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Eine Perle des Saarlandes ist dl« Stad! S«. 2n,b«r», dl« «i>« d«d«»l«»d« AoI« l« »lrtschastliche» o»d koll»r«ll«» Lebe» des L«n»«< spielt. Goethes Mise an die Saar. Von Dr. Johannes Dierkes- Neunkirchen. Es ist etwas Wundervolles, in „Dichtung und Wahr heit" zu lesen, wie Goethe aus dem Kreis großer Menschen in Straßburg u. aus der geistigen Luft, die leider auch ange füllt ist von des Gedankens Blässe, hinausstürmt in die freie Luft auf den hohen und breiten Altan des Straßburger Münsters, um das zu wiederholen, was er als junger Ge sell« mit anderen Gefährten dort getan: mit gefüllten Rö mern die scheidende Sonne zu begrüßen. Hier verlor sich alles Gespräch in der Betrachtung der Gegend, und bei sol chen Gelegenheiten ward manch kleine Reise verabredet, die dann später unternommen wurde. Gerade Straßburg hat dem Studenten Wolfgang Goethe jene ahnungsvollen und glücklichen Tage geschenkt, die für seine geistige Entwicklung entscheidend waren. Bei der ,,Frohnatur" und der „Lust zum Fabulieren", die er von der Mutter geerbt hatte, zeigte der junge Student ange- .borenen Sinn für das „heitere lustige Völkchen" der Elsäs ser. Er beobachtete sie auf ihren Spaziergängen, freute sich an der schmucken Tracht, die damals selbst noch in den wohl habenden, vornehmen Häusern von den Töchtern getragen werden mußte. Es entging ihm freilich nicht, daß einige das alte Nationalkleid nicht mehr trugen und „französisch gingen; und die Partie machte jedes Jahr einige Prosely ten . Im übrigen aber „bewahrte sich in Straßburg und im ganzen Elsaß ein eigentümlicher Geist; die Vorteile der (französischen) Nationaleinheit, in die man gehörte, werden anerkannt, und niemand gelüstet nach der germanischen Zerstückelung. Aber wenn man im politischen Sinn sich gern als Franzose betrachtet, so sind doch in jeder anderen Richtung deutsche Kultur und deutsche Sitte überwiegend, und keine der französischen Superstitionen wird jemals dort tief Wurzel schlagen". Im zehnten Buch von „Dichtung und Wahrheit" wird uns von einer Reise durch das Elsaß nach Lothringen und an die Saar erzählt, eine Schilderung, die uns das Bild die ses Grenzlandes heute noch auf das lebendigste nahe bringt. Mit zwei Freunden begibt sich Goethe zu Pferde nach Za- bern, wo die Gefährten bei herrlichstem Wetter das bischöf- lische Schloß besuchen und bei aufgehender Sonne die Za- berner Steige betreten. Sie reiten diese Steige nochmals hinab, um dieses Wunder zum zweiten Male anzustaunen und sich der Aussicht über das Elsaß nochmals zu freuen. In Buchsweiler werden die Lustwäldchen des Landgrafen von Darmstadt besucht, und auf dem nahegelegenen Bast berg bietet sich dem Auge die unendliche Fläche des Elsas ses, bis weit in die Ferne, wo die Täler von Mosel und Saar im Horizont verfließen. „Als wir nun uns nordwestlich in das Gebirge wende ten und bei Lützelstein, einem alten Bergschloß in einer sehr hügelvollen Gegend, vorbeizogen und in die Region der Saar und Mosel hinabstiegen, fing der Himmel an, sich zu trüben, als wollte er uns den Zustand des rauheren Westreiches noch fühlbarer machen. Das Tal der Saar, wo wir zuerst Bockenheim, einen kleinen Ort, antrafen und gegenüber Neusaarwerden, gut gebaut, mit einem Lust schloß, erblickten, ist von beiden Seiten von Bergen begleitet, die traurig heißen könnten, wenn nicht an ihrem Fuße eine unendliche Folge von Wiesen und Matten, die Hohenau genannt, sich bis Saarelbe und weiterhin unübersehbar er streckte . . . Wir gelangten über Saargemünd nach Saarbrück, und diese kleine Residenz war ein lichter Punkt in einem so felsig waldigen Lande. Die Stadt, klein und hügelig, aber durch den letzten Fürsten (Wilhelm Hein rich von Nassau-Saarbrücken 1768) wohl ausgezieret, machte sogleich einen angenehmen Eindruck, weil die Häuser alle grauweiß angestrichen sind und die verschiedene Höhe der selben einen mannigfaltigen Anblick gewährt. Mitten auf einem schönen, mit ansehnlichen Gebäuden umgebenen Platze steht die lutherische Kirche, in einem kleinen, aber dem Ganzen entsprechenden Maßstabe. Die Vorderseite -es Schlosses liegt mit der Stadt auf ebenem Boden, die Hinter seite dagegen am Abhänge eines steilen Felsens. Diesen hat man nicht allein terrassenweis' abgearbeitet, um bequem in das Tal zu gelangen, sondern man hat sich auch unten einen länglich-viereckigen Gartenplatz, durch Verdrängung des Flusses an der einen und durch Abschrotten des Felsens an -er anderen Seite, verschafft, worauf denn dieser ganze Raum erst mit Erde ausgefüllt und bepflanzt worden ist. Die Zeit dieser Unternehmung fiel in eine Epoche, da man bei Gartenanlagen den Architekten zu Rate zog, wie man gegenwärtig das Auge des Landschaftsmalers zu Hilfe nimmt. Die ganze Einrichtung des Schlosses, da» Kostbare und Angenehme, das Reiche und Zierliche deuteten auf einen lebenslustigen Besitzer, wie der verstorbene Fürst gewesen war . . . Das genußreiche Leben des vorigen Fürsten gab Stoff genug zur Unterhaltung, -ie mannigfachen Anstalten, die er getroffen, um Vorteile, die ihm die Natur seines Lan ¬ des darbot, zu benutzen. Hier wurde ich nun eigentlich in das Interesse der Berggegenden eingeweiht, und die Lust zu ökonomischen und technischen Betrachtungen, welche mich einen großen Teil meines Lebens beschäftigt haben, zu erst erregt. Wir hörten von den reichen Duttweiler Steinkohlengruben, von Eisen- und Alaunwerken, ja, sogar von einem brennenden Berge, und rüsteten uns, diese Wunder in der Nähe zu schauen. „Doch fast mehr als diese bedeutenden Erfahrungen in teressierten uns junge Burschen einige lustige Abenttuer und bei einbrechender Finsternis, unweit Neunkirch (heute: Neunkirchen) ein überraschendes Feuerwerk. Denn wie vor einigen Nächten an den Ufern der Saar leuchtende Wolken Johanniswürmer zwischen Fels und Büsch um uns schweb ten, so spielten uns nun die funkenwerfenden Essen ihr lustiges Feuerwerk entgegen. Wir betraten bei tiefer Nacht die im Talgrunde liegenden Schmelzhütten und vergnügten uns an dem seltsamen Halbdunkel dieser Bretterhöblen, die nur durch des glühenden Ofens geringe Oeffnung kümmer lich erleuchtet werden. Das Geräusch des Masters und der von ihm betriebenen Blasbälge, das fürchterliche Sausen und Pfeifen -es Windstromes, der, in das geschmolzene Erz wütend, die Ohren betäubt und die Sinne verwirrt, trieb uns endlich hinweg, um in Neunkirch einzukehren, das an den Berg hinaufgebaut ist . . ." Ueber Bitsch, Niederbronn, Reichshofen und Sesenheim ritt Goethe zurück. Zu Sesenheim wurde Rast gemacht. „Ein kurzes, weißes rundes Röckchen mit einer Falbel, nicht änger, als daß die nettesten Füßchen bis an die Knöchel ichtbar blieben; ein knappes weißes Mieder und «ine chwarze Taffetschürze — so stand sie auf der Grenze zwi- chen Bäuerin und Städterin. Schlank und leicht, als wenn ie nichts an sich zu tragen hätte, schritt sie, und beinahe chien für die gewaltigen blonden Zöpfe des niedlichen Köpf chens der Hals zu zart. Aus heiteren blauen Augen blickte sie sehr deutlich umher, und das artige Stumpfnäschen forschte so frei in der Luft, als wenn es in -er Welt keine Sorgen geben könnte; der Strohhut hing ihr am Arm, und so hatte ich das Vergnügen, sie beim ersten Blick auf einmal in ihrer ganzen Anmut und Lieblichkeit zu sehen und zu er kennen ..." . Dieses wundervolle Idyll mit seinem Zauber ergreift uns heute noch. Friederike P ri o n, die in diesen Reisetagen flüchtig in den Hintergrund gewichen war, um jetzt um so herrlicher und inniger Goethe zu beglücken . . . Die Städte und Pfade, die der Dichter damals besuchte, blei ben uns Immer nah, denn auf ihnen schlug das große, wan dernde, deutsche Herz, das Qual und Seligkeit zugleich kennt: Immer in Sehnsuckt zu sein und immer eine Heimat in sich zu tragen: Ein heiliges Reich der Deutschen. Die Mahnung -er Toten an die Saardeutschen. Das ist der gedankliche Inhalt dieses Wahlplakates, da» die Deutsche Front für die Abstimmung geschaffen hak tkW Mllf M ttr UWllMI. ^Ebrücken, 11. Januar. Die Landeslestung -er Deutschen Fpont erläßt zum letten Mal, vor der». stimmung einen «roßen Schlußaufruf, «n d«n ste noch einmal an da, volksbewußtLetn oller Saar- länder appelliert. Die Saar will die Freiheit und den Frieden, und darum gebe die DorMche Front jedem Saarländer in dieser denkwürdigen Stunde -ie Hand. In dem Aufruf heißt es u. a.: 15 lange, bittere Jahre der gewaltsamen Trennung vom Vaterlande gehen zu Ende. Ein «walttger, opservoller und siegreicher Kampf für da, deuGhe Volks tum steht vor seiner Vollendung und Krönung. Die Stunde ist gekommen, da wir all« mit Stotz und msterer Vevant- Wartung vor der Geschichte bewußt an dl« Urne tret«. Eine Entscheidung haben mir vor unserem Gewlffen aller« ding, nicht mehr zu tvttftn. Menschen wollt« sich unter- sangen, uns, die bi« göttliche Vorsehung W geMosten«, Deutschen werden ließ, unserem Volkstum zu entfremden, ja sogar zu entreißen. All« Versuche mußt« kläglich scheitern. In dieser denkwürdiaen Stunde reich« wir allen deutschen Brüdem und Schwestern an der Saar tm Bewußtsein unserer Zusammengehörigkeit die Hand. Wir schlagen ein. Wir fühl« dm Pulsschlag de- gleichen Mu te». Wir empfind« und wissen, was es heißt, daß nur in der Volkmemeinschaft Freiheit und Friede einer Nation verbürgt sind. Das ist unser geschichtliches Bekenntnis, das wir am 15. Januar abkegen wollen vor aller Well. Wir wollen di« Freihoit, wir wollen -en Fried«. Die Freiheit der großen deutschen Nation ist der Friede der Welt." Leuts VolksubstiiuMW !m 8ssrgediet Für den Mfiimmungstaa hat die Postverwaltung einen besonderen Brlefftempel geschaffen. Bekenntnisse unserer Brüder und Schwestern an -er Saar. Ein Mitarbeiter berichtet uns folgendes: „Die Kinder der 6. Volksschule in Dresden schickten wahrend der Weihnachtsferien gegen 400 Neujahrsgvühe an die Schüler der Saarschulen. Ein Teil der Kinder antwor tete wieder. So z. B. legte «ine Schülerin der evangelischen Schule zu Wemmetsweiler fotzendes Gedicht bei, dar uns einen tiefen Einblick in das Denken und Mchben unserer Saarländer gewährt. Es lautet: Wir danken Euch aus Herzensgrund für das Gebet in schwerer Stund'. EM solcher Gruß zu solcher Zeit ' > gibt Freude, Kraft, Beharrlichkeit. ' ' Weil hinter uns ganz Deutschland steht, die Saar niemals verloren geht. Ihr lieben, guten, kleinen Sachs«, laßt keine grau« Haar Euch wachsen! Wir sind hier gar nicht in -er Klemm: Mir wolle hemm, hemm, hemm! Mir komme hemm, hemm, hemm! Nix wie H«NM, hemm, hemm! Der Schulleiter von Doms schrieb in seinem Dankschreiben von seinen Jungen folgendes: „Hättest heute mal hier in Verus sein soll«. Da kam so ein« Gruppe Kozis und SWD.lvr, die für dm Status quo sind, um für ihre ver loren« Sache Propaaaicha zu machen. Meine Bub« hab« sie durch das gange Dorf begleitet. Sie zerrissen ihre Zei tung« und riefen ihnen andauernd den deutsch« Gruß ent gegen. Ganz erbost verließ« sie unsere alte Bergfeste." Die. letzten Zeilen geben uns einen Beweis von der Liebe und Opferbereitschast unserer Saarkinder für unser Deutschland. Dor nichts schreck« sie zurück." M. K. Frühe deutsche Kunst au -er Saar. Die ältesten Zeugnisse künstlerischen Lebens, die uns aus dem Saargebiet erhalten blieben, gehen auf die Mönche zu rück, die schon mit den ersten das Land besetzenden Aleman nen und Franken einzogen. Die Klosterbauten -er Bene diktiner und Prämonstratenser, Augustiner u. Wilhelmiten in den Orten Mettlach, St. Amual, Wadgaffen «nistenden im siebenten und den nachfolgenden Jahrhunderten. Ur kunden und Niederschriften aus jener Zeit sind freilich nur in geringer Zahl erhalten geblieben, da gerade im Saar- land die kriegerischen Ereignisse wilder wüteten als im Herzen des Reiches. Dl« erste Dichterin, die das Saargebiet erhielt, war Elisabeth Gräfin von Nassau-Saarbrücken, die in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts lebte. Sie be mühte sich besonders um VermitÜung zwischen französischer und deutscher Poesie und erzählte eine Reihe altfranzösi- scher Heldenlieder in deutscher Sprache nach Aus dem La teinischen brachte sie ein Nonnenbrevier ins Deutsch«, und ihre dichterische Arbeit wirkte so anregend auf ihre Land«, leute, daß am Hofe in Saarbrücken «in« wirtliche Hochach tung vor geistiger Kultur lebendig wurde, so daß der EnkA der Dichterin, Johann Ludwig, seine Fahrt nach d«m helli- gen Lande durch einen Sekretär ausführlich schildern ließ. Der Humanismus wirkte später auf das Saargebiet ein, ohne bodenständige schöpferische Kräfte wachzurufen. Doch wurde um 1620 vom Landesherrn ein humanistisches Gym- nastum in Saarbrücken aegründet, da, bald Bildungsmittel- »unkt für das geistige Leben des Lander wurde. Die El- äfler Dichter Fifchart und Moscherosch besuchten damals »a» Saargebiet und stahmen Schilderungen der Landschaft n ihre Werke auf. Der Archivar Johannes Andres, der ein« mehrbändige Genealogie dis Halste» Nassau schrieb, wurde dann der erste Schriftsteller de« Saarlandes. Der Dreißig- jährige Krieg zerstörte da« meist«, war bis dahin gewachsen war; eigentlich nur das Gymnasium konnte in den Jahren der Plünderungen, Hungers- und Seuchennöte wie durch «in Wunder erhalten werden.