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Donnerstag, St. Oktober IMS Rr. 245. vierter Jahrgang Veit Nir 38V0 »Unt» vin«i«I en und Anzeiger Ur das Erzgebirge U8S mit der wöchentlichen Unterhaltungsbeilage: Illustriertes Lonntagsblatt. ten Diese Numrner umfaßt 6 Seiten. L ictit - 4 citose bsbn- it, kür iiberr l. erbost darüber, daßBayernes wagt, den Auslieferungs vertrag mit Rußland zu kündigen, noch dazu angesichts der bevorstehenden Zarenreise. Mag auch die Begegnung zwi schen Kaiser Nikolaus und König Viktor Emanuel an und für sich ein Höflichkeitsakt sein, so wird die Zusammenkunft viel leicht doch nicht ohne Folgen für die internationale Politik bleiben. VBei der Eröffnung des ö st erreichischen Abgeord netenhauses haben dieTschechen wieder mit Skan- dalszenen begonnen. Rach einem Telegramm ausSofia ist König Ferdinand ernst erkrankt. Im Reichsamte de? Innern fand eine Konferenz deutscher Baun» Wollinteressenten statt. in Hand zusammengehen. Es liegt aus der Hand, daß die fran zösische Volksstimmung nicht ohne Einfluß auf die Beziehungen zwischen Spanien bleiben wird. Denn es wiirve dem fran zösischen Kabinett aus die Dauer schwerlich möglich sein, gegen die Volksstimmung seine Politik «inzurichten. Ts würde einen derartigen Versuch schließlich mit seinem Rücktritt büßen müssen. Es läßt sich daher denken, wie wenig erbaut das Kabi nett von den Demonstrationen ist, die es aber zu verhindern nicht in der Lage ist. Auch in England ist man augenblicklich gegen Spanien gesinnt, trotzHem man bisher gern dieses Land zum Vorspann für die englischen Pläne genommen hatte. Mai» wird vielleicht doch mit der Tatsache rechnen müssen, daß Frank reich und England sich von Spanien abkehren. Einmal wegen dessen augenblicklicher Marokkopolitik, die man sowieso schon seit längerer Zeit mit scheelen Augen betrachtet, dann aber auch wegen der im Innern zu erwartenden Verhältnisse, da jetzt eine noch schärfere revolutionäre Bewegung ein setzen dürfte In gewisser Hinsicht haben die" Dinge in Spanien große Achnlichkeit mit den Verhältnissen in Rußland, dessen Be herrscher sich am Dienstag aufgemacht hat, um einen anderen romanischen Staat zu besuchen. Bezeichnend ist es, daß über die Reiseroute, die k>er Zar einschlagen wird, die verschiedenste»» Nachrichten lanciert werden. Nur das eine steht fest, daß der Weg über Deutschland genommen wird, weil bekannter maßen sich der Zar bei uns stets am sichersten fühlt. Nur mit Zittern und Zagen geht der Zar nach Italien und man ist mehr wie einmal daran gewesen, die Begognung mit dem Könige Viktor Emanuel zu verschieben aus Furcht vor etwaigen anarchistischen Attentaten. Schließlich scheint man sich aber doch «bequemt zu haben, weil das Verhalten des Zaren einer Unhöflichkeit nahegekommen wäre. Ueberdies liegt es im Interesse der russischen Politik, wegen des Balkans eine Verständigung herbeizuführen und das dürfte wohl de: Hauptzweck der Reise sein, zumal Iswolski sich im Ec* folge lies Zaren befindet. Auch dürfte man sich in Rußland ans dem Grunde beeilen, weil man in Italien noch den Rahm von der Sahne abschöpfen möchte, bevor der neue deutsche Reichskanzler äuf italienischem Boden seinen Antrittsbe such gemacht und sich mit den dortigen leitenden Stelle»» ver ständigt hat. Man hofft wahrscheinlich, Italien noch mehr aus die Seite des Zweibundes hinüberzuziehen, ein Vorgehen, das den lebhaftesten Beifall der russischen Presse finden würde, da man das vor einigen Monaten erfolgte Einschwenken in freundschaftlichere Vanhen gegenüber Deutschland sehr un willig ausgenommen hat. Mußte doch der Zwischenfall von CharLin dazu dienen, mit einem wüsten Geheul über die Deutschen herzufallen. Ebenso ist man jetzt an der Newa Der Termin der Stichwahlen für die sächsischen Land tagswahlen ist auf den 2. November angesetzt worden. ltten Erd kern , im »lall! Druck und Verlag vri« >. 0erIi«'-«"Nl»a>»d m. k>. st. in Aue i. Erzgeb. Sprechstunde der Redaktion mit Ausnahme der Sonntag» nachmittag» von r Ahr. -— Telegramm-Adresse: Tageblatt Au«, — Fernsprecher Für unverlangt «ingesandt» Manustripi« kann Gewähr nicht geleistet werden. , und aner- einer AUNg ». 6ie Askanierburg, erhebt, ferner Schloß Bieden, wo beute das Forst haus des SeedorsS Altenhof uegt, und endlich Schloß Grimnitz zwischen dein Werbellin und Grimiitzsec. Hier in Schloß Grim nitz weilte ain liebsten der ebenso kriegerische als sangeSlustige Markgraf Otto IV. (mit dem Pieile». Hier jagte und liebte er. In der Mancsisch'n H.mdschlift finden wir ein Bild des edlen Minnesängers, wie er auf gvldschinunerndem Schiff über dem Werbcllin gleitet unter dem purpurnen Zeltdach mit der Geliebten seines Herzens, Heilung von Holstein, scherzend über das Schach spiel gebeugt. Die Schlösser Beeden und Werbelin» sah.n meist nur den Markgrafen Waldemar in ihren Mauern Hof halten, und manche wichtigen Urkunden sind hier ausgestellt worden. Die Burgen Ottos IV. und Waldemars sind dahin, nur von Grimnitz haben sich noch kümmerliche Reste erhallen. Doch dem Jagd grunde rings uin den Werbellin sind die Hohcnzollern bis heute treu geblieben. Die Heide hat sich hier noch in ihrer ganzen Ur sprünglichkeit erhalten. Hier besteht noch der alte märkische Wald mit seinen Riesrnbäumen und seinem undurchdringlichen Dickicht. Das Ia chschlon Hubeuusswck selbst, welches hier Friedrich Wil helm IV. in einfachem Stiel erbaut hat, ist kein prangendes Schmuckstück, >s bieicr keine Räumlichkeiten für lärmende Festlich keiten — im Gegrnreil, es ist ein schlichter Besitz, und manche Untertanen des Kaisers nennen Jagdschlösse! ihr eigen, gegen die das Iagdsch oß Hudertusstock, was äußere Ausstattung betrifft, verschwinden müßte. Ader das Jagdschloß ist eingehüllt in die träumerische Schönheit der Mark. Grünsamtne Rasenflächen um geben da» Schlößchen und oielhundertjährige. Eichen spenden Schatten. Die nicht sehr großen Zimmer sind einfach, aber äußerst geschmackvoll einge ichtct. Jagdbeuten und Jagdbilder hängen an den Wänden, Der größte 'Raum, welcher »ich durch «inen be sonders schönen Kamin, der zwei Porzellan-Wildschweine au» der Königlichen Manufaktur als Schmuck zeigt, ist da« Speisezimmer. Wenn der Kaiser zur Birscb im Jagdschlösse weilt, bewohnt jeder Herr seine« Gefolges nur ein Zimmer, da« zugleich al« Wohn- verantwortlicher Redakteur: strit, Knibslä. Für bi» Inserate verantwortlich: Walter Kran». Seide in Aue i. Lrzgeb. und Schlafgemach dient, s>a nicht allzu viele Räume vorhanden sind. Die Außenwände des Schlosses sind mit Hirschgeweihen bedeckt, und da kein weiterer Platz mehr für diese charakteristischen Merkzeichen vorhanden ist, sind einzelne bereits an dem Kastellan hause angebracht. Ein ähnliches günstiges Jagdterrain liegt im Südosten Ber lins zwilchen Spree und der, eine ganze Kette von Seen bildenden Dahme. Das Hauptquartier dieser wildreichen Gegend, welche steten Ersatz aus dem Spreewald erhielt, war Königswusterhausen. Die alle den Wenden abgenommene Burg Wusterhausen war bi« 1370 markgräflich und ging dann in andere Hände über. Im Jahre 1663 kaufte sie der Kurprinz Friedrich zurück, welcher sie 1693 seinem Sohne, dem späteren König Wilhelm I. schenkte. Al» dieser den Thron seiner Väter bestieg, legte er dem ihm liebge wordenen Jagschloß den Namen Königswusterhausen bei. Der König blieb seiner Neigung für den Ort treu und hielt jährlich zur Jagdzeit, gewöhnlich von Mitte August bis Mitte Oktober, in Königswusterhausen Hof. Die knapp denn ff. neu Räumlichkeiten des kleinen Schlößchens legten dem Gefolge, namentlich den Damen, manche unbequeme Einschränkung auf. So mußte unter anderem stets in einein großen türkischen Zelt, welches bei unfreundlichem Wetter nur geringen Schutz gewährte, diniert werden. Allerdings ging es dafür auch ziemlich lustig und ungezivungen im Jagdlager her, und mancher kräftige Jagdspaß wurde in Szene gesetzt. Die höchste Zieroe de« Schlaffes war ver von dem Kurfürsten Fried rich IN. im September l696 im Neubrücker Revier geschossene 66 Ender, welchen Friedrich Wilhelm 1. August dem Starken von Sachsen für eine Kompanie großer Grenadier« überließ. Der be rühmte 66-Ender ging nach Moritzburg, wurde aber später durch eine wohlgelungene Kopie ersetzt. Nach dem Tode Friedrich Wil- Helms 1. verwaiste das Jagdschloß und wurde erst von Kaiser Wilhelm I. wieder restauriert. Was aus den Kriegsjahren und der Zeit der Unruhe gerettet wurde, ist zu einem aparten histori schen Bilde vereint und ergänzt worden. Das erste Stockwerk rbe mit Das Wichtigste vom Tage. Fürst und Fürstin Bülow nahmen gestern auf Einla dung des Kaisers am Frühstück im Neuen Palais teil. Die internationale Lage. Zwei Ereignisse stehen augenblicklich im Vordergründe des politischen Interesses. Einmal die Affäre Ferrer und dann die »t a l» e n i s ch c> Z a r e n r e i s e. Beide Ereignisse sind vielleicht nicht ohne Einfluß aus die Gestaltung der internatio nalen Konstellation. Aus Anlaß der standrechtlichen Erschie ßung Jerrers machen sich fast in ganz Europa Kundgebungen bemerkbar, die aus das deutliche Zeichen, von welcher Gesinnung man gegenüber der jetzigen spanischen Regierung beseelt ist. Am schärfsten kommt dies in Frankreich zum Ausdruck, wo die Straßendemonstrationen in Paris und anderen Orten einen enormen Umfang angenommen haben und wo eine tiefgehende , Erbitterung als Folgeerscheinung zu verzeichnen ist, Daß diese ' Erregung gerade jenseits der Vogesen einen so hohen Grad an genommen hat, ist aber begreiflich, wenn man die engen Be ziehungen beider Länder auf politischem und namentlich ^wirtschaftlichem Gebiete beachtet. Kein Land ist mit Spanien so eng liiert wie Frankreich. Mai» war beinahe gewohnt, Spanien als ein Apendix Frank reichs resp. des Zweibundes zu betrachten und namentlich »n Marokko sah man die beiden bisher stets brüderlich Hand Politische Tagesschau. - Aue, 21. Oktober. * Die Folgen des Falles Schack. Die Handelswacht, die Zeitschrift des Deutschnationalen Handlungsgehilfenverbandes, erklärt jetzt, daß allein im Monat September 8600 Kün digungen der Mitgliedschaft infolge der Schack- asfäre eingelaufen sind, wodurch der Verein allein in diesem Monat 6?4 Prozent seiner gesamten Mitglieder verloren hat. Dabei sind gewohnheitsmäßige Abgänge, die durch die üsblichen Streichungen erfolgt sind, noch gar nicht mit eingerechnet,, * Die Erfolge der deutschen Ansiedler in der Ostmark. Welche Fortschritte in der Ostmark durch die Ansiedelungs politik erzielt werden, läßt sich an den» Beispiel des Gnesener Kreises erkennen. Der Grundstücksbesit; der Ansiedlungs kommission beziffert sich jetzt auf 85 000 Morgen, d. s. etwa 38 v. H. der Gesamtfläche des Kreises. Der im Privatbesitz befindliche Boden des lkreises verteilt sich zu gleichen Teilen auf Deutsche und Polen. Vor Erlaß des Ansiedelungsgesetzes wohnten im Kreise Gnesen 10100 Deutsche und 30400 Polen. Bei der letzten Volkszählung wurden dagegen 17 S00 deutsche und 34 400 polnische Seelen gezählt. Der Kreis hat somit in den letzten 20 Jahren eine Be völkerungszunahme von fast 12 000 Seelen aufzuweisen, deren größter Teil auf die deutschen Einwohner entfällt. Der Gnesener Kreis gehört zu den am dichtesten bevölkerten der Provinz Posen. * Die parlamentarische Krisis in England. Das Unter haus hat am Dienstag die Beratung der Finanzbill im Berichts- starium begonnen. Es sind seilens der Regierung 250 Amende- menlS zu dem Entwurf g<stellt, deren Beratung voraussichtlich »n'ndesteus zwei Wochen in Anfpiuch nehmen wird. Keiner der Abäuderungsanlräge trifft jedoch wesentliche Bestimmungen der Bill, so daß diese eventuell dem Oberhause im großen und ganzen irr ihrer gegenwärtigen Form zugehen wird. Annahme von Anzeigen bis spätesten, Uhr vormittags. Für Aufnahme von größeren Anzeigen an bestimmten Stellen kann nur dann gebürgt werden, wenn st» am Lag» vorher bei uns eingehen. Jnsertionspreis: Di« fiedengespalten» Aorpuszeile oder deren Raum »o Pfg., Reklamen r» Pf-, Bei größeren Aufträgen entsprechend« Rabatt. Die Jagdschlösser des Kaisers. Die volle Lust ain Weidwerk ist den Hohcnzollern von jeher eigen gewesen. Draußen in Wald und Feld beim schmetternden Klange der Hifthörner und herausforderndem Nüdengebell haben sie es sib stets wohl sein lassen im verdienten Ausruheu schwerer Regterungssorgen und oft recht drückender Pflichten ihres hohen . Amtes. Die älteren Hohcnzollern waren fast alle tüchtige Jäger. Ei»» gewaltiger Nimrod war Preußens sparsamer Soldatenkönig, Friedrich Wilhelm I, ein ebensolcher Kaiser Wilhelin II. Nur zwei Hohevzollcrn auf dem preußischen Königsthron schwuren nicht zu St. Hubertus Verinnerlichte Naturen, wie sie waren gingen Striben und Ziele andere Wege. Der Philosoph von Sanssouci, Friedrich der Große, war und blieb >cin Leblang, trotz aller Kriege, die er so unvergleichlich führte und gewann, derartigen 'Neigungen ^ibgewaudt. Dafür schoß er witzige Epigramme ab und ergötzte sich an der Tafel an geistsprudelndcn Reden. Auch Friedrich Wil helm IV. war kcin Jäger im eigentlichen Sinne. Wenn er sich trotzten» dazu entschloß, so folgte er hierin mehr der Ueberlieserung seines Hauses. Erst unter seinem königtlchcn Bruder und Nach folger. W lüt lm I., lebte das edle Wctdivcrk am preußischen Hole wieder auf uul> sah alljährlich Feste hohen Glanzes, und in so manch, in vergessenen und bereits halb verfallenen Jagdschlösse zog wieder vrucs Leben ein. Fünf Jagdschlösser sind es be sondere, die einen guten Klung besitzen. Sie und die sie nmgcben- -r dW Jngdcnünde sind eng mit der Geschichte des ^Landes verknüpft, »Ad ihr Studium bietet des Interessanten genug. A.s e» stcS nennen wir Huberlusstock in dem gewaltigen Waldkomplex der Schorst), idr, »vu der Kaiser alljährlich, wenn die Hirsche schreien, in stiller weidmännischer Zurückgezogenheit zu bringt. An den Ufern des Werbellin erhoben sich einst drei Schlosser. Werbelin», daß grüßte Schloß an der Südweslspitzc, wo sich heute der von Prinz Karl 1879 «baute Steinturm, die 8»,zo-,preis: Durch uns«, Boten frei tu» Hau, monatlich so Pf-. Bei der Geschäftsstelle abgeholt monatlich V> Pf- und wSchentlich ,o pfg. — Bei der Post bestellt und selbst ab-eholt vierteljährlich ».so Mk. — Durch steu Briefträger frei in, Bau» vierteljährlich ».-r Mk. — Einzelne Aumm« >o pfg. — Deutscher postzeitongs- katalog. — Erscheint täglich in den Mittagsstunden, mit Ausnahme von Sonn- und Feiertagen.