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verkünden. Mqn rückte in den Bänken zurecht, als er wäh rend des Hauptliedes die Kanzel betrat. Man wußte, mar-, würde eine rechte Himmelfahrtspredigt hören, eindringlich und Mit der Sprache des rechten Gottesmannes. So war es auch, nur daß diese Himmelfahrtspredigt weit eindring licher noch werden sollte, als es sich die frommen Fischbacher hätten träumen lassen. Denn in diese Predigt griff der Herrgott selber ein und redete in seiner Weise die Sprache einer sichtbarlichen Himmelfahrt. Der Geistliche hatte den Text des Feiertages verlesen. In schlichten, die Herzen ergreifenden Worten hatte er von der Himmelfahrt unseres Herrn und Heilandes gesprochen, wie er vor den Augen seiner Jünger aufgefahren war zu seinem himmlischen Vater. Eben wollte er seinen Zuhörern zu Gemüte bringen, wie es wäre, wenn Gott der Herr heute in Fischbach würde Himmelfahrt halten. „Und wenn nun der Heiland heute, jetzt unter uns träte, um uns sich nachzu holen", hob er an, „würde er Euch bereit finden?" Und von sich redend, fuhr er fort: „Würde auch ich bereit sein, ob wohl ich täglich in bußfertigem Gebet und Glauben mich meinem Herrn zu nahen gesucht habe? Würde ich —" wei ter kam er nicht. Denn da neigte er sich vornüber — sank leblos an der Stätte seines Wirkens nieder. Ein Schlag hatte seinem betagten Leben ein Ende gemacht. Tiefe Stille trat ein. Ein unbeschreiblicher Ausdruck malte sich in den Gesichtern der unten Sitzenden. Sie wa ren Zeuge gewesen, wie Gott seinen Diener heimgeholt ln dem Augenblick, als dieser von seiner Himmelsreise gespro chen, Zeuge, wie Gott selbst die Antwort gegeben auf die Frage des greisen Predigers, Zeuge, wie er Himmelfahrt gehalten am Tage der Himmelfahrt. Stumm erhoben sie sich in ihren Bänken, stumm gingen sie auseinander, heim in ihre Häuser. D i e Himmelfahrt hat keiner vergessen sein Lebenlang. Und wenn heute noch einer ist, der damals mit in den Reihen gesessen hat, der wird sich dessen erinnern. . Otto Flösset, Geschichtliche Wanderfahrten nach Kamenz und Stolpen 1. Kamenz. Cln Städtlein hängt am Berge, Hart drängt sich Haus an Haus. Der Turm von St. Marien Schaut weit ins Land hinaus. Wenn wir auf dem Lausitzer Landwege von Bischofswerda aus über die Sieben Berge nordwärts streben, dann erscheint uns etwa dort, wo sich der dichte Kiefernwald des Hennersdorfer Ber ges lichtet, erstmalig wieder eine größere Siedlung, das „Städt lein am Berge", die alt« Sechs- und Lessingstadt Kamenz, über ragt von dem schlanken Turm und dem mächtigen roten Ziegel dach« von St. Marien. Und unwillkürlich beschleunigt sich unser Schritt, um zu einer geschichtlichen Wanderfahrt durch di« alte Siedlung an der Schwarzen Elster zu kommen. Dazu hat der Kamenzer Stadtarchivar Dr. Gerhard Stephan ein liebens würdiges Büchlein geschrieben (Nr. 39 der „Geschichtlichen Wander fahrten" im Berlage von C. Heinrich-Dresden), das soeben erschie nen ist und uns alles Wissenswerte aus der Geschichte der Stadt, ihre Sehenswürdigkeiten und Schönheiten auf einwandfreier wis senschaftlicher Grundlage und mit 7 prächtigen Bildern vermittelt. Zuerst durchwandern wir die Altstadt und lernen ihre wechsel vollen Schicksale seit ihrer Gründung kennen. Dann führt uns Stephan über den Markt mit dem in italienischem Renaissance stil nachgoahmten Rathause und dem sehenswerten Andreasbrun- nen, den der große 1570 verstorbene Kamenzer Bürgermeister Dr. Andreas Günther seiner Heimatstadt geschenkt hat. Ein weiterer Abschnitt macht uns mit dem Wahrzeichen der Stadt bekannt, mit der Hauptkirche St. Marien. All die Kunstschütze, die das ehrwürdige alte Gotteshaus birgt, werden eingehend beschrie ben, darunter auch einige Grabsteine, so die von Gotthold Ephraim Lessings Großvater und seiner beiden Frauen, sowie der Eltern des Dichters. Dann durchwandern wir das Pulsnitzer und Königsbrücker Viertel mit ihren wenigen Sehenswürdig keiten und geschichtliche» Denkstätten. Viel ist ja nicht mehr erhal ten, denn der große verheerende Stadtbrand im Jahre 1842 hat sie vernichtet, darunter auch Lessings Geburtshaus, an das heute nur mehr eine Tafel im Lessinggüßchen erinnert. Weiter lernen wir die Wendische Kirche kennen, den Hauptbau des ehe maligen Franziskanerklosters und das weithin bekannte Forst - fest, das Kamenz alljährlich im August feiert, und „das in sol cher Form nicht seinesgleichen hat". Schließlich kommen wir zum -- - L e s singhaus, Has. 1931 geweiht würde ünd eine Pflegstätte des Geistes, der Kultur, Wissenschaft und Volksbildung sein soll und ist. Den Schluß bildet ein Gang durch die Neustadt und über den Hütberg, den „('.arten der Stadt", her alljährlich im Mai, wenn die zahllosen Azaleen und Rhodödendronsträücher blühen, Hunderte von Besuchern aus nah und fern anlockt. Und dann ha ben wir eine Stadl unserer Oberlausitz kennen gelernt, die durch die Jahrhunderte hindurch bis heute das geblieben ist, was sie im mer war, „eine reizvolle Kleinstadt inmitten einer herrlichen Umgebung". - 2. Stolpen. Gerade entgegengesetzt von unserer Stadt, südwestwärts, dort, wo sich an die alte Oberlausitz das Meißner Hochland, ehemals bischöflich meißnischer Besitz, anschließt, liegt eine andere geschich!« lich denkwürdige Stätte, Stüdälein und Burg Stolpen. Dorthin führt uns Dr. Hell m. Kretzschmar in einem wei teren Heftchen der bereits genannten Sammlung der „Geschicht lichen Wanderfahrten" (Nr 38). Ueber Stolpen und seine Ge schichte ist schon viel geschrieben worden, aber eine solche von be rufener Hand geschriebene Darstellung auf engem Raum besaßen wir bisher noch nicht. Ausgehend von der ersten Besiedlüng des Stolpener Landes, deren Geschichte zumeist noch in Dunkel ge hüllt ist, erleben wir hier das Werden eines festen Platzes unter den Meißner Bischöfen, denen das Land im Jahre 1006 König Heinrich H. geschenkt hatte. Genaueres erfahren wir erst durch die berühmte Oberlausitzer Grenzurkunde vom Jahre 1223 (1241), nach der das Land um Stolpen den Südwestteil des bischöflich meißnischen aber zum Milskagau (Obcrläusitz) gerechneten Burg- wards Godobi (Göda) bildete. Nun blühte Stolpen allmählich empor. Es wurde Verwaltungsmittelpunkt des gesegneten San« des um den Basaltfelsen. Die Dörfer vergrößerten sich, und neu« entstanden. Die Burg wurde mehr und mehr befestigt und aus« gebaut. In ihrem Schutze entstand weiter eine Vorstadt (suburbium), die um 1850 den Namen Stolpen annimmt. Dann kamen die Stürme der Reformation, die zusammen mit dem Lan desfürstentum das Krummstabregiment beseitigte, nachdem es fast 3>L Jahrhunderte geherrscht hatte. Im Jahre 1559 gingen Burg, Stadt und Amt Stolpen in den Besitz der Wettiner über (Kurfürst Vater August). Die Burg wurde nun mehrfach umgebaut und erweitert, die Befestigungen verstärkt und armiert und ein um fangreicher Baum- und Tiergarten angelegt. Doch ging di« Blüte zeit bald wieder zu Ende. Im Jahre 1608 begann man mit dem Brückenbau, der unter unsäglichen Mühen 1630 fertig wurde. Dann kam der 30jährige Krieg und verwüstete das Land. 1632 gelang es mit knapper Mühe und Not, die Burg vor völliger Zer störung durch F«uer zu bewahren. Nach dem Westfälischen Frie den zieht auch im Lande Stolpen der Friede ein. Di« Stadt wird wieder aufgebaut und die Burg instandgesetzt, weiter ausgebaut und eine ständige Besatzung zieht ein. Doch kommt es in deck folgenden Jahrzehnten zu keiner nennenswerten kriegerischen Ver wicklung um die Festung. Dafür beherbergen die Gewölbe der Burg zahlreiche Staatsgefangene, aber alle die „Namen der lan gen und bunten Reihe der auf dem Burgfelsen von Stolpen iit den Käfig gebannten Zugvögel des menschlichen Lebens, des Glau bens und der Politik sind verklungen und verweht, nur einer nicht, der der Gräsin Eosel." Die Darstellung der geschichtlichen Wahrheit über die sagenumwobene Frau gibt dem Heftchen einen besonderen Reiz. Dann sehen wir Stolpen im 7jährigen Kriege, der Stadt und Festung mit seinem Lärm erfüllt, aber wenig Scha den anrichtet. Wieder kehrt Ruhe ins Land und 1764 wurde Stol pen als Landesfestung aufgegeben. In den Befreiungskriegen zieht sich das Kriegsgewitter zwar noch einnuft über dem Stol pener Land zusammen und 1813 ging unser Bischofswerda in Flammen aus. Napoleon kam nach Stolpen und mit ihm die französische Armee, doch der Kriegslärm zog sich bald nach Westen, . nach Leipzig zusammen und der friedliche Alltag, angelehnt an den natürlichen Ablauf des ländlichen Jahres und an den beschei denen Gewerbe- und Handelsverkehr des Städtchens, gewann wieder die Oberhand." Dann hat das Städtchen mit der Burg nichts Bedeutendes mehr erlebt. Die Feste ist zur Ruine gewor den und damit zu einem Sammelpunkt aller Geschichts- und Heimatfreunde. Hans Naumann. Die blaublükige Schwertlilie (lris Sibirien) gehört in Sachsen schon zu den Pflanzen, die man in der freien Natur kaum noch antrifft. Die stolze Schönheit ihrer Blüte, die in ihrer Eigenart einzig ist, hat ihr die Verfolgung der Menschen gebracht. Gegen Ende Mai schon kann man, hat man Glück, die ersten blühenden Schwertel.- finden. Aus den Gärten ist sie wohl wie ihre Verwandten jedem Pflanzenfreund bekannt, so daß sich eine nähere Beschreibung erübrigt. Man muß sich wundern, daß man die schöne Pflanze so selten antrifft, da unsere heimische Art in jedem Boden fortkommt. Ihrer gänzlichen Ver nichtung ist dadurch ein Riegel vorgeschoben worden, daß man sie unter di« in Sachsen geschützten Pflanzen aufgenommen hat.