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»t-u, nr lpisnisa svcap ihr 'uv vuij uoijvnsiZ si(x smmlsZ isiiprisö rjqiss Nk^ Selbst gerichtet. LSI st« fühlte es, daß fie nicht Kraft haben werde, das Haus der Tante zu erreichen. Wie sie da in ihrer Ver zweiflung die Blicke um sich schweifen lieh, bemerkt« sie, dah sie sich nur noch wenige Schritte von dem Hause des Bruders ihres Bräutigams befand. Sie wollte alle Kräfte zusammenraffen, um dorthin zu gelangen. In demselben Moment trat aber auch schon «ine Frau an sie heran. „Sind Sie krank, liebes Fräulein?" fragte dieselbe das Mädchen mitleidig. „Ja," preßte die Gefragte mühsam hervor — das Sprechen wurde ihr schwer, die Lippen waren ihr wie verdorrt. „Vielleicht kann ich Ihnen helfen, stützen Sie sich aus mich." „Ich danke Ihnen," entgegnete Lydia matt. Sie nahm den gebotenen Arm willig an. „Mein Gott! mein Gott!" stöhnte sie vor Schmerz und kalter Schweiß bedeckte ihr Gesicht. „Sagen Sie mir Ihre Adresse — ich rufe einen Wagen," bemerkte die Frau. „Dort, dort!" stich das Mädchen hervor und wies auf das Haus. Als sie in dasselbe eingetreten waren und die Glocke im Parterre gezogen hatten, hing Lydia nur noch mühsam in den Armen der Frau; ihr Körper zuckte wie in Fieberschauern und auf die blassen Lippen trat ein weißer Schaum. Gleich darauf wurde die Tür von der Hausfrau geöffnet. Sie schlug erschreckt die Hände zusammen, als sie das Mädchen in diesem Zustande erblickte. „Lydia!" stich sie nur hervor. Im nächsten Moment öffnete sie die Arme, um die Sinkende in denselben aufzufangen. Das Mädchen war bewuhtlos zusammengebrochen. „Aber großer Gott, was ist mit ihr geschehen?" fragte die Frau von Hermanns Bruder die andere, mit deren Hilfe sie die Ohnmächtige auf ein Sofa trug. „Ich habe keine Ahnung — ich kenne die junge Dame gar nicht," antwortete diese. „Ich bemerkte nur, dah das arme Fräulein sich kaum noch auf den Fähen halten konnte, da bot ich ihr meine Hilfe an." „Mein Gott, was muh ihr nur geschehen sein! Ein merkwürdiger Zufall — sie ist doch sonst ganz gesund!" Sie rief schnell ihren Mann herbei und auch dieser war nicht wenig bestürzt, als er das sonst so blühende Mädchen in diesem Zustande sah. „Ein Arzt — es muh sofort nach einem Arzt ge schickt werden," war das erste, was er sagte. „Ich werde Ihnen einen Arzt rufen, es wohnt hier ganz in der Nähe einer," erbot sich die gutherzige Samariterin und stürzte davon. „Und wenn er nicht zu Hause sein sollte, suchen Sie, bitte, den nächsten auf," rief ihr Hermanns Bruder noch nach, eilte dann aber hinaus, um der Sicherheit wegen einen von seinen Leuten zu dem gleichen Zwecke fcrtzuschicken. Es vergingen darauf bange zehn Minuten, in denen die Hausfrau mit Unterstützung des Mädchens sich be mühte, die Kranke zum Bewußtsein zu bringen und sic ins Bett legte, da ihr Körper wie erstarrt war. End lich kam ein Arzt, der nach kurzem Blick auf die Leidende eine Vergiftung konstatierte. „Mein Gott! Mein Gott! Wie soll sie dazu ge kommen sein?" jammerte die Frau. „Wir müssen es zu erfahren suchen, wenn sie zum Vewuhtsein gekommen ist," bemerkte der Arzt. „Haben Sie Hoffnung, wird sie leben?" fragte ihn die künftige Schwägerin Lydias. Er zuckte die Achseln. „Wie kann ich das in diesem Augenblicke sagen — sie scheint ein sehr wirksames Gift genossen zu haben." Es wurde schnell nach der Apotheke geschickt und der Arzt wandte alle Mittel an, die ihm zu Gebote standen. Das Vewuhtsein kehrte dem Mädchen bald zurück und es gelang auch, sie zum Erbrechen zu bringen. „Vor allen Dingen muh jetzt zur Feststellung des Tatbestandes nach einem Polizeikommissar geschickt werden," bemerkte der Doktor — „meine Pflicht er fordert das." „O du mein Himmel, das ist ja schrecklich!" klagte die Hausfrau, aber ihr Mann bat fie, ruhig zu sein und das Unabänderliche mit Fassung zu ertragen; selbstver ständlich habe der Doktor recht, denn hier scheine ein Verbrechen vorzuliegen. — Rach einer halben Stunde stellte sich denn auch der Kommissar des Revier» ein. Lydia hatte sich etwas erholt, so dah fie auf seine Fragen antworten konnte, und nachdem er ihre persön lichen Verhältnisse erfahren, fragte er sie nach den Er eignissen der letzten Stunden. „Bitte erzählen Sie mir, mein Fräulein, wie Sie in diesen Zustand ge kommen sind?" sagte er zu dem Mädchen. Dieses versuchte die Erlebnisse der letzten Stunden zu rekapitulieren, aber sie war zu zusammenhängendem Erzählen offenbar zu schwach. Ihre Gedanken ver wirrten sich, sie brachte nur abgerissene Sätze hervor, so dah der Kommissar einsah, dah er eine andere Taktik einschlagen müsse. „Bitte, strengen Sie sich nicht an," sagte er, „ich werde Sie fragen und Sie antworten mir darauf so gut es geht." Das Mädchen nickte dazu und der Beamte begann sein Verhör, das er zu Protokoll nahm: „Wo kamen Sie eben her, als Sie das Un wohlsein auf der Straße befiel?" „Aus dem Gasthof zum Löwen," antwortete Lydia. „Und was taten Sie dort?" „Ich hatte kurz vorher, heute morgen, einen Brief erhalten, der mich dorthin beschied." „Ah! Und von wem kam dieser Brief?" „Von der Tante meines Bräutigams, Frau Ger- lach." Während der Kommissar den Namen notierte, drückten Hermanns Bruder und dessen Frau ihr Er staunen aus. „Die Tante — wie sonderbar!" sagte Herr Kagel — „sie hat dich rufen lassen — nach einem Gasthof — und wir wissen nichts von ihrer Anwesenheit in der Stadt!" „Bitte, lassen Sie «ns die junge Dame nicht ver wirren," schnitt der Kommissar alle weiteren Aus lassungen ab, und der Arzt, dem dies Verhör im Inter esse seiner Patientin überhaupt unlieb war, da er sah, wie es dieselbe angriff, nickte dazu und beobachtete die Kranke, die öfter vor Schwäche und Schmerzen die Augen schloß, immer scharf und flößte ihr von seinem Mittel ein. — „Also zu dieser Dame wurden Sie durch einen Brief beschieden," sagte der Beamte. „Besitzen Sie denselben noch?" „Ja, aber er befindet sich in meiner Wohnung." „Nun gut, dieser Brief ist wichtig. Nur noch einige Fragen, dann störe ich Sic nicht weiter. Was wünschte die Dame von Ihnen?" „Cie wollte mich kennen lernen." „Und warum kam sie nicht selbst zu Ihnen?" „Sie schrieb, sie befände sich auf der Durchreise und wäre sehr fatigiert — darum —" „Schön, schön. Und wie nahm sie Sie auf?" „Sehr liebenswürdig, wir sprachen wohl gegen zwei Stunden miteinander. Sie hatte kurz vorher ein Frühstück servieren lassen und setzte mir Wein vor." „Wein — ah! Und wieviel haben Sie von demselben getrunken und wann stellten sich die Beschwerden ein?" „Während des Gesprächs hatte ich nur wenig ge nippt. Aber als ich ging, da forderte sie mich auf, mit ihr auf eine glückliche Zukunft an der Seite meines Bräutigams mein Glas zu leeren." „Und Sie taten es?" — „Ja." — „Und dann?" „Und dann — sobald ich aus dem Hause trat, fing cs an." „Nun gut. ich danke Ihnen vorläufig." sagte der Kommissar höflich. Er wandte sich zum Gehen und Hermanns Bruder folgre ihm. (Fortsetzung folgt..