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-ct Sonnabend, « Dezember IV V. Veit tiir Svav »dl«mlr Nr 288. vierter Zahrganfi. 5luer Tageblatt und Anzeige» kür das Erzgebirge t)«r<mt»»«uich-r Redattcur sein kinidoia. di» Znter.ite veiaiitworiliÄ Rsiier lirsu». Leide in A»c i. Lrzgel-, mtt der wöchentlichen UnterhaltungsbeUage: Illustriertes Lonntagsblatt Sprechstunde der Redaktto» mit Ausnahme der Sonntag« nachmittag» von «—5 Uhr. — Lelegramm-Adreffe: Tageblatt An« - Fernsprecher Für unverlangt «ingesandte Manuskripte kann GewLhr nicht geleistet werden. 7i'rct urc> i. )!rtL «i. St? '!tt> ft m. d. ). in Aue i. Jezugrprei,: Durch unser« Boten frei in» Hau, monatlich ro pfg. Bei der Geschäftsstelle abgeholt monatlich fi» ptg. ond wöchentlich ,o pfg. — Bei der Post bestellt ond selbst abgeholt vierteljährlich ,.»o Mk. — Durch p»n Briefträger frei in» Hau» vierteliährltch 1.92 Mk. — Einzeln» Nummer <o pfg. — Deutscher Postzeitungs katalog. — Erscheint täglich in den Mittagsstunden, mit Ausnahm« von Sonn- und Leiertagen. Annahme von Anzeigen bis spätestens 9'/, Uhr vonnittags. LSr Aufnahme von glitzeren Anzeigen an bestimmt« Stellen kann nur dann gebürgt werden, wenn sie am Tage vorher bei uns elngehen. Inferttonsprris: Di« fiebengespalten« Aorpuszeile oder deren Raum >0 pfg., Reklamen r» pfg. Bet größeren Aufträgen entsprechender Rabatt. Diese Nummer umfaßt 21 Teilen (Hierzu das achtscitige Jllustr. Sonntagsblatt.) DM Wichtigste MM Lage. kebcr lOOO Sticker in Plauen haben den s 0 f 0 rlige« Streik beschlossen. * Die Zweite sächsische Kammer nbecwics gi steril das Dekret über Abänderungen der Pensionsge setze f tir e v a n g e l i s ch - l u t h e r i s ch e G eift l i ch e der Finanzdcputation (Z. Landtagebericht.) » I» einer in Dresden abgehaltenen Besprechung erklären sich sächsische Industrielle aller Branchen gegen den portugiesischen Handelsvertrag. * Der Reichstag setzte gestern die Etatsdebatten fort. Reichskanzler von B e 1 h m a n n H 0 l l w e g und Staats sekretär Fih von Schoen sprachen über Fragen der auswärtigen Politik. (S. Reichstagsbericht.) » JndenoereinigtenStaaten machen sich B e st r e b un gen zur Revision des neuen Zolltarifs geltend. * Die Antwortnote derSchutzmächte der Insel Kreta, die dem türkischen Botschafter in Peters burg niitgcteilt worden ist, erklärt, der gegenwärtige Zustand auf der Insel müsse vorläufig aufrecht erhalten bleiben. Eine konservative Weihuachtsempfehluug. ^0? Vor Weihnachten empfehlen sich regsame Geschäftsleute dem geehrten Pulblikum. An diese Gepflogenheit scheint der Ee- schäftsführende Ausschuß des konservativen Landesvereins ge dacht zu haben, als er im Anschluß an die Auseinandersetzungen in der zweiten Kammer eine Erklärung verfertigte gegen die angeblich von liberaler Seite versuchte Einführung einer par lamentarischen Herrschaft. Ritterlich stellt sich der Eeschästsführende Ausschuß vor die Stufen des Thrones, um das Recht der Krone auf die freie Entschließung bei der Berufung und Entlassung der Minister zu schützen. Wie es scheint, find einige scharfe Bemerkungen der Presse über das Auftreten des Herrn von Rüger der willkommene Anlaß zu dieser staatsrelte- rischen Aktion gewesen. Ob der Finanzminister sonderlich er baut sein wird von diesem Eifer? Wir haben Grund daran zu zweifeln. Ihm wäre cs wohl am liebsten gewesen, wenn sich die erregten Gemüter bald wieder besänftigt hätten. Aber es scheint wirklich, daß man sich im konservativen Lager mit der Hoffnung auf einen nahen Umschwung trägt und nichts Unterlasten will, was erwünschte Ereignisse beschleunigen könnte. Es mag ja für die konservativen Herren schwer sein, sich in den Verlust der seitherigen Machtstellung hineinzufinden. Aber wie sehr täuschen sie sich über die Stimmung im Lande, wenn sie meinen, das sächsische Volk durch ihre Warnungen vor den bösen Gelüsten der Liberalen umstimmen zu können. Ihr Material ist gar zu dürftig. Maßgebend für die Beurtei lung der Haltung der nationalliberalen Partei ist doch wohl zunächst der Inhalt der von Len Abg. Bauer, Hettner und Lang Hammer gehaltenen Etatsreden. Es wird vergeblich sein, darin die Beweise zu suchen für gefährliche, die Kronrechte berührende Absichten. Nichts ist bezeichnender als daß die beiden Minister, die sich auf parteipolitische Auseinandersetzungen ein ließen, ihre Aeußerungen hinterher im ab schwächenden Sinne berichtigten. Also müssen sie doch wohl selbst die Wir kung dieser Aeußerungen bedauert halben. Was soll also der Lärmruf der konservativen Führerschaft? Sind ihr einige Fälle fortgeschwommen? Aber auch, wenn wir annehmen, daß wirkliche Befürch tungen vor einer Gefahr für Krone und Staat zu diesem Warn ruf drängten, kann die Erklärung des Eeschästsführenden Aus schusses nicht groß imponieren. Außer dem Kronrecht gibt es auch ein Recht des Parlaments. Wenn die sächsische Kammer die Entlassung eines Ministers verlangen würde, so wäre das durchaus kein Staatsverbrechen. Die Entscheidung liegt ja doch in der Hand des Königs. Waren es im Fahre 1902 nicht die Konservativen, die den Abgang des Vorgängers des Herrn von Rüger, des Herrn von Watzdorf, erzwan gen? Warum war dies denn damals kein Vergehen gegen die Rechte der Krone? Ueberhaupt das Ministerstürzen! Die Ent lassung des Reichskanzlers Bülow ist zwar von den Konserva tiven im Reichstag nicht gefordert worden, aber sein eige nes Zeugnis ist bereits der Geschichte einoerleibt: Sie haben ihn gestürzt. Das ist eben der Vorzug konkreten Denkens bei den Konservativen; wenn ihnen ein Minister nicht genehm ist, so beseitigen sie ihn; fällt ein Minister den Liberalen auf die Nerven, so genügt schon ihr Murren, um sie der Rebellion verdächtig zu machen. Dann winken die jeweiligen Regisseure des Ritterstückes aus den Kulissen und — alle Mannen rasseln mit Schildern und Speeren. Es wird diesmal beim Rasteln bleiben, und kein Kind wird darob erschrecken im Königreich Sachsen. Der zweite Tag der E utsberaturrg. Aus der Reichstagsfitzung vom 10. Dezember V An diesem zweiten Tag der Etatsberatung wird di« Aussprache durch Dr. Wirmer eröffnet. Er sammelt sorgfältig und von seiner Hand sein Material und übersieht so leicht nicht etwas, was zur Unterstützung seiner Auffastungen dienen könnte. Er bringt in der Kritik unserer inneren Politik im Reich wie in Preußen manches Gute, auch manches Schlagende vor. In der Beurteilung der auswärtigen Lage berührt er sich dabet mehrfach mit Bastermanns Ausführungen. Wie er überhaupt zum Beschluß sehr freundliche und sympathische Worte Uber das Verhältnis zu den Nationalliberalen findet, mit denen der Freisinn gern gute Beziehungen zu pflegen vorhabe, ohne sich mit ihnen doch verschmelzen zu wollen. Dann erhebt sich der Reichskanzler zum anderen Male. Er hätte nicht auf die Natio nalliberalen, hätte überhaupt auf keine bestimmte Partei anspie len wollen. Denn er beabsichtige ja, die Parteien zu versöhnen und würde sich schon um deswillen hüten, Wendungen zu ge brauchen, die — er sähe in diesen Dingen klar — neue Verbit terung wecken müßten. Was Herr v. Bethmann dann noch über unsere auswärtigen Beziehungen sagt, ist weniger angenehm; ist zum mindesten zu aphoristisch. Allzu farblos bleiben die Darlegungen über die Neugestaltung unseres Verhältnisses zu England. Von Italien seien befriedigende Erklärungen einge laufen; von Rußland nicht minder. Indes berührt es doch sympathisch, daß der Kanzler Oesterreich-Ungarn ausdrücklich eine Sonderstellung zuweist und die dreisten Zuchtlosigkeiten der germanophoben russischen Presse mit mildem T<ü>«l verweist. Sympathisch auch, daß Herr v. Bethmann Hollweg in diesem Zusammenhang sich der heimischen Presse als eines notwendigen und unentbehrlichen Bundesgenossen erinnert und sie aufruft, ohne Nervosität und in der kühlen Reserve, die das Bewußtsein eige ner Kraft verleiht, an der Ordnung oder richtiger: an der Aus gestaltung unserer auswärtigen Beziehungen mitzuarbeiten. Herr v. Schoen erläutert daraus, die Behauptung der Thronrede, daß wir in Marokko durchaus mit Frankreich konform gingen, mit der Verlesung von allerlei Aktenstücken. Aus denen immer hin wohl so viel hervorgeht, daß die Gebrüder Mannesmann auf eine unbedingte Verteidigung ihrer Ansprüche nicht zu rechnen haben. Der Rest sind Herr Scheidemann, der Sozialdemokrat, Die chinesische Base. Humoreske von Käthe Helmar. Ich verstehe wirklich nicht, Susi, wie du nur einen Augen blick daran zweifeln kannst, daß ich im Rechte bin. — Professor Schramm saß in seiner Veranda am Kaffeetisch. Er rührte ner vös mit dem Löffel in der Tasse herum und sah ärgerlich zu seiner Tochter hin, die ihm gegenüber in einem Korbsessel lehnte. — »Fetzt haben wir glücklich die Schererei mit dem Umzug hin ter uns; begann der alte Herr wieder, wir bewohnen die Villa ganz allein, begegnen auf der Treppe keiner bulldoggigen Wir tin mehr und sind von den Launen des Portiers unabhängig. Dafür hat man mit dem lieben Nachbar Krwkehl. — Aber hat er denn mit dir gezankt, Papa? fragte Susi harmlos. Der neu gebackene Villenbesitzer fuhr wütend auf. Ob er zankt, ist mir ganz egal. — Mir war es, als ob du gesagt hättest . . . Liebe Susi, deine selige Mutter war ein famoses Frauenzimmer, aber Logik war ihr ganz unzugänglich. GZ tut mir leid, daß ich bei dir dasselbe konstatieren muß. Ich sagte: jetzt beginnt der Kra- kehl mit dem Nachbar, — und dabei bleibe ich. — Du glaubst also nicht, daß er das Recht hat, sein Haus runterzureißen und einen Neubau zu errichten? — Jedenfalls bin ich nach der Villa nicht hergezogen, um auf dem Balkon Staub zu atmen und den ganzen Tag das Hämmern vom Nachbar zu hären. Dazu das Geschimpfe von den Arbeitern und die Unruhe. Ich sehne mich wirklich nach der alten Wohnung zurück. Das kannst du mir glauben. — Und die vier Jungen», die über uns trampelten! Und die Lehrerin, die neben uns Eesangstunde gab? — Paradie sische Zustände gegen jetzt! Aber da kommt ja Richard Helbing Uber die Straße. Will der zu uns? Sieh mal, er bleibt auch beim Nachbargrundstück stehen und spricht mit den Arbeitern. Der wird sich schön wundern, wenn er sieht, was uns bcvorfteht. . Susi drückt« an dem Knopf, d«r di« Eingangstür öffnrt«. Der funktioni«rt noch nicht. St« stand schnell auf und öffnete den« Gast selbst die Tür. Papa tobt, flüsterte sie Richard zu, während sie die Treppen zur Veranda hinaufgingen: FH glaube nicht, daß heute der geeignete Tag ist. Der Professor erhob sich, um seinen jungen Freund zu begrüßen: Guten Tag, Herr Helbing. Trinken Sie eine Tasse Kaffee mit uns? Susi, reich mal den Zucker rüber. Eß ist mir sehr lieb, daß Sie kommen. Sie als Baumeister können mir da einen Tip geben. — Helbing griff nach dem Kuchen: Der sieht ja delikat aus. Gewiß wieder ein Werk von Ihnen, Fräulein Susi. Dabei blickte er zärtlich zu ihr hin und benützte die Gelegenheit, um ihr dankbar die Hand zu küssen. — Ja, Kuchen backen versteht sie. Aber sonst ... Der Professor zuckte mitleidig die Achseln mit der Nachsicht, die Gelehrte tum schwächeren Geschlecht geg.nüber hin und wieder zeigen. — Papa fühlt sich heute ganz unverstanden, gab Susi zu. Vielleicht können Sie sich besser mit ihm einigen als ich — Sie guckte pfiffig mit ihren lachenden blauen Augen den Bau meister an. — Sie haben doch die Bischerung nebenan gesehen, Herr Helbing. Was sagen Sie dazu? — Das Haus wird ab gerissen. — Stimmt. Dazu gehören «seine besonders guten Augen. Aber was soll ich dabei tun? Ich spreche doch hier von mir, verehrter Herr! — Ach so. — Na ja, begreifen Sie denn nicht? Der Professor wurde immer gereizter: Sie denken wohl, daß ich deshalb die Villa gekauft Hache, um ein Jahr lang täglich von früh um sechs ab nebenan hämmern zu hören? Das gerade nicht. — Die Sache scheint Sie nicht sehr zu inte ressieren. — O, sehr! Denn sehen Sie, Herr Professor, ich habe ja die Pläne zum Neubau ausgearbeitet. Die Leitung des Baues nebenan ist mir übertragen worden — Sie? Hinter meinem Rücken Haden Eie .... Wo Sie wissen, daß ich hierhergezagen bin, um Ruhe zu haben? Was fällt Ihnen denn ein? — Papa! Das war doch längst abgemacht, als wir vor einem halben Jahre da» Hau» kauften. — So, und das hast du mir ver schwiegen! Du läßt mich ruhig hcrziehen und wußtest, daß nebenan gebaut wird. — Da» konnte uns ja überall passieren. — Uebrtgen», woher wußtest du das? — Weil niir es der Bau meister gesagt hat. — Und warum hat «r mir e» nicht eesagt? Der Professor war aufgestanden, ging eine Weile auf und ab und blieb dann vor seinem East st.hen. Helbing sah ver legen auf den Tisch und kratzte mit dem Lössel auf seinem Tel ler die Kuchenkrümel zusammen. Es ist mir sehr peinlich, Herr Professor. Ich dachte nicht, daß Sie das so aufregen würde. Ich sagte es auch Fräulein Susi bloß, weil ich hoffte, wir würden uns ost sehen und dann vielleicht . . . Also an mich und meine Arbeiten Haden Sie nicht gedacht. Na, dann bin ich ja auch überflüssig! Adieu! — Der Professor ging in sein Zimmer, knallte die Tür zu, schloß geräuschvoll die Fenster und li-tz die beiden allein. Er saß schon eine Weile an seinem Schreibtisch und las die Zeitung, als er plötzlich einen Krach im Nebenzim mer vernahm; dann fiel etwas auf den Fußboden und zerbrech; er hörte die Scherben klirren. Rasch erhob er sich und öffnete die Tür. Eine große Vase war von dem Wandbrett gefallen und lag zerbrochen am Boden. Susi suchte kniend die Scherben auf. Was hast du denn wieder kaput gemacht, Kind? Natürlich die größte chinesische Vase. Wozu wischst du denn da oben Staub, wenn ich fragen darf? — Erstens wisch ich keinen Staub, da- - für ist der Vakuum da! entgegnete die Haustochter beleidigt: Und zweitens weißt du ja gar nicht, ob ich die Vase herunter geworfen habe. — Kenn ich. — Der Professor nickte spöttisch mit dem Kopf: Kenn ich! Die Sachen fallen immer von selber. — Nein. Papa. Susi stampfte zornig auf. 'Nicht von selber. Vom Abbruch nebenan haben sie irgend was an die Wand ge worfen. Davon ist die Vase runtergefallen. Tu mußt doch den Krach gehört haben, klebrigen» hast du ja selber gesagt, sie ist nichts wert. Und einen Sprung hat sie auch schon gehabt. — Einen Sprung haben alle Sachen bei deiner gütigen Nachhilfe bekommen. Aber wenn wirklich von drüben was so heftig an die Wand geschleudert worden ist, muß mir natürlich Ersatz ge« , leistet werden. Wann hab ich denn angeblich gesagt, daß sie nicht» mehr wert ist? — Immer. — So, mein Kind? Da» «ar die auf dem anderen Brett. Du wirst doch nie chinesisches Por- , zellan und schlechte Imitation unterscheiden können! — Ach, rtef Susi ganz blaß, dann war «» di« falsch«. Ich wiedrrhole dir, 1