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'»»H» «, «Will ,otz »T 69L <k»q u>» jioqrq k»a s»il »,o ,,g Dvr v!c!)l>vN. 858 Halunken verlassen sich auf meine Gutmütigkeit und hallen mich sür einen alten Mummelgreis. Jedennoch, sie sollen nich glauben, daß ich sie nich tenn'. Und du sollst mal seh n, mein Jung', leimen tu' ich sie doch mal." „Und da tust du recht an, Förster, und das sag' ich," ent gegnete Kasper überzeugt und nickte dem Alten aufmun ternd zu. „Willst' nich 'n kleinen Klaren bei mir trinken?" „Ree, ich mag jetzt keinen. Adjö auch." „Adjö, Vadder Lotz." Kasper sah dem Alten kopfschüttelnd nach: „Mag kein' Klaren! Dennso must ihm die Forstverwaltung doch böse einen gepult haben. Was kann Lotz' Vadder dafür, daß er nich mehr recht gucken kann und auch nich mehr laufen? Die sollten Nachsicht haben mit dem alten Mann. Tschä, hm, kann man da was an machen? Nichts kann man da an machen " Nachdenklich und langsamen Schrittes ging Kasper Not holt ins Haus und holte aus seinem Bette eine Kugelbüchse, die er sich eingehend betrachtete. Hieraus machte er noch einen Gang zu seinen Mast kälbern aus der Poggenwisch, die in der Nähe des großen Staatsforstes Reiherholz lag. Zurückgekehrt, schloß er die Türen, was letzthin Mode geworden war, und gleich dar auf erlosch das Licht im Hause. Es war Nacht; kein Stern ließ sich sehen. Der Mond stand im letzten Achtel und gab nur ein sehr spärliches Licht her, just so viel, daß man nicht von Stockfinsternis sprechen konnte; dazu fistelte ein feiner Nebelregen vom Himmel. Aus einem Hinterfenster von Notholts Hause stieg ein Mann; vorsichtig hielt er sich im Dunkel des Gebäudes, bis er, durch ein Heckentor tretend, auf einem kleinen Landwege stand, der zum Reiherholz führte. „Man hat das nicht leicht," murmelte er vor sich hin. „Wenn wo anders mal einer Lust hat, denn geht er in'r Dämmerung, morgens oder abends einfach hin, aber das soll mal einer hier probieren, den wollten sie bald. Na, es muß auch so gehen, man bloß, man muß die Gegend und die Wechsel und die Rehböcke noch was bester kennen, als wo anders, wenn man sie vor die Büchse kriegen will bei der Düsternis." Kasper befand sich im Schatten eines Walles und gi,ng sorglos seines Weges. Das Rohr seiner Büchse hatte er unter der Weste und den abgeschraubten Kolben in der Rocktasche. So war er bis zu der Stelle gelangt, wo der Pfad eine Biegung macht und dann direkt auf den großen, stattlichen Wald zuläust. Eben wollte er um die Ecke biegen, als er einen Lustsprung tat; im nächsten Augenblick lag er lang ausgestreckt in dem schlammigen Graben. Zwei Minuten später trottete der Förster vorbei und hinter ihm sein Hund Pluto, der noch lahmer und noch kurz sichtiger war, als sein Herr. Der Alte schien doch etwas von dem Geräusch gehört zu haben, das Kasper nicht hatte vermeiden können, denn er blieb häufig stehen und blickte sich um. „Wenn der nicht ein bißchen fix macht," so fluchte der Bauer in sich hinein, „dann komm' ich aus dem zähen Dreck gar nicht allein wieder 'raus und muß ihn am Ende noch selbst anrufen." Aber schließlich verschwand die lange Gestalt des Försters in der Dunkelheit und Kasper krabbelte sich behutsam empor. Eine Viertelstunde blieb er beobachtend und wischend auf dem Grabenrande fitzen, bereit, auf das erste verdächtige Zeichen abermals in dem Morast unterzutauchen. Doch nichts rührte sich. Da setzte Kasper Notholt seinen Weg fort, aber weil es kalt war und weil er im Schlamm seine Flasche Klaren verloren hatte, kamen ihm nun einige nroralische Bedenken, die indessen nicht stark genug waren, ihn zum Aufgeben seines Vorhabens zu veranlassen. „Ach was," dachte er und wies entschlossen die sentimen talen Regungen von sich. „Notwehr ist das, die Rehe fressen uns sonst all das Korn weg. Großvater Notholt hat das auch immer gesagt, und der muß das wissen, denn der hat in seiner Jugend selbst mal einen Bock auf sein' Vater seinen Acker gesehen. Und wenn Großvater auch dabei sagt, daß er sich verguckt haben kann, weil das Holz so weit weg is von dem Acker, so ist er doch ein alter, kluger Mann, dem man glauben must" Mit solchen Gedanken war Kasper endlich beim Walde angelangt, die Örtlichkeit hier war ihm so vertraut, daß er sich auch in der verstärkten Dunkelheit mühelos zurechtfand. Plötzlich blieb er stehen, ihm fiel der alte Förster ein. „Vadder Lotz hätte nu so gern heut' abend einen ertappt," meinte er und lachte über das ganze Gesicht, „eigentlich kann er ein' jammern, der alte Mann," fuhr er in seiner Be trachtung fort, „aber was soll einer dabei tun?" Von nun an war Kasper Notholt ganz Jäger. Kein Mensch hätte dem scheinbar so schwerfälligen Bauern so ge schmeidige Bewegungen zugetraut. Wie er von Baum zu Baum schlich und auf die Sprache des Waldes lauschte, wie er jede Bewegung des Gezweiges sorgfältig beachtete, glich er einem jener amerikanischen Pfadfinder, denen hinter jedem Busch und jedem Stein der Tod auflauerte. Die Dunkelheit war inzwischen noch größer geworden, so daß sogar Kasper Mühe hatte, sich zu orientieren. Doch dort war die kleine Wiese, im Volksmunde die Wunderwiese ge nannt, ein Hauptäsungsplatz des Wildes , das wohl jede Nacht in einigen Stücken hier durchwechselte, zumal sich auf der Wiese zur Winterszeit Salzlecken befanden, wodurch sich die Tiere noch mehr dorthin gewöhnten. Kaum atmend stand der Bauer hinter einer dicken Buche. Wohl eine Stunde verharrte er regungslos, jede Muskel ge spannt, jeder Nerv in Tätigkeit. Endlich, dort erhob sich ein starker Bock, der offenbar, vom Jäger unbemerkt, im Grase gelegen hatte. Der großen Dunkelheit wegen, die oft täuscht, war er nicht sehr deutlich zu erkennen, doch dem Ge weih nach mußte es ein tüchtiger Kerl sein. Er schien sich jetzt umzusehen. Kasper hob die Büchse, das Herz klopfte ihm zum Zerspringen. Der Schuß krachte. Mit einem eigentümlichen Satz brach das Tier im Feuer zusammen. Wie der Blitz war Kasper zur Stelle und bückte sich zu seiner Beute nieder, doch ebenso schnell kam er wieder hoch, faßte sich an den Kopf, sagte sämtliche ortsüblichen Flüche mit steigender Leidenschaft her und ging dann langsam wieder nach Hause. Am nächsten Morgen erschien Vadder Lotz auf Notholts Hof. — „Kasper," sagte er, und herzliches Mitleid lag in seinen Mienen, „es tut mir leid um dich, aber nq bist du Lurch die verflixten Aasjäger auch zu Schaden gekommen. Tins von deinen schönen halbjährigen Kälbern ist aus. der Poggenwisch ausgebrochen in das Reiherholz, und das haben die Satansbraten totgeschosten." „So ?" Weiter brachte Kasper nichts hervor, denn es würgte ihm in der Kehle. Der alte Förster nickte und schmunzelte dabei ganz eigen artig. „Ja, aber was ich nicht verstehen kann: Die Bande hat dem Kalb so ein paar Äste auf den Hopf gebunden. Was das heißen soll, da muß ich noch immer über nach denken. Weißt du das vielleicht, Kasper Notholt?"