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''SsL 8 Il.1L A.M1M Msrs?sM-M Oer Mann, dem der erste Schuß im 7jährigen Kriege galt. (Zum 175. Todestage de, sächsischen General» v. Liebenau am 24?Marz.) So merkwürdig es klingen mag, es ist dennoch geschichtlich ver bürgt: Der erste Schuh im 7jährigen Kriege ist auf Stolpen gefallen. Nicht aus engherziger Ruhmsucht sei.es gesagt, — di« Sache war alles andere als ruhmvoll für uns Sachsen — sondern weil sich daran ein Husarenstückchen knüpft, so schneidig und tapfer, daß es wert ist, der Vergessenheit entrissen zu werden. „Der Himmel ist hoch und der Zar ist weit", sagt «in russisches Sprichwort. So und ähnlich mochte man anno 56 in Sachsen vom Preußentönig denken. Wohl wußte man, daß die Beziehun- gen zu Oesterreich nicht die besten waren; man hatte gehört, daß „etwas im Gange" sein sollte; einige sprachen sogar von der Möglichkeit eines nahen Krieges. Saß er aber in so greifbarer Nähe war, das hätte keiner gedacht. Lediglich zur Sicherheit hatte man das sächsische Heer bei Pirna zusammengezogen. Dahin war am Morgen des 31. August auch die Besatzung der Feste Stolpen qbmarschiert. Drei Offiziere und einige Invaliden, Bauern aus dem nahen Altstadt, die man prestigehalber in Soldatenuniform gesteckt hatte, das war alles, was zurückgeblieben war. Für eine Festung von der Bedeutung Stolpens war das herzlich wenig. Dazu lag die Verteidigung in den Händen eines Greises, des 74jährigen Generalmajor, v. Liebemm, der sich's auf seinem Gute Langenwolmsdorf wohl sein ließ und auf die Festung pfiff. Ehe man sich's versah, stand Friedrich der Große in Sachsen. Seine Truppen marschierten Tag und Nacht, um Oesterreich im Sturm zu nehmen. Eines seiner Heere — vom Obersten v. Putt- kammer geführt — befand sich auf dem Marsche von Bischofs werda über Stürza nach der Elbe. Es mußte an Stolpen vor- über. Das Felsennest lag einen» wie «in Stein im Wege. Das Sanzehalt! Was war zu tun? Sollte man es in großem Bogen umgehen? Oder sollte man den Weg dicht an den Mauern, sozu sagen „unter den feindlichen Kugeln hinweg" nehmen? Während man noch darüber nachdachte, meldete sich einer der Offiziere: man solle ihm einen Husaren und einen Trompeter mitgeben, er wolle die Festung schon nehmen! Es war der Oberstleutnant Warnery, man kannte ihn, einer der verwegensten Reiteroffiziere. Seine tollkühnen Unternehmungen standen den „meroeilleusen" Attacken Zielens kaum nach. Zählte er doch Seidlitz, Schwerin und Winterfeld zu seinen Freunden. Mit 14 Jahren hatte er Kriegsdienste getan und sich auf italieni schen Schlachtfeldern, bei Parma und Guastalla, die Sporen ver dient. Den russisch-türkischen Krieg hatte er als österreichischer Leutnant mitgemacht, und als drüben nichts mehr zu holen war, war er in preußische Dienste getreten. Männer solcher Art konnte Friedrich der Große gebrauchen, „Sie haben Wunder getan", hatte er ihm nach dem zweiten schlesischen Kriege geschrieben und ihm vor versammeltem Heere den Hour le merite umgehangen, den er einem dabeistehenden General abgenommen hatte. ' Seins Wunder in Ehren! Was er aber hier vorhatte, das grenzte schon an hie Abenteuer einer Münchhausen. Aber das hatte er schon tn einem feiner Bücher geschrieben — denn in »M- tärischen Dingen war seine Feder ebenso berühmt wie sek» Schwert —: zwei Husaren seien genug, um «in« ganze Armee M fangen. Das wollte er ihnen jetzt einmal beweisen. Man bewilligt« ihm also di« erbetenen zwei Mann, und mit denen machte er sich auf den Weg. Unbehelligt hangle er in die Stadt. Beim ersten Hause stieß er auf einen Soldaten. Das plötzliche Erscheinen der Preußen war diesem so in die Glieder -«fahren, dich er vor Schreck den Brotbeutel fallen ließ und kehrt machte. „Halt! Wie heißt er und was ist seine Ordre?" Er wäre der und der und wolle nach Altttadt, Brot holen. Außer dem Kommandanten, dem Stückleutnant Lobedank und dem Kapitän Holm befänden sich noch 60 Mann oben, zumeist Bles sierte. Die Munition habe die Garnison ins Pirnaer Lager mit genommen, die Wachen trügen ungeladen« Gewehre. Man glaube die Preußen noch in Schlesien. Bon letzterem konnte er sich auf der Festung selbst überzeugen« Di« Schildwachen guckten, als sie den preußischen Offizier sahen. Kurz entschlossen setzte er ihnen di« Pistol« auf di« Brust, -wann sie, die Gewehre in den Burggraben zu werfen und hieß sie, sich zum Teufel scheren. Damit keiner von ihnen sich «insallen ließe, umzukehren, ließ er den Husaren am Schlagbaum zurück. Die Tore standen offen, die Zugbrücke war Heruntergelaffen. „Sträfliche Arglosigkeit!" dachte Warnery. Er sollte de« Grund dafür sehr bald erfahren. Kurz vor ihm war nämlich der Kommandant, von seinem Gute kommend, einpassiert, und da man noch tn tiefstem Frieden lebt«, hatte man es mit der Sicherung der Tore nicht eilig. Als er mit dem Trompeter den Burghof betrat, wollte einer von der Torwache die Sturmglocke Sehen. Im letzten Augenblick hieb Warnery den Strang durch. Immerhin war so viel Lärm entstanden, daß der wachchabende Unteroffizier herbeieilt«. War» nery trieb ihn mit vorgehaltenem Revolver in die WaeMube zu rück, schloß ihn samt der Mannschaft darin ein, hieß den Trompärr die vor der Wache ausgestellten Gewehre in den Graben wersr« und ließ dann die Wache Mann für Mann an sich vorüberzieye« mit der Weisung, di« Festung zu verlassen und sich, sofern ihnen ihr Leben lieb sei, nicht wieder bücken zu lassen. Trara! Laut schallt« das Horasignal des Trompeter» über den Schloßhof. Am Fenster erschien der weißhaarige Kopf des Kommandanten o. Liebenau. Er traute seinen Augen nicht, faßt« sich aber sofort wieder und schnauzte, was das Zeug htelt. Wer ihnen erlaubt hätte, in die Festung einzudringen. Niemand. Genug, er wäre da. Und der Herr Kommandant möchte doch die Gentilität haben, und für einen Augeichllck hermr« terkommen. Das tat dieser auch, als sie aber auf Schrittweite ein ander gegenüberstanden, forderte Warnery ihm ohne lange Um schweife den Degen ab. Er sei Gefangener, und di« Festung Stolpe« gehöre voa Stund an dem König von Preußen. Das war Liebenau denn doch zuviel. Er zog zwar den Degen, doch nicht, uni sich zu ergeben, sondern den mit ihm gekommene» Leuten zu bedeuten, die Eindringlinge festzunehmen. Mit knapper Not entging Warnery der Gefangennahme. Es blieb ihm nicht, anderes übrig, als auf den Kommandanten anzulezen und ihn durch einen Schuß unschädlich zu machen. . Misere Heirnat Sonntags-Aeitage zmn SäHstsch en LrzaHkr