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1878. r.< - M - Niemals war der Eingang zum Justiz-Palast von einer zahlreicheren und vornehmeren Menge belagert, als an dem Tage, an dem Graf Gyula vor den. Schranken des Gerichts zu erscheinen hätte. Leute aus den höchsten Kreisen drängten sich herbei, um einer Verhandlung beizuwohnen, die das Inte resse der guten« Gesellschaft so lebhaft in Anspruch nahm. Der Graf war durch seinen Rang, seinen Reichthum und die Verbindung mit der Tochter eines angesehenen russischen Diplomaten in den besten Kreisen bekannt. Ueberall hatte sein chevalereskes Wesen, seine stattliche, gewinnende Persönlichkeit einen angenehmen Eindruck gemacht und man begriff es vollkommen, daß die schöne Comtesse Katharina an den Grafen ihr Herz verloren, den alle Frauen be wunderten, obwohl er nicht mehr in der ersten Jugendblüthe stand. Auch Baron Lubowsky war in den Pariser Gesellschaftskreisen keine unbekannte Persönlichkeit. Herz bringen, daß meine Aussage Ihre Angelegenheit noch verschlimmern sollte. Man mag dem Marquis d'AUtor Vieles nachsagen, aber eines wird man niemals können, behaupten, daß er die schönett^und erhabenen Pflichten der' Freundschaft je verletzt"; und der Marquis legte zur größeren Betheuerung, - die feine aristokratisch geformte Hand auf seine Brust. „An Ihrer treuen Freundschaft habe ich nie gezweifelt", entgegnete der Graf, „aber geben Sie sich weiter keine Mühe, mich zu retten, mein Leben hat keinen Werth. Suchen Sie das finstere Ge- heimniß zu lüften, das über meiner armen Gemahlin ruht, und ich werde Ihnen ewig dankbar sein." „Zählen Sie auf meine unermüdlichste Thätig- keit", sagte der Marquis. „Ich schwöre Ihnen, nicht eher zu ruhen und zu rasten, bis ich sie ge funden" und sein blasses Antlitz leuchtete in idealer Verklärung über die schöne Aufgabe, die er sich gestellt. „Mein einziger, mein Lheuerster Freund!" rief der Graf voll überströmender Empfindung und sank dem Marquis an die Brust. Beide hielten sich lange umschlungen. Als sich d'Autour entfernt, war Gyula einen Augenblick wie verwandelt, seine Augen glänzten und mit verklärtem Lächeln murmelte er vor sich hin: „Er wird nicht eher ruhen und rasten, bis er sie entdeckt und seinem Scharfsinn wird es schon ge lingen." Mit einem freieren Herzen warf er sich auf sein Lager. -.. 'HM Freund und Feind Novelle von Ludwig Habicht. (Fortsetzung.) „Leider hat durch eine unselige Verknotung von Anfällen die Sache eine sehr ungünstige Wendung genommen." „Da- kümmert mich nicht. Wenn ich nur über WS Schicksal meiner Gemahlin erst Nachricht hätte. Mag ihr das Schlimmste widerfahren sei», ich werde 4S ertragen, nur diese Ungewißheit, dieser Abgrund . Hon unheimlichen Vorstellungen in denen sich meine Seele umtreibt, hetzt und martert mich zu Tode." „Trotzdem müssen Sie endlich an ihr eigenes Schicksal denken", ermahnte der Marquis und sein Blick richte wieder theilnahmvoll aus dem unglück- lichen Freunde. . „Ich kann es nicht", entgegnete der Graf mit beinah stumpffinniger Entsagung. „Dann erlauben Sie, daß wenigstens Ähre Freunde Alles in Bewegung setzen, um Sie zu retten." Das blaffe Antlitz des Marquis belebte sich, als er mit gehobener Stimme fortfuhr: „Ja die Welt soll sehen, daß wir Freunde sind, kein Opfer wird mir zu groß sein, um Ihre Unschuld an den Tag zu legen. Ich habe sorgfältig ermittelt, welchen Verlauf die Untersuchung genommen; auf die unsichere Andeutung eines Sterbenden können Richter unmöglich etwas geben. Nun Hat zwar der aste Graf Tschernischeff die Mittheilung gemacht, daß zwischen Ihnen ünd Lubowsky schon von früher her eine unversöhnliche Feindschaft bestanden hat, die auf dem Maskenball von Neuem zum Ausbruch gekommen; aber ich werde bekundeli, daß zwischen Ihnen an jenem verhängnißvollen Abende kein Zer- würfniß stattgefunden." > Der Graf hatte anfangs kaum auf die Worte des Marquis gehört, zuletzt wurde er doch aufmerk sam und als dieser geendet, sagte er rasch und ent schieden: „Nein, theurer Freund, halten Sie um meinetwillen mit nichts zurück. Ich haßte an jenem Albende den Spanier förmlich instinctiv, noch eh' ich Wußte, daß dahinter mein Todfeind steckte. Sie haben selbst gesehen, wie mich seine Unverschämtheit empört hat und selbst wenn es nicht Lubowsky ge wesen wäre, würde ich ihn gezüchtigt haben." „Still, theurer Freund", unterbrach ihn lebhaft der Marquis, „ich will und darf solche Selbstbe kenntnisse nicht hören. Niemals werde ich es über's belletristische Beilage zum sächsischen Erzähler Zur gemeinnützigen Unterhaltung für alle Stände. M P > VE «ar.