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41' von etwa fünfundoierzig Sohren, mit niederer Sttm und stumpfen Zügen. Da» war ein» Maske, hinter der man sich keinen höheren Gedanke«, keine edke Regung denken konnte. Mit vorn« offenem Hemd, das di« dichtbehaarte Brust sehen ließ, sah er vor dem Tisch, die mächtigen Arm« wett vor sich ausgebreitet. Gr hieh Watson und gatt als der besst -elzer im ganzen Schiff, vor allem aber Äs der stärkste und brutalste. Gr wollt« Rapp erschein«» wie ein Borweltmensch, wie «in riesiger Ur waldaffe. Seht fchob er seinen Sbnopf vor sich hin und nahm einen Löffel aus dem Rasten. „Get dinner, Trimmer!" „No, das hab« ich nicht nötig, da» muh abwechselnd ge macht werden. Der Hei-er erhob sich drohend und schob den Deutschen den Ressel hin. „Get dinner, oder ich schlage Dir den Schädel ein, Du Son-of-a-bitchi Du Sohn einer Hündin!" Da» war «in gebräuchliches Wort hier vorn«, dabei dachte der alte Hei-er sich nicht viel. Aber wie von einem Peitschenschlaaaetroffen war Georg Ravp aufgefahren. -- Was war da»? Was hatte -er gesagt? — Wa»hatte d«rRerl ihm da besudelt? Watson taumelt plötzlich zurück, der Trimmer Hatto zu. geschlagen — mit aller Ducht und Wut, mit harter, gebalürr Kaust, und mitten hinein in da» btutast Gesicht. Einen Äugenblick war es gar» still da vorn«. Dann kam Watson langsam hinter dem Tisch hervor: „Goddaml Ich schlag'Dich tot!-Lu-" Gr machte einen Schritt vorwärts, aber seine Glieder waren steif, denn die Kräfte der Hetzer, die sm Jahren !n übergroßer Hitz« vor den Feuern gearbeitet haben, sind bet normaler Temperatur wie eingefroren. Damm war Georg Rapp im Vorteil, oh sein Gegner gleich dreimal so start sein mochte, denn er war flink und sehnig und in einer Aufregung, die jede Muskel seines geschmeidigen Körpera-um Äeutzersten spannt«. .. . ... Mit plötzlichem Anprall suchte er seinen Gegner von den Füßen zu stoßen, um den Weg zur Tür frei zu machen. Die ser aber packte ihn mit starken Armen; Rapp fühlt« sich -egen «ine Roj« geworfen, so dgh da» vorderdrett krachend zer splitterte. Manasse, der „Amsterdamsche Sud", stieß «inen wilden Schmerzensschrei au» und kroch mit affenartiger Behendigkeit laut heulend in die nächst« Rose. Der Trimmer konnte mit seinen Süßen an der unteren Roj« einen Hall finden, er stemmt« plötzlich beide Beim da gegen und warf mit einem gewaltigen Ruck feinen Gegner aus dem Gleichgewicht, so daß dieser hintenüber siel und sein Kopf dröhnend aufschlug auf den eisernen Boden. Georg Rapp sprang zur Tür und machte sich davon. Ueber das Vorderdeck nach seinem Bunker laufend, setzte er sich dort auf Kopf dröhnend aufschlug auf den eis« Rapp sprang zur Tür und machte sich davon. Ueberdas Vorderdeck nach seinem Bunker laufend, s di» Kohlen. Was nun? Darüber gab ihm die SchlffsÄocke zehn Minuten später aenam Auskunst. Sie schlug acht Glasen an, da» war das Zeichen, in den Herzraum htnabzusteigen, um beim Reinigen der Feuer zu helfen. Sein Gegner war schon am Platze, er hatte eine Feuer tür geöffnet und brach große Schlackenstück« los, die weiß- glühend auf die Platte fielen. Georg Rapp goß Waller dar über, nahm di« Schippe und warf di« gelöschten schwarzen Stücke zurück. Der Heizer arbeitete weiter. Sm grellen Feuerschein er schien sein Gesicht erschreckend häßlich, die Lippen waren von der Glut zurückgezogen, di« -usommengeknifstnen Augen durch den Faustschlag blutunterlaufen, und die ersten damp fenden SchweMröme liefen über Hal» und Nacken hinab. Georg Rapps Wut hatte sich gelegt; er gab scharf Obacht, er wittert« Unheil... Setzt zog der Heizer die Schleus« au» dem Feuer hervor, streckte die abgeplattete, weißglühend« Spitze in Rniehöh« vor sich und näherte sich seiner Ecke. Ob er wirklich di« Absicht hatte, dem Trimmer damit zu Leibe zu gehen, hat dieser nie erfahren. Rapp hatte vergessen, daß die Augen des Heizers noch blind sein mußten von -er grellen Weißglut, er meinte im Zustand allerhöchster Notwehr zu handeln und hatte nicht viel Zeit zu verlieren. Darum faßte er die Schippe kurz, es war eine einfache Frage des langen und kurzen Hebelarm», die lange Stang« war schnell zur Seite gedrängt, er sprang voraus und hob die Schippe stoßbereit in Gesichtshöhe des Heizers, der plötzlich die scharfe, breite Blechkante dicht vor seinen Augen sah. So standen sie sich gegenüber, drei — vier Sekunden lang. Dann rang es sich los au» -em rauhen Gesellen, lang, fam und keuchend: „All right — es ist ab — ich geb« nach!" Bon dieser Zeit ab ließ man Georg Rapp in Ruhe, da vom«. Selbst die Hölle hat ihre Pakt« und Rechte — — Da» war Georg Ravp'- Weihnachtsabend an Bord dex „Tolumbo". Wenn er später au» erfolgreicher Lebenslauf, bahn zurückschaute auf diesen Ta-, dann segnete er ihn, feg. nete den schnellen Entschluß, das Sklavenjoch abzuwerfen, segnete den Faustschlag ins Gesicht seine» brutalen Feinde», segnete die Geste der in der Verzweiflung erhobenen Schaufel, die kurze entscheidende Sekunde, di« ihn hinabschleudern konnte in die Reihen der Totschläger und Zuchthäusler oder — ihn frei machen zu einem besseren, höheren Dasein. Sie wurde der Wendepunkt seine» Lebens, denn sie zeigte ihm das einzige Mittel, dar ihm helfen konnte auf seinem Wege nach oben hin, den Kampf — den Kampf. ling durch den Raum und auf die schlafenden Heizer. Gr mochte sich dagegen wehren, wie er wollte, in ihm stieg doch immer wieder das alte, liebe Bild aus vom Weihnachtsabend im Kreise der Lieben. Vielleicht würde er jetzt leichter durch kommen, wenn es ihm nicht so gut gegangen wäre damals, zu Hause. Aber gerade deshalb behütete er dies« Erinnerungen wie einen Schatz, wie etwas Heiliges. Die Schiffsglocke schlug sieben Glasen an; «s war Zeit, die Eßgefäße zur Kombüse zu bringen und für di« aufzieh«». de Wache das Mittagessen heranzuschleppen, wie er es bisher getan hatte. Aber der Kochsmaat hatte ihm gesagt, baß die» ser Menst vor seiner Ankunft von allen Mitgliedern de» Hei- zerlogis abwechselnd verrichtet worden sei. Darum wÄtte er bas jetzt nicht mehr machen, seine Freiwach« war ohnehin kurz genug. Manasse, der „Amsterdamsche Jud", bockte auf seinem Kojenrand, reckte sich und gähnte. Baumfeld, der deutsch« Heizer, hatte sein Buch fortgelegt, er sollte um 12 Uhr als Handlanger im Maschinenraum verwendet werden- Manasse nickte ihm zu: „Unten wird'» mit jeder Wach« heißer; ich will mich krank melden; mag der Chief Engineer oder meinetwegen der Kapitän selber sich an die Kesselfeuer scheren, wenn er Dampf haben will; ich fühle mich nicht wohl heute, habe Magenkrämpfe und Rheumatismus und Kopfweh und andere Sachen!" „Wenn Du Dich krank meldest, so hott Dich der Zweit« Maschinist aus Deiner Koje, schleppt Dich zum Kapitän und läßt Dich nicht wieder los, bis Du einen Aufgebelöfsel voll Rizinusöl übergeschluckt hast. Mich hatte er vorgestern — — der Hund, der verdammte I" Manasse lachte: „Brrrr — das Zeug hasse ich — da geh' ich lieber auf Wache. Der Steward soll mir ein Glas Genever geben — zuweilen tut er'«, wenn einer sich gehörig krümmt und heult, als ob er wirklich Schmerzen in stimm Bauch hätte." ' ' - Mit einem Satz sprang jetzt aus der oberen Koje Charlen, der „Cockney", hervor. Gr setzt sich an die „Back" und rasselt mit den Blechgeschirren. > „Trimmer — Essen holen!" „Hol'- selbst!" Charlen schaute auf und wollte sein« fürchterlichen Red«, schleusen öffnen. Aber er hatte Menschenkenntnis, -ort im Gesicht des Trimmers schimmerte etwa», da» ihn schweigen machte, denn er war im Grunde ein Feigling. „Well, bin selbst auch so'n stinkender Faulpelz", lenkte er ein, „will's abwarten, denke, daß Du es doch noch holen wirst." Manasse und Baumfeld tauschten Blick« — heut« mittag gab's Abwechslung, vielleicht »lut — sie freuten sich. Aus einer unteren Koje erhob sich jetzt eim breit«, ge drungene Gestalt und setzte sich langsam an den Tisch. G» war der älteste Heizer der „Columba", ein stoppelbärtiger Mann eihnacht in der Schiffshölle Von A. Schmidt-Drake. Dicke Eisenplatten schließen das Heizerlogis von der übrigen Schisfswelt ab. An der triefend feuchten Schiffs wand sind zwei zu zwei rohe Holzkojen aufgezimmert, in denen feuchtes, schmutziges Bettzeug liegt. Ein langer, schma ler Tisch, mit Holzbänken an jeder Seite, zieht sich durch die ganze Länge des Raumes. Die Luft ist verbraucht und stinkend. Extreme begegnen sich hier; der Elende, dem Herkunft und Gebrauch von jeher solchen Lebensweg vorschrieb, trifft hier das früher« Mitglied besserer Klassen, das Missetat oder Not hergebracht hat; die menschliche Bestie schielt spottgrin send nach dem Jüngling hinüber, der noch glaubt an sich selbst und an das Gute. Es ist dasselbe auf all diesen wildfahren den Trampdampfern, diesen Bindegliedern der Schifferquar- ttere Antwerpens und Marseilles, Port Saids und Colom bos, San Franciscos und Yokohamas. Dieselben Typen, die sich hier zusammengefunden hatten, sind in ihren Abarten in all diesen rastlosen Ozeanwanderern wiederzufinden. Da ist der „Cockney", der Mann aus Londons dunkel stem Castend, aus jenen Hinterstraßen, wo Whisky und Ge walttat herrschen, aus jenen „Slums", den Hochschulen für Verbrecher und Laster aller Art. In geifertriefendem Wort schwall sprudelt er die abscheulichsten Gedanken hervor, in schlagfertiger Erwiderung schnellen ihm Gemeinheiten von der Zunge wie von Federkraft geschleudert; ein Schurke ist er, dem nichts Niedriges ungewohnt, nichts Teuflisches fremd ist. Da ist der „Amsterdamsche Jud", der „See-Advokat", der alle Schiffsgesetze kennt, der die Mannschaft aufwiegelt, der bei Klageoeputationen als Sprecher auftritt, der immer recht hat und nie seine Arbeit verrichtet. Da liegt, lang ausgestreckt auf seinem Strohsack, «in Deutscher, der vielleicht vom Offizierssattel oder von der Kaffe eines Handelshauses mit einem Gefängnis als Zwi schenrufe, hier im Heizerlogis gelandet ist. Einmal auf ab schüssiger Bahn, hat er keinen Halt mehr finden können. Was er gelernt hatte, konnte er nicht brauchen; der Hände Arbeit, dieser sicherste Unterboden fürs nackte Leben, ist ihm fremd gewesen von jeher. Die Selbstachtung war zuerst hin, und dann ging es schnell bergab, von Stufe zu Stufe. Da ist der kräftige Finnländer, der echte Berufshoizer, an dessen langsam arbeitendem Hirn und urgesundem Körper all die zerfressende Fäulnis abgleitet, der arbeitet und nützt, sich gewöhnt hat an diese Hölle und sich wohl darin fühlt. Da ist der Vollblutneger mit seinen Riesenkräften und dem Afsenverstand, dessen scharfe Hautausdünstuna den Raum mit starkem, widerlichem Geruch anfüllt. Stumpfsinnig und wortkarg schlingt er sein« Nahrung und tut seine Arbeit. Aber zum rasenden Tier wird der Mann, sobald er Whisky geschluckt bat. Und da ist, in all seinen Abarten, Georg Rapp. Cs war am 24. Dezember. Seit einigen Tagen war das Wetter ruhig und warm, denn der Kurs ging südlich; die See war spiegelglatt. An seiner Koje lehnend, schaute der Jüng- ,Za". sagt« er, „diesmal ist es nichts mit dem Paket." Gr lächelte dünn und ein bißchen traurig. , Die Frau nickte wortlos. Ja, auch sie hatte an da» Paket gedacht. Zu jedem Weihnachtsfest war e» gekommen, pünktlich seit langer, langer Zeit. Als Absender stand da der Name eines bekannten, großstädtischen Bersandgeschäfts, und das Paket enthielt viele gute Dinge, Leckerbissen, die man sich von seinen schmal gewordenen Einkünften leit langem nicht mehr leisten konnte: zarten Lachs und Rebhühner, einen Kapaun einmal, Liköre und Früchte und Süßigkeiten und gute, aro matische Zigarren. E» war ein Riesenpaket, viele Pfund schwer, und ein Zettel lag darin: Bezahlt. Sonst nichts. Nicht ein Wort, nicht eine Silbe, die den Geber verraten konnte. Trotzdem: man wußte wohl, wer der Stifter war. Ob gleich die Firma jede Anfrage mit einem höflich-gewundenen Brief beantwortete, indem sie behauptete, den Auftraggeber nicht zu kennen. Das war natürlich eine Lüge, eine ganz faule Ausrede. Aber was wollte man machen? Hier ließ sich nichts erzwingen. Nun warteten di« beiden Jahr für Jahr, wenn das Weihnachtsfest nahte, auf dies Paket. Nicht um d«r guten Sachen willen, die es enthielt, wirklich nicht. So gern man ie auch aß, natürlich. Aber das Paket, das war der einzige ichtbare Beweis dafür, daß Hans, daß der Sohn noch lebt«, lnd daß es ihm aut ging. Denn hätte er anders ein fo kost- pieliges Geschenk schicken können? Damals war er fortgegangen, im Zorn, dieser Sohn, nach einer heftigen Auseinandersetzung mit dem Vater. Zwei harte Köpfe waren aufeinandergeprallt. Dem leidenschaft lichen Draufgängertum des Jungen hatte der Alte mit der Zähigkeit seiner Jahre, dem Gewicht all seiner Erfahrungen getrotzt. „Wer ist hier Herr in dem Geschäft?" rief der Vater. „Du oder ich?" „Du und ich", war des Sohnes herausfordernde Ant wort gewesen. „Wenn Dir das nicht paßt, daß einer zu befehlen hat und daß ich dieser eine bin , schrie der Vater, „dann kannst Du gehen. Aber über meine Schwelle kommst Du dann nicht mehr." „Gut also — dann gehe ich", hatte der Sohn gesagt. Und noch selbigen Tags seine Drohung wahr gemacht. Seit dem war er verschwunden. Kein noch so karger Gruß hatte di« Eltern je erreicht. Nur da» Paket kam, Jahr für Lahr, am Tage vor Weihnachten. Und man erriet leicht, von wem es kam. /. . - „Dielleicht ist ihm was zugestoßen", seufzte di« Frau. Sie nannte nicht den Namen de» Sohne», und auch ihr Mann tat es nicht. Sie sagten „er", wenn sie von ihm sprachen, und dann wußten sie Bescheid. „Unsinn", erregte sich der Mann, und er suchte die Angst, die seit Stunden fein Herz beschwerte, zurückzudrän gen. „Unsinn" — was soll ihm schon zugestoßen sein. Er hat's eben mal vergessen — das kann doch Vorkommen, nicht? Gewiß — das konnte schon mal vorkommen. Da» Schlimme war bloß, daß beide nicht an das vergessen glaub ten. Der Mann nicht, die Frau gewiß noch weniger. Der Mann floh zurück in den Schuß seiner Zeitung. Er mochte nicht sehen, wie die Augen der Frau langsam feucht wurden. Mochte, sich nicht daran erinnern, wie oft er schon den Auftritt von damals bereut hatte. Und daß manche» Bös« vielleicht abgewendet worden wäre, hätte er sich in seinem Geschäft di« größere Beweglichkeit und Entschluß fähigkeit des Jungen erhalten. In diesem Augenblick klingelte es. Ganz leist nur. Zag haft beinahe. Me Frau erschrak. Sie stand aus — so rasch es ihre alten, müden Füße zuließen. Schwerfällig, zögernd folgte der Mann. Draußen, vor der Tür, stand einer — man konnte ihn nicht deutlich sehen, da graues Dämmerlicht den Hausflur füllte. Ein umfangreiches Paket stand neben ihm auf dem Fußboden. „Ein Weihnachtspaket", sagte der Fremde heiser. „Cs wäre mit der Post zu spät gekommen. Deshalb ... ja, da bringe ich es denn schon selbst." Ganz still blieb es sekundenlang. Die beiden Alten schwiegen, als müßten sie dem Klang der Stimme nach- lauschen. „Hans!" schrie plötzlich die Mutter und warf sich schluch zend an die Brust des Besuchers. Nicht weich werden — nicht weich werden! dachte der Alte. Endlich sagte er, und seine Stimme hatte eisten merk würdig scheppernden, blechernen Klang: „Das ist recht — sehr recht ist das. Es wäre ja auch kein richtlgesWeihnachts- fest für mich — ohne das Paket i^ 2 und mit liefe ein« se» i loser d«, Tan Weil stehe dene lichei N uns, eine: nicht des! heißi rand sichei Dinx des < imm einni Stin N-! 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