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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 01.09.1925
- Erscheinungsdatum
- 1925-09-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-192509016
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19250901
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19250901
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1925
-
Monat
1925-09
- Tag 1925-09-01
-
Monat
1925-09
-
Jahr
1925
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machen kann, in mannigfacher Hinsicht zu kurz komme», d. !). Schaden leiden wird. Dieser Eindruck verstärkt sich noch, wenn man von den außergewöhnlichen politischen Problemen und Kvinvinalionen absicht und nur das betrachtet, was nuni! e ;r zu den ordentlichen G eschäften des Völker bund gezählt werden tann. Da sind einmal die Laer-, Danziger und Mindcrheiten-Fragen, die W n. stsverhältnisse Oesterreichs und anderer Ilachsvlqestaaten der ehemaligen Donaumonarchie, die Verwaltung der Mandatsgebiete, die Abrüstung und die «Schiedsgerichtsbarkeit und weiter eine große Reihe von wirtschasts-, sinanz- und verkehrspolitischen Problemen, sowie allerlei gar nicht unwichtige soziale, humanitäre und kulturelle Fragen. Eine Anzahl von ihnen wird von sogenannten be ratenden Kommissionen fortlaufend studiert und in periodischen Sitzungen beraten, andere von außer ordentlichen Konferenzen behandelt (das laufende Jahr zum Beispiel die neue Opium-Konvention und die Kontrolle des Waffenhandels). Die Dokumente und knappen Pcrhandlungsberichtc über diese fachtechnischcn Fragen füllen genau die Hälfte des 120 Folioseiten umfassenden Geschäftsberichtes des Völkerbunds-Sekretariates. Diese „Kleinarbeit", wenn man will, nimmt schon he. eine Bedeutung an, welche noch vor 2—3 Fahren wohl von niemandem vorusgcsehcn wurde, und man beginnt von ihr zu spüren, daß sie der Mörtel sein wird beim Auf- und Ausbau des Völker- bundsgcväudes, das ebensowenig wie andere große Gestaltungen der Weltgeschichte nur aus Eckpfeilern und Quadersteinen aufgcführt werden kann. Kurz gesagt, kann festgestellt werden, daß es keine inter nationale Frage und Bestrebung mehr gibt, die nicht ini Völkerbund zusammsaläuft oder dorthin geführt zu werden verflicht wird. Das Besondere dabei aus der le*'»«' Zeit ist, daß Amerika, trotzdem es an feiner Ablehnung des Beitritts frsthält, an der un- po ..»chen Arbeit des Völkerbundes sich mit immer größerem Eifer beteiligt und an deren Gelingen sichtlich Wohlgefallen findet. Dazu ist allerdings zu bemerken, daß auch Deutschland zu den sog. technischen Arbeiten des Völkerbundes immer mehr zugczogen wird. Doch besteht ein nicht zu übersehender Unter- schied: Amerika kann überall mitmachen, wo cs will, während Deutschland immer noch nur dann begrüßt wird, wenn es im Interesse der Sache unerläßlich er'b"int. Ferner aenügt es für Amerika bei der endgültigen Bkschließung u. der Kontrolle der Durch führung all dieser Arbeiten, die dem Völkerbundsrat und der Versammlung obliegen, daß es durch irgend einen seiner „Beobachter" (deren es auch während der bevor'- b,'»den Tagung in Genf oder Umgebung einige haben wird — wenn dies auch offiziell nicht zua.nnnden wird) — einen Wink geben läßt, un- bcob-chtet zu werden, während Deutschland dabei kaum miu »rechen können wird, solange es nicht selber dem Bunde ««gehört. Allerdings darf dabei nicht vergessen werden, daß für den Beitritt oder Nicht beitritt Deutschlands gegenwärtig auch andere wich- ti Tatsachen und Argumente maßgebend sind. Ium Schuß seien noch die wichtigeren Wahl- geschäste der Bölkerbundstagung mit wenigen Wor- ten gestreift. Es sind dies die Wahl des Vor sitzenden der Versammlung und der nicht ständigen Rats Mitglieder. Als Der- sammlungspräsident dürfte vor allem der dänische Gesandte Iahle in Berlin, der im letzten Winter bei der Leitung der Opiumkonfercnz außerordent- lich feine diplomatische Eigenschaften und einen zielsicheren Blick bewiesen hat, ansonst jene Tagung sicher resultatlos auseinandergegangen wäre, und der kanadische Senator Dandurand, wenn ein Außercuropäer in Frage kommen sollte. Für die Besetzung der nichtständigen Ratssitze hört man, daß insofern eine Aendcrung in Betracht gekommen wäre, als „man" Bolen einen solchen zugedacht hätte, wenn Deutschland in den Völkerbund eingc- trctcn wäre und, wie es unbestritten gilt, einen ständigen Ratssitz erlwlten hätte. Da letzteres nun aber für die diesfäbrige Tagung kaum mehr ein- zutreten scheine, so sollen sämtliche bisherigen Mit glieder des Völkvbnndsrates (neben den ständigen England, Frankreich. Japan und Italien die nicht ständigen Belgien, Spanien, Brasilien, Tschecho slowakei, Schweden und Uruguay) für ein wei teres Jahr wiedergcwählt werden. Ein Kanadier Präsident der Völkerbundstagung Paris, 31. August. Wie der Korrespondent des „Petit Pansien" ans Genf mittcilt, haben sich Driand und Chamberlain darüber geeinigt, der Völkerbunds versammlung als Präsidenten der diesmaligen Sitzung den Vertreter Kanadas, Senator Dandurand, vorzuschlagcn. Durch diese Wghl soll die erneute Annäherung zwischen den beiden Staaten zum Ausdruck kommen und zugleich den Dominions eine moralische Genug- tuung gegeben werden. Vergleich zwischen Preußen und Hohenzolle rn Berlin, 31. August. Das preußische Finanzministerium hat mit den Hohenzollern in der Frage der Vcrmögensausein- andersctzi.ng in den letzten Tagen eine Vergleich abgeschlossen, der dem Landtag nach dem Wieder zusammentritt zur Genehmigung vorgelegt werden soll Der Vergleich C' sinniger für die Familie Hohenzollern als für den preußisck^n Fiskus, voch sah sich das Finanzministerium zu diesem Vergleich genötigt, nachdem ^ne große Me'»-ahl der in Sa^cn der Bermögensauc-knandersetzung der geführten Pro- zesik zu ungunsten der pren^'-'-'n Finanzkkassc ans- gefnllrn sind. ' politische Strafanträge Berlin, 31. August. Der Reichsaußenminister Dr. Strescmann hat gegen den Hauptmann a. D. von Beerfelde, dcr den Minister in einem „offenen Brief" unter schwersten Beschimpfungen persönlich angegriffen hatte, Strafantrag wegen Beleidigung gestellt. Gegen den Schriftsteller Erwin Piech ottka, tnr in einem Platt rechtsradikaler Richtung uner- Korte Beleidigungen gegen den deutschen Botschafter in Washington Freiherrn von Maltzon, ver öffentlicht hat, ist vom Auswärtigen Amt Straf antrag gestellt worden. Btt der MmW-Lsskisitt Spanien und Frankreich sind bereit Mavriv, »1. »A«aust. Nach aUrn Nachrichten aus offizieller fpanifcher Quelle wirk» die «roste «emein- fame franzSfisch-fpanifche Offen» sive «e«en Abdel Krim noch im Laufe dieser Woche bcainnen. Ter fpanifche IHeneral Darr Iur«o wird Oberkomman dierender des östlichen Teiles der spani schen Marokkofront nnd wartet nur den Befehl zum Veainn der Offensiv« ab. Die spanische Flotte wird nächste Woche nach Oran in See gehen. Sie wird mit der französischen Flotte Zusammentreffen, um mit dieser gemeinsam die Ope ration gegen Alhuccmas durchznführen. Ein höherer Offizier des Generalstabcs des Ge nerals Naulin hat sich zu General Primo de Ri vera begeben, um als V e r b i n d u n g s o f f i z i e r zwischen der französischen und der spanische» Armee Dienst zu tun. Ein spanischer Offizier wird beim französischen Generalstab die gleiche Mission erfüllen. „Informaciones" betonen im Leitartikel, daß die französisch-spanischen Operationen in Marokko ein mehr politisches als militärisches Ziel haben. Sie sollen Abd el Krims Prestige brechen. Wenn das jedoch nicht gelingt, so seien die Folgen unabsehbar. Pari», 31. August. Marschall Lyauthey ist Sonntag nachmittag in Marseille cingetroffen. Er hat den Journalisten jede Erklärung verweigert. Montag morgen ist Marschall Lyauthey in Paris elngetroffcn und am Bahnhof von einem Vertreter des Kricgsministeriums im Namen Painlevös, von einem Vertreter des Auswärtigen Amtes <m Namen Briands, von dem spanischen Militärattache jn Paris und zahlreichen anderen offiziellen Persönlichkeiten empfangen worden. Der Marschall weigert sich, eine Erklärung abzugeben, bevor er mit Painleve ge sprochen habe; dcr Chef des Pressedienstes ließ aber durchblicken, daß der Marschall im Einverständnis mit Marschall Pötain so schnell als möglich nach Marokko zurückkehren wird, wo seine An wesenheit unbedingt notwendig sei. Havas meldet aus Fes: Die Rifleute entfalt-»» eine rege militärische Tätigkeit. Iwci Führer sind mit Abteilungen in Stärke von 4000 Mann in der Gegend des Oberen Leben eingetroifcn, verschiedene französische Truppen haben unter dem Maschincn- gewehrfeucr dcr Rifleute zu leiden. Die Rislcute verfugen über ausreichende Munitionsbcstände. Don der Front ist nichts Neues zu melden. Die Fran- zosen haben setzt von allen Dranesstämmen Unter- werfungVorschläge erhalten. Das 19. fran- zösische Kerns befestigt seine Stellungen bei Rahar, das es wieder beseht hat. Im Westen betätigt sich dcr Feind besonders in der Gegend von Tetuan, wo er Schützengräben aushcbt. Nach einer weiteren Meldung aus Fes sind fran zösische Kavallericstreitkräfte angekommen, die bei den Operationen gegen die Riflcute eingesetzt werden. London, 31. August. „Times" berichtet aus Tanger, seit dem französi schen Erfolge über die Tsul- und Dranesstämme habe Abd el Krim seine Propaganda unter den Stäm men verstärkt. Zn einer Ansprache an die Häupt linge des Nifgcbictes habe er erklärt, daß er lieber den Wider st and fortsetzen werde, bis alle kämpfenden Männer vernichtet seien, als daß er nachgeve. Oie Gärung in Syrien Beirut, 31. August. Bei einem bekannten Mitgliede dcr panarabi schen Volkspartei in Damaskus ist ein Wancn- lager entdeckt worden. Der Besitzer des Waffen- lagers, der behauptet, ein direkter Nachkomme des Propheten zu sein, wurde sofort verhaftet. — Man schätzt die Verluste dcr Drusen bei ihrem ver suchten Ucbersall aus Damaskus auf etwa 700 Mann. Wie die „Times" hierzu berichtet, gehört dcr Verhaftete einer der ältesten Familien von Damas kus an, deren führende Mitglieder einen hervor ragenden Anteil an der arabischen Regierung un mittelbar nach dem Waffenstillstände gehabt haben. Die Mitglieder der Familie seien verschwunden. Während dcr ersten Panik bei dein Drusenangriff auf Damaskus flohen einige christliche Familien aus dcr Stadt. In Damaskus herrsche Ruhe. Jerusalem, 31. August. Reuter erfährt aus zuverlässiger Quelle, daß in Damaskus eine starke Gärung bemerkbar sei. Fran zösische Truppen patrouillieren in den Straßen. Die öffentlichen Gebäude sind mit Drahtverhauen um geben und zur Sicherung mit Maschinengewehren ausgerüstet worden. Line Anzahl führender Syrier sind verhaftet worden, in ihren Wohnungen haben Haussuchungen stattgefunden. Dcr Sultan Atrasch erließ einen Ausruf, in dem er die Syrier zum allgemeinen Auf stand auffordcrt. Die Meldung von dem völligen Zusammenbruch der Versuche, Friede nsverhandlungen kerbeizuführcn, scheint sich zu bestätigen. Der An griff der Drusen aus Damaskus hat die Entsendung eines neuen Truppenkontingents nach Damaskus und die Errichtung von Stacheldrahtverhauen an den nach Damaskus führenden Wegen zur Folge gehabt. Die sranzosenseindliche Propaganda habe sich über ganz Syrien ausgedehnt. Die Trusen versuchten öfters, die Eisenbahn zwischen Damaskus und Derca abzuschneiden. General Feng Herrscher von Nordchina Peking, 3l. August. Sonntag abend ist der christliche General Feng- ?) u-Slang zum Militärgonverneur der Provinz Kansu ernannt worden; der General wird außer Kansu noch die Provinz Sbansi nnd die Kalgan- Zone kontrollieren. Ein anderes Dekret macht den Verbündeten Fengs, Lun-Vu, zum Gouverneur von Sbensi. Es beißt, daß die Reaiernngsdcbör- den diese Ernennung vorgenommen haben, ohne ab- zuwartcn ,ob Feng die Stellung annehmen wird. Ter Grund wird zum Teil in dem Wunsche der Regierung gesehen, einen Krieg, der zwischen Sun- Vu und dem mohammedanischen Befehlshaber in Kansu droht, zu verhindern. Die Ernennung wird General Feng eine günstige Gelegenheit geben, um den Nordwesten zu entwickeln und insbesondere auch den Bau einer projektierten Crschließungsbohn iür die Provinz Kansu zu sördern. Sie entfernt ihn aber andererseits von den politischen Ereig nissen in Peking. Hioti japanischer T«l««ationsfüyr«r für di« vstinakonferenr London, 3l. August. Dcr „Daily Telegraph" meldet aus Tokio, daß Graf Hiokt, dcr frühere japanische Botschafter in London, zum japanischen hauptdelegierten für die Lhinakonserenz ernannt worden ist. In den maßgebenden chinesischen Kreisen wird diese Er nennung mit Bitterkeit ausgenommen, da Hioki als japanischer Gesandter 1915 die Annahme der be rüchtigten 21 Punkte im Auftrage von Kato von den Chinesen gefordert hat. , Tie französtschcn Militärmigionen in Warschau und Pra« bl«iben Paris, 31. August. General Gc> uraud erklärt im „Echo de Paris", von einer Abberufung der französischen Militär- Missionen in Polen und der Tschechoslowakei sei nicht die Rede. Kritisches Stadium der deutsch-russischen Verhandlung Die deutsch-russischen Handelsvertragsverhandlun- gen sind in den letzten Tagen in eine schwere Krise gekommen, so daß mit ihrem unmittelbaren Abbruch gerechnet werden muß. Vor einiger Zeit schienen die Aussichten für einen Vertragsabschluß günstig. Auf beiden Seiten hatte man auf strittige Forderungen verzichtet und eine Reihe Kompromiß, rcgelungen erzielt. Der Vertragsentwurf verlor da- durch zwar wertvolle wirtschaftliche Punkte, er konnte jedoch immerhin als Weiterentwicklung des Rapallo- Vertrages und als Fortschritt praktischer wirtschaft, licher Beziehungen gelten. Plötzlich zogen di« Sowjet-Delegierten eine Reihe bereits zu gesagter Zugeständnisse zurück und stellten eigene vorher fallen gelassene Forderungen wieder auf. So hatte die Sowjet-Dclegatwn die Sicherung deutscher Patente und Prioritätsrechte zuerst von der Bewilligung der russischen Forderung auf Ge treide- und Vieheinfuhr abhängig gemacht. Als von der deutschen Seite solche Gegenüberstellungen abgc- lehnt wurden, verstand sich die Sowjet-Delegation zur Genehmigung der deutschen Vorschläge, erklärte nun aber die Patentkonvention für unannehmbar. Aehnlich liegen die Verhältnisse in der Frage der Fischereirecht c. Deutschland wollte auf die im russisch-englischcn Vertrage enthaltenen Fischcrci- Konventioiien verzichten, falls die Fischereikonzcs- sion am Murman an eine deutsche Wirtschaftsgruppe erteilt wird. Diese Konzession wurde schriftlich zu gebilligt; nun aber wird auch diese Zusage wider- rufen. Endlich zog die Sowjet-Delegation die Meistbegünstigung zurück, während sie von Deutschland uneingeschränkte Meistbegünstigung ver langte. Man ist jedoch auf deutscher Seite nicht ge neigt, dieses wertvolle Zugeständnis einseitig zuzu- billigen. Von der russischen Delegation werden über dies von neuem Forderungen auf Erweiterung der Rechte der Handelsvertretungen, auf Mindcstzölle und Erleichterung der Ein fuhr von Vieh und viehischen Produkten und Getreide gestellt. Es macht den Eindruck, als ob der Abbruch der Handelsvertragsoerhandlungen von Sowjetrußland mehr aus politischen denn aus sachlich-wirt- schaftlichen Ermägunycn heraus herbeigefllhrt wird. Sowjetrußland will anscheinend zunächst die Lösung der Sicherheitspaktfrage abwarten, ehe cs wirtschaftliche Bindungen cingeht. Beginn -es Kohlenstreiks in Nordamerika New York, 31. August. Der Kohlen streik beginnt offiziell am Mon- tag um Mitternacht. 138 000 Arbeiter legen die Arbeit nieder; teilweise sind die Schichten bereits heute früh nicht mehr eingesahren. Amerika und die französischen Schulden United Preß. »Washington, 31. August. Wie die „United Preß" von zuständiger Stelle er- fährt, werden die Vereinigten Staaten die Verhand lungen über die Frage der französischen Schulden an Amerika in einer Weise führen, die bestrebt ist, Härten zu vermeiden. Allerdings werden die Vertreter Amerikas, die an den ent sprechenden Verhandlungen teilnehmen, sich immer vor Augn halten müssen, daß dcr Kongreß sich scharf gegen jede Abmachung wenden wird, die den Anschein erweckt, als ob die Schulden Europas auf die Schultern Amerikas abgewälzt werden sollten. In eingeweihten Kreisen erwartet man daß Amerika die Rückzahlung des Kapitals (ohne Kürzungen) plus Zinsen — die Höhe der letzteren soll sich nach der Zahlungsfähigkeit richten — verlangen wird. Die Amortisation wird sich voraus- sichtlich über 62 Jahre erstrecken. Im ersten Jahre soll sich die Zahlung auf 16!-; Millionen Dollar be- laufen und sich progressiv steigern. In zuständigen Kreisen verhehlt man sich nicht, daß die Feststellung der tatsächlichen Zahlungsfähigkeit die schwierigste Aufgabe der Sachverständigen darstellt. Der Weihbischof von Paderborn, Dr Hach- ling von Lanzenauer, ist am Sonntag infolge eines Schlaganfalls plötzlich gestorben. ! krWilNS ttt SmeWMiiiM! Breslau, 31. August. Der 12. Kongreß der Gewerkschaften Deutsch lands wurde heute von dem Bundes. Vorsitzenden Leipart eröffnet, der die Per- treter der Reichs- und Ftaatsregierung, den Ober bürgermeister, ferner Vertreter der ausländischen Organisationen begrüßte und bemerkte, daß auch der Präsident des Reichsgerichts Dr. Simons sein Er- scheinen zugesagt habe. Er gedachte sodann des ersten Präsidenten der deutschen Republik Ebert und anderer Dahingeschiedener. Im Baugewerbekonstikt sei es dank des Pflichtgefühls der Gewerkschafts führer zu einer Einigung gekommen. Die Kund gebung der Unternehmerorganisationen aber sei eine Täuschung der öffentlichen Meinung gewesen. Der Kongreß werde sich mit Lohnfragen zu beschäftigen haben, aber auch mit dem Preisabbau, an den zwar Reichskanzler Luther glaube, nicht aber die Arbeits gemeinschaft. Oberbürgermeister Dr. Wagener sprach von der schlechten Zeit, die Breslau deswegen bevorstehe, weil die Metallindustrie durch das Ausbleiben der Staats, aufträge in einer schweren Krise stehe. Man rechne damit, daß in diesem Winter etwa 2SOOO Menschen in Breslau feiern werden müssen. Namens der Be- Hörde sprach der Staatssekretär im Reichsarbeits ministerium Dr. Gelb, der erklärte, die Gleich- berechtigung der Arbeitnehmer mit den Arbeitgebern sei eine Unterlage des modernen Arboitsrechtes. Der Oberpräsident der Provinz Niederschlesien Zim mert gab dem Wunsche nach einer baldigen Ver ständigung im deutsch-polnischen Wirtschaftskrieg Ausdruck, denn die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands dränge nach dem Osten. Nach einer Begrüßung des Vertreters des internationalen Gc- werkschaftsbundes Mertens-Brüssel hob der Direktor des Internationalen Arbeitsamtes Donau hervor, daß die Schmierigkeiten der Ratifizierung des Washingtoner Abkommens über den Achtstundentag durch eine noch in diesem Jahre geplante Aussprache der hier beteiligten Länder beseitigt werden könnte. Auf seine Bemerkung, der deutsche Einfluß im Inter nationalen Arbeitsamt könnte durch aktive Mitarbeit Deutschlands gehoben werden, antwortete der Vor sitzende, daß die Gewerkschaften gern Mitarbeiten würden, wenn die Auslandsfordcruimcn auch in deut- scher Sprache ausgcgeben werden. Dann wurde die Wahl dcr Kongrcßlcitung vorgenommcn. Schlußfeierlichkeiten -er Stockholmer Weltkirchenkonferenz Stockholm, 31. August. Sonntag vormittag begaben sich die Delegierten und Gäste der Weltkirchenkonferenz im Sondcrzug zu den Schlußfeierlichkciten nach Up sala. Den gewaltigen Dom füllte eine riesige Menschenmenge, als um 11 Uhr die geistlichen Wür- denträger aus der ganzen Welt unter Orgel begleitung ihren Einzug hielten. Die Festrede hielt der Erzbischof von Upsala. Nach dem Gottesdienst begaben sich die Teilnehmer zur Universität, wo ein von Universität und Stadt Upsala gegebenes Früh stück noch einmal die Gäste aus der ganzen Welt vereinigte. Der Rektor der Universität begrüßte die Gäste Eine Reihe von Tischreden folgten. Dcr Berliner Universitätsprofcssor Dr. Deißmann sprach über den wundervollen Zusammenhang von Wissenschaft und Religion im Christentum. Seine Ausführungen wurden von der Versammlung mit lebhaftem Beifall begrüßt. Schluß des Zionistenkongreffes Wien, 31. August. In dcr Schlußsitzung des Z i o n i st e n - Kon gresses wurde das Palästina-Budget anngenom- mcn; cs beläuft sich aus insgesamt 600 000 Pfu» d Sterling, dafür 270 000 für Landwirtschaft, 84 030 für Erziehung; die weiteren Hauptpostcn sind: für Arbeit 38 000, Einwanderung 39 000, Handel und Industrie 381000, Gesundheitswesen 40 000. Es wurden Dr. Weizmann nnd Sokolow mit d »r Leitung dcr Organisation wieder betraut; dcr An trag wurde mit 142 gegen 20 Stimmen angenom men. Mit einem Schlußwort des Präsidenten Soko low wurde die Konferenz Sonntag abend um ^7 Uhr geschlossen. Republikanischer Tag in Homburg Homburg, 31. August. Hier faud ein „Republikanischer Tag' statt. Sin stattlicher Festzug bewegte sich am Sonntag nachmittag durch die Straßen. Ltrva 20 Stahlhclmlcute versuchten den Zug zu durchbrechen, indem einer von ihnen auf die Spielleute mit einem Stock rinschlug; dcr Angriff wurde jedoch rchncll ao- gewehrt. Unter den telegraphisch cingegangen.'n Glückwünschen befand sich auch ein Telegramm des Reichstagsabqcordnetcn Dr. Wirth. Or. Wirth n Berlin Berlin, 31. August. Dr. Wirth, ist heute aus seiner badischen Heimat, wo ercine Besprechung mit seinen engeren Partcisrernnden hatte, in Berlin eingctroffen. Dr. WiWrth will an der Amerika-Reise zur interparla mentarischen Union teilnehmen und die kurze Frist bis zum 12. September dazu benutzen, an dcr Klä rung der Verhältnisse im Zentrum mitzu wirken. Dr. Wirth bcabsichtiHt, in den nächsten Tagen in einer längeren Erklärung sein Verhalten zu motivieren und nach vorausaenngcnen Be sprechungen seine weiteren Schlußfolgerungen zu ziehen. Zn einer writercn Aussprache wird sich Gelegenheit geben, auf dem Parteitag des badischen Zentrums in der ersten Hälfte des September, während der Reichsparteitag des Zen trums erst im November zusammcntreten wird. Einstellung -es Personalabbaus in Anhalt Dessau, 31. August. Das anhaltische Staatsministerium veröffentlicht in einer Gesetzsammlung eine Verordnung über die sofortige Einstellung des Personalab baus in Anhalt, sowie über die Herabminderung der Pcrsonalousgabcn der öffentlichen Verwaltung.
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