vorstehende Richtlinien nicht beachtet, so kann die Schuld in keinem Falle dem Rechtsan walt zugeschoben werden. Wichtig für prozessführende! Der Vorstand der sächsischen Anwaltskammer wendet sich mit folgender Mahnung an die Oeffentlichkeit: Die Anwaltschaft weist erneut nachdrücklich darauf hin, daß durch die Neuordnung der Zivilprozeßordnung vom 1. Januar 1SS4 die Prozeßführung sich in wichtigen Punkten grundlegend geändert hat. Die Neuordnung bezweckt vor allem die vyn der Wirtschaft seit jeher verlangte Beschleuni gung. Jedwede Nachlässigkeit in der Beibringung des Pro- zeßstosfes birgt große Gefahren in sich (Richtberücksichtigung -es später Beigebrachten). Jede Partei ist verpflichtet, ihre Erklärungen Über Tatsachenumstände vollständig und wahrheitsgemäß abzugeben und sich über die vom Segngr behaupteten Tatsachen zu erklären. Line Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, welche we der eigene Handlungen der Prozeßpartei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmungen gewesen sind. Im einzelnen ist solaendes zu beachten: 1. Alle landgerichtlichen Prozesse müssen durch Schrift sätze vorbereitet werden. Anführungen, die sich nicht in den Schriftsätzen, finden, können vom Gericht zurückgewiesen werden. Das Gericht kann und wird Angriffe, Verteidi gungsmittel und Beweismittel, die nachträglich vorgebracht werden, zurückweisen, wenn durch deren Zulassung der Rechtsstreit verzögert würde und Berschleppungsabsicht oder grobe Fahrlässigkeit vorliegt. Es ist daher notwendig, die Prozeßoertretung dem Rechtsanwalt alsbald nach Zustel lung der Klage oder Ladung zu übertragen und sofort den gesamten Tatbestand einschließlich aller Beweismittel, auch Urkunden usw., insbesondere aller Zeugen unter genauer Kennzeichnung von Namen und Wohnung mitzuteilen. Mit Vertagungen kann jetzt nicht mehr gerechnet werden, auch nicht in dem ersten Termin. Wer die ersten Tage versäumt, gefährdet seine Prozeßlag«. ,2. Da das Gericht jetzt auch die Prozeßpartei über zu be weisende Tatsachen vernehmen und ihre Verteidigung be schließen kann, ist anzugeben, ob dahingehende Anträge ge stellt werden sollen. Grundsätzlich kann nur die Vernehmung der Gegners der beweispflichtigen Partei beantragt werden. Das Gericht kann aber aizch die Vernehmung der beweis- vflichtlgen Partei selbst beschließen. Jede Partei muß also damit rechten, daß das Gericht ihre eidliche Vernehmung über den gesamten von ihr vorgetragenen Sachverhalt be schließt. 3. In der Berufungsinstanz ist darauf zu achten, daß Vie Berufung innerhalb eines Monats nach Einlegung der Berufung begründet werden muß. Die Berufungsbegrün- düng Muß die Erklärung enthalten, inwieweit das Urteil angefochten wird, ferner eine bestimmte Bezeichnung der im einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung, sowie die neuen Tatsachen, Beweismittel und Beweiseinr«en, welche die Harter zur Rechtfertigung ihrer Berufung anführt. An Belgern unterhalb Mühlberg bis zur sächsisch-böhmischen Landesgrenze und für den tschechischen Verkehr von der Landesgrenze bis Aussig. Freiberg, 30. November. Chinesische Abordnung be ucht Freiberg. Die chinesische Sonderabordnung des Mar- challs Tschiang-Kai-Schek sowie Professor Jamata von der krzaufbereitungsabteilung der kaiserlichen Universität Kioto trafen am Donnerstag in Freiberg ein. Sie besichtigten mehrere Institute der Freiberger Bergakademie. sä. Döbeln, 30. November. Lin „lag der Bewegung-« Die Kreisleitung Döbeln der NSDAP veranstaltet am 6. Dezember in Dobeln einen „Tag -er Bewegung", an dem außer den Gliederungen der Partei auch die Vereine, Vev» !>ände, Innungen usw., sowie die Betriebsführer mit ihren Gefolgschaften teilnehmen werden. Es sind 10 Versammlun gen vorgesehen, bei denen u. a. der kommissarische Leiter »es Volksbildungsministeriums, Göpfert, Ministerialrat Kunz. Gauschulungsleiter Studentkowski und Gaubeauftrag ter Wettengel sprechen werden. Außerdem soll noch eine Kundgebung im Freien stattfinden. Mittweida, 29. Nov. Lin unerwünschter Ausländer. Am Mittwochabend wurde hier der tschechoslowakische Staatsangehörige Alfred Willy Skala festgenommen, der, obwohl er aus dem Reichsgebiet ausgewiesen ist, ohne Er laubnis nach Deutschland zurückgekehrt war. Skala, der wegen Raubes bereits mit Zuchthaus vorbestraft ist, soll zu einem Komplizen geäußert haben, daß er in der Mittwei daer Umgebung mehrere Raubüberfälle ausführen wolle. Er wird nun erneut Uber die Grenze abgeschoben. Leipzig, 30. November. Schwere Bluttat bei Borna. Am Donnerstagnachmittag bemerkte «in Jagdaufseher im Garten eines Bauernhofes in Flößberg bei Borna ein mut maßlich von einem Fuchs in die Erde gegrabenes Loch Auf dem Grunde des Loches sah er verdächtige Teile. Gemein sam mit der herbeigerufenen Gen-armerie wurden weitere Nachgrabungen vorgenommen, die einen weiblichen Leich nam zu Tage förderten. Die Ermittlungen der sofort in Kenntnis gesetzten Mordkommission des Kriminalamts Leip zig ergaben, daß es sich um die Leiche der 38 Jahre alten Margarete Ludwig geb. Zeug handelte. Der Sektionsbe fund ergab ein« schwere Schädelverletzung, die von einem scharfkantigen Instrument herrührte. Die Ermittlungen am Freitag liefen nach einer bestimmten Richtung, über die im Interesse der kriminalpolizeilichen Erörterungen vorläufig nichts mitgeteilt werden kann. Chemnitz, 30. Nov. Lin 84jähriger löblich verunglückt. Am Mittwochabend wurde auf der Leipziger Straße em 84 Jahre alter Mann von einem Lastkraftwagen umgefahren. Der Verunglückte erlitt einen Schädelbvuch und wurde in» Krankenhaus überführt, wo er nach kurzer Zeit verstarb. Chemnitz, 30. Nov. Richtfest der Sasernenneubaulen. In Anwesenheit von Vertretern der Wehrmacht, der Par tei und der Behörden fand am Donnerstagnachmittag in herkömmlicher Weise das Richtfest für die in Chemnitz-Hil- bersdorf neu errichteten Kasernenbauten statt. Negierungs baurat Tröger vom Heeresbauamt Chemnitz hielt dabei eins kurze Ansprache. Bauleitung und Arbeiterschaft fanden sich dann zu einem kameradschaftlichen Beisammensein zu sammen. sä. Stollberg, 29. Nov. Lin Schulknabe al» Selbst mörder. In Iahnsdorf hat sich ein 13A Jahre alter Schul knabe im Schlafzimmer seiner Eltern erhängt. Was den Knaben in den Tod getrieben hat, ist unbekannt. velsnih i. L., 28. Nov. 300 Stück Buller gestohlen. In der Nacht zum Mittwoch wurde das Anwesen eines hie sigen Landwirts und Butterhändlers von Einbrechern heim gesucht. Den Tätern fielen etwa 300 Stück Butter in die Hände. Hohensteln-Lrnstlhal, 30. Nov. 15 Hunde in der Lüche. Seit Tagen sind städtische Arbeiter und zwei Scheuerfrauen damit beschäftigt, die Wohnung der Eheleute Heinig, die an scheinend geistig nicht mehr ganz normal sind, einer Säuberung zu unterziehen. Das Ehepaar hatte sott Jahren nicht daran gedacht, die Wohnung zu reinigen. Die Zim mer und Möbel waren völlig verdreckt, die Betten vollstän dig verwanzt. Die Dielen waren von Ratten und Mäusen zerfressen, die bei der Säuberungsaktion zu Dutzenden aus ihren Löchern heroorkamen. In der Küche hatte der Woh nungsinhaber zeitweise 15 Hunde und mehrere Hühner Sächsische Dialekte. Warum wird gerade über unseren Dialekt am meisten gescherzt, gelacht, gespottet? Warum hat der Komiker auf allen Kabarettbühnen mit unserer heimischen Redeweise die meisten Lacherfolge, so daß sich sogar ein besonderer Typ des „sächsischen" Komikers herausgeoildet hat? Es ist doch in jedem Teil des deutschen Vaterlandes die Sprechweise vom reinen Hochdeutsch abweichend, und der Volksmund bildet überall Worte um Redensarten eigenwillig nach seiner be sonderen Art. Wir können in Sachsen nicht nur von einem Dialekt sprechen. In den Städten redet man anders, al» auf dem Lande, in der Lausitz anders als im Vogtland und im Erz gebirge, in Dresden anders als in Leipzig. Packend in ihrer Naturverbundenheit, in ihrer im Bo den wurzelnden Kraft und Eigenart sind die Dialekte der Gebirgler. In den weiten Waldern des Vogtlandes und weiterhin im Erzgebirge sind die Menschen gemächlich, schwerfällig und ebenso gemächlich und schwerfällig ihre Sprechweise. Heimat und Dialekt gehören zusammen; und wer das heimische Dörfchen verlaßen hat, um draußen in der Welt sein Fortkommen zu suchen, vergißt doch beides nie, und wenn die Lieder der engeren Heimat irgendwo ein mal an sein Ohr klingen, geht ihm das Herz auf. Des Vogtländers besondere Sprechweise lieat hauptsächlich in der Veränderung der Hellaute. Oft spricht er statt a ein langgezogenes oo, statt ei und breites ä. Das ... n am Schluß eines Wortes bleibt meistens ganz fort und auch andere Endlaute werden gern verschluckt. So er gibt sich eine Sprache, die reichlich Mundbewegung erfor dert. Der Köblerbube, den der Landvogt auffordert, sich et was zu wünschen, sagt in seiner treuherzigen Art: „I hoo ä Schatz. Mei Booter, — dar läßt mer s« nätt nämm, — doos is möch miseroblig, — u darf o nett ä hämm. — I möcht mer 'n Haisle bae — for mi un meinen Schatz, — nür hoin o kä Spänle — kä Hulz un a kä Plotz." Der erzgebirgische Dialekt ist vom vogtländischen im allgemeinen nicht sehr verschieden. Nur klingt er durch das hart ausgestoßene ch rauher, wie es seiner rauhen Hei mat entspricht. Sie reden von „Gung'n un Madln", von ihren „Bargen" und daß die Luft bei ihnen „akrat wie Bal sam riechen tuat". „Se saan su zufriedn, rachtschaff'n und still, un loss'n de Welt draußen machen wos se will." Das Weihnachtsfest schmücken sie in ihrer winterlichen Abgeschie denheit mit besonderer Liebe aus, und von Weihnachts freude und Scherz klingen dann ihre Lieder. „Zum Heilig- ohmd um Mitternacht — do lüft statt Wasser Wei, — und waar sech do net fürchten tut, — dar hult en Topp vull reit" Der Heimatdichter Anton Günther, dem wir so man ches herzige Lied vom Erzgebirge verdanken, singt in sei nem schönsten und bekanntesten: „'s is Feierohmd! — Das Tagwerk is vullbroacht, — 's gieht olles seiner Hamit zue, — Ganz sachte schleicht de Rocht!" Ganz anders ist der Lausitzer Dialekt. „Ja, de Aeberlausitzer, die quarln!" so heißt es. Cs ist ein fröh liches Durcheinander der Hellaute. Dieser Dialekt ist brei ter, freundlicher, drolliger als der der Gebirgler, und das stimmt auch durchaus mit ihrer heimatlichen Natur über ein: diesen sonnigen Wiesen, diesen freundlichen Dörfchen und hügeligen Feldern und Wäldern. Der Dichter dieser Gegend, Rudolf Gärtner, hat uns als Born echter Fröh lichkeit einige Bücher im Dialekt und liebenswürdigen Hu mor seiner Heimat geschenkt. So teilt er die „Uhrfeige- in fünf verschiedene Gattungen, „'s Datschl, de Watsche, de Tachtl, de Hurbl und de Fautse". Und die Mutter singt ihren Kleinen ein drolliges Wiegenlied: „Ei un ei, ich wöll diech wiegn, — Aeppel und Nisse wörschte kriegn, — Aeppel, Riffe und Feign, — doas Kind full schlofn un schweign! — Ei un ei, ich wöll diech wiegm — doas de wärscht a dr Stube römfliegn. — Vu dr Stubn a de Koammr. — Wenn de ne schläfst, do schloicht 'ch mied 'n Hoammr!" Die Sächsische Schweiz, besonders abgelegenere, vom Fremdenverkehr noch nicht abgeschliffene Dörfer, ba den auch ihre eigene Sprechweise mit „nee" und ,,e' cha", mit „ooch" und „nu üben", ähnlich wie viele kleine Städte und Vorstädte. Dort blüht der Dialekt, den — wenn auch in stark verballhornter und verkitschter Form — der Komi ker sich zu eigen gemacht hat. Das ist der Dialekt der „ge- mietlichen Sachsen", der harmlos alles entschuldigt und selbst, wenn er bittre Wahrheiten zu sagen hat, noch freund lich erscheint. Der Leipziger spricht diesen Dialekt breit und weich mit singender Stimme, und die Geschichte vom „Gäse- goilchen, das die Gellerdrebbe nunter gegullert ist" zeigt deutlich, wenn auch übertrieben, seine Sprechweise. Wer aber den echten Dresdner Dialekt hören will, der gehe nicht nach der Prager Straße, der gehe nach den Vorstädten, nach Pieschen, nach Cotta und den dicht be völkerten Straßen der Neustadt. Wenn die Männer beim Bier sitzen, die Frauen beim Kaffee, Li« Kinder aus der Schule kommen, blüht das schönste „Tücksch" . „Wißen Se schun 's Neieste? Mer gähn de Oogen ieber, wenn 'ch dran denken tu!" „Mer Ham ja so weitr nischt, Frau Nachbarn!" „So ä ungezochner Wärchel, du wärscht glei Dresch« kriechnl" So hört man dort roden. Und selbst wer gelernt hat, ein ganz reines Hochdeutsch zu reden, wird an dem eigentümlich singenden Tonfall doch schnell als Sachse er kannt. Aber wenn sie nun schon darüber witzeln und scherzen müssen: Mögen sie es tun! Wir wollen unseren Dialekt nicht verleugnen, denn er gehört zu uns als ein Stück uns rer Heimat, aber auch als ein Stück unsres Herzens! Und das ist gut deutsch! - > -A. V.