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l>ie ihm zu schaffen machten. Trotzdem unterließ chm Pflicht und Gewissen vorschrieben, bis ee " 7 7 7 sinter warf ihn derart hart aufs Krankenlager, daß er glaubte, sein letztes Stünd lein sei gekommen. Rach drei Monaten erst war er wiederher- -7 "7" ." ' —' V ' - - -stren- gungen nun vollkommen gewachsen. Selbst die schlimmen Jahre de« 7jährigen Krieges, die Neukirch schwer heimsuchten, vermochten ihm nichts anzuhaben. Und es war doch gewiß eine schwere Zeit, besonders im Jahr« 1758, als im Oktober die ganze österreichisch« Armee unter Daun in einer Stärke von 100000 Mann von Stol pen her ins Dors einrückte und Neukirch in ein Feldlager verwan delte. Da gleichzeitig die Preußen von Bischofswerda aus« rückten, wäre die Schlacht, die nachher bei Hochkirch entschieden wurde, beinahe bei Neukirch geschlagen worden. Zum Glück wurde das Unhell abacwendet. Trotzdem, die Not war auch ohnedies groß genug. Es starben in diesem Jahr« fast doppelt soviel Ge- meindemitglieder als sonst, zweifellos infolge von Schreck und Auf regungen. Dazu kam, daß in Neukirch und Ringenhain „eine harte qlldemische Krankheit" herrschte, „die nicht nur ansteckend war, so daß in vielen Häusern Alle und Kinder alle auf einmal daran krank lagen, sondern auch die Kranken mehrentetl» ihres Verstandes und Bewußtseins durch , «ine übermäßige Fieberhitze beraubte". Die Not erforderte fast Heimat verließen, um am neuen Orte unangefochten ihrem Götte übermenschliche Kräfte von denen, die da Helf«, wollten. Tag " - -- - und Nacht war Pfarrer Reichel unterwegs, um Kranken Trost zu« zusprechen und den Sterbenden das heilige Sakrament zu spenden. Dem Kriege folgten neue Leiden. Das Jahr 1771 brachte Mißwachs und Teuerung. „Das war für mich rin hartes Jahr ', schreibt Reichel. ,Ach hatte vollauf mit Krankenbesuchen zu tun und fand fast in allen Häusern Leute, die vor Hunger und Mangel der Nahrung krank waren, und Kinder, denen die Ettern nichts konnten zu essen geben. Alle eßbaren Kräuter wurden zusammen gesucht und gegessen, und wenn sie auch noch so bitter schmeckten; alle Kleien und Quecken wurden zur Speise genommen und auf« gezehrt — und langten doch nicht zu." Hinzu kamen schwere Schick- salsschläge in Reichels eigenem Hause. Im Dezember starb seine Mutter, die er auf ihre alten Tage mit zu sich nach Neukirch ge nommen hatte. Von den drei Kindern, die ihm hier geboren wurden, wurde ihm eines im zarten Alter von einem Jahre durch den Tod entrissen. Zudem starb am 7. Februar 1777 der junge Gutsherr von Neukirch, der Geheime Kriegsrat und Major von Huldenberg, der 17M die väterlichen Güter übernommen hatte: und während noch die ganze Familie an Pocken darnieder lag, folgte ihm acht Monate später der schwergeprüfte Vater ins Grab nach. Reichel war diesen seinen Kollatoren allezeit mit be sonderer Liebe verbunden gewesen und hatte in ihnen warmher zige Freunde gefunden. Damit das Maß der Tränen voll würde, nahm der Tod im Oktober des gleichen Jahres ihm auch noch sei nen treuen Mitarbeiter, den Katecheten Adler, hinweg, an dem er in all den schweren Jahren eine wirksame Hilfe gefunden hatte. Das alles beugte den alten Mann schwer nieder. Die Schick salsschläge sollten nicht ohne Folgen für sein« Gesundheit bleiben. Bereits im Jahre 1785 wurde er während der Karfrsitogspredigt auf der Kanzel von einer Ohnmacht befallen. Zwar erholte er sich wieder, doch pflegte er seit jenem Tage nur noch sitzend die Predigt zu halten und ebenso das Abendmahl zu spenden. Seine Amts handlungen hat er bis noch wenige Tage vor seinem Tode pflicht treuerfüllt. Und es waren deren nicht wenige. In den 40 Jahren seiner Tätigkeit hat er allein in Neukirch über 1000 Paare getraut, über 4400 Kinder ge tauft und übe: 3400 Gemcindemitglieder begraben. Ja, bis in sein hohes Alter hat er noch den täglich umfangreichen Briefwechsel erledigt, der ihn in seiner Eigenschaft als Leiter der Herrnhuter Brüdergemeine in Neukirch mit allen Ländern der Erde verband. Er starb am 25. Oktober 1794 im Älter von 76 Jahren, von allen, die ihn kannten, aufs schmerzlichste betrauert. Zu seinem Begräbnis auf dem Neukircher Friedhof hatte sich eine schier unübersehbare Schar von Leidtragenden aus nah und fern eingefunden. Er hatte überall Freunde Denn „alle, die ihn kannten", schreibt fein Amtshelfer und Nachfolger, der Pfarrer Johann George Pech, in einem Nachruf auf ihn, „und die in ge nauem Umgang mit ihm gestanden haben, werden es eingestehen, daß eine ungeheuchclte Gottesfurcht, «in dienstfertiger, freundlicher und nachgebender Sinn, eine treue Sorgfalt für die ihm anver trauten Seelen, eine liebevolle Wohltätigkeit gegen jedermann und eine gewissenhafte Tätigkeit in seinem großen Berufe sein Eigen tum und treu von ihm erfüllte Pflicht war." Sie alle verehrten ihn als den, als den ihn sein noch erhaltener Grabsteian kündet: ihn als den, als den ihn sein noch erhaltener Grabstein kündet: ' ' ! . Otto Flösset. Vorher jedoch stellte ihn das Schicksal noch aus eine harte Probe. . Die Folge hat gezeigt, daß die Bedenken, nach Neukirch zu kom- Rachdem ihm eben erst einer seiner Brüder als Student in Leip- - men, nicht unberechtigt waren. ,Ach kann nicht leugnen, daß mir's - zig durch den Tod genommen worden war, starb 1745 eine in dem ersten Jahr« meines neuen Amtes etwas hart ging", so Schwester von ihm und ein Jahr später sein von ihm über alles berichtet er. ,Ach kam in volle Arbeit hinein, welche bei meiner geliebter Later. Auf dem Wege nach Sebnitz, wo er bei einem Kränklichkeit alle meine Kräfte überstieg. Ich war mit Engbrüstig« Kaufmann eine Hauslehrerstelle anzunehmen gedachte, erreichte kett und kurzem Atem beschwert und mußt« doch fast^alle Tage in ihn der Ruf, als Pfarrer nach Hermsdorf bei Görlitz zu kommen. Amtsgeschästen zubringen." Sonderlich waren es die weitläufigen Er schlug ein, und damit faßte er Fuß in der Oberlaufitz, die er Krankenbesuche, die '7 5 '7 " ""7 von nun an nicht mehr verlassen hat. Nach seinem eigenen Aus- er nicht», was chm Pflicht und Gewissen vorschrieben, spruch war die Oberlausitz a » für uns bestimmte Weihnachten 1754 zusammenbrach Jener -harte Winter v Land". In der Tat offenbart sich in seinem Leben der Wille der ----- - - göttlichen Vorsehung geradezu sichtbarlich. Er, der mit allen Fa- lein sei gekommen. Nach drei Monaten erst war er wieherh fern seine» Herzen» der Herrnhuter Lehre verschrieben war, sollte gestellt, ja er fühlte sich kräftiger als vorher und allen Anstr draußen nirgend eine Predigerstelle finden, weil ihn ein höheres Ge- gungen nun vollkommen gewachsen. Selbst die schlimmen Jal schick für unser« Oberlausitz bestimmt hatte, in der jene Lehre am ursprünglichsten lebte und in der er ihr ein Bote und Wegbereiter «erden sollte, und nicht nur er: alle seine Brüder und Schwestern und sein« eigenen Kinder sind durch die Herrnhuter Schule gegan gen, die meisten von ihnen haben im Dienste der jungen Le- wegeung gestanden und hohe Aemter darin bekleidet, teils als Leh rer an verschied. Orten der Lausitz, teils ab Missionare in Apen und Amerika, einer davon hat es gar bis zum Bischof der Herrn huter Brüdergemeine gebracht. Reichel faßte es als ein gutes Zeichen auf, daß die Losung des Tages, an dem er nach der Oberlausttz kam, also lautete: „Das Land ist ein Land, auf welch«» der Herr dein Gott acht hat und die Augen deines Gottes immerdar darauf sehen, vom Anfang des Jahres bis ans Ende." Reichel war eben ein grundfrommer Mann, der alles in seinem Leben im göttlichen Lichte sah. Das lag chm von Generationen her schon im Blute, gehörte doch sein Urgroßvater, der. evangelische Prediger Michael Reichel, zu jenen aufrechten Christen, die um ihres Glaubens willen die böhmische - ... .... dienen zu können. All« seine Vorfahren find protestantische Geist lich« gewesen, und seine Kinder und Kindeskinder sind es geblieben. Hier in Hermsdorf nahm er Eleonore Sophie, die Tochter de» herzoglichen Silberdieners Müller in Altenburg, zur Frau. Bon den zwei Söhnen, di« sie chm schenkte, starb der eine bald nach der Geburt, der andere wurde später Inspektor de» Pädagogiums in Nazareth in Amerika. Während einer Krankheit, die Reichel schwer traf, besuchte ihn auch Christian David, jener mährische Zimmermann, der bei Berthelsdorf den «rsten Baum gefällt und damit den Grund zu Herrnhut gelegt hat. Obgleich er mit seiner Gemeinde in Hermsdorf aufs engste verbunden war, blieb er doch nur vier Jahre bei ihr. Im Oktober 1742 siedelte er als Pfarrer nach Taubenheim über. Es war chm nicht leicht geworden, „eine schöne, anmutige Gegend mit einem weit rauheren und gebirgigen Orte zu vertauschen." Er blieb auch nur ein Jahr und vier Monate dort, am 11. Mär, 1754 zog er al» Pfarrer in Neukirch ein. Die Berufung hierher geschah auf eine wundersame Weife. In der Herrnhuter Predigerkonferenz, deren Mitbegründer er war, hatte er den Freiherrn von Huldenberg kennen gelernt, «inen aus dem alten Adelsgeschlecht der Huldenberger, die über sieben Jahrzehnte auf Neukirch gesessen haben. Der junge Baron fand, als er mit seiner Gemahlin in Neukirch einzog, daß verschiedene feiner Unter tanen sich zur Herrnhuter Lehre hielten, unter ihnen auch die bei den Prediger, der au» Schirgiswalde gebürtige Pastor Schneider und sein Katechet Kühn aus Bautzen. Da nun widriggesinnte Leute, die Eingang bei ihm fanden, ihm die Bewegung als kirchen- keindlich und als «inen Eingriff in seine herrschaftlichen Rechte darstelltrn, so verbot er den Umgang mit Herrnhut ängstlich. Ja, «r entsetzte den Katecheten seines Amtes und brachte beim Ober amte und beim Geheimen Konsilium in Dresden enee Klage gegen den Grafen Zinzendorf ein, die für diesen viele üble Folgen nach sich zog. Der neue Gutsherr war auf dem besten Wege dazu, die Herrnhuter Lehre in Neukirch mit Stumpf und Stiel auszurotten. Allein, das Schicksal wollte es anders. Der frühe Tod seiner in- nigst geliebten Gattin, eine schwere Krankheit, di« ihn selbst an den Rand des Grabes führte, eine Feuersbrunst, welche «inen gro ßen Teil seiner Besitzungen in Asche legte, und noch mancherlei andere Heimsuchungen ließen ihn in sich gehen. Er deutete sie als Strafe für sein hartes Verhalten, vertiefte sich in Zinzendorfs Lehre, ward schließlich selbst ein frommer Anhänger an Herrnhut und setzte alles daran, das begangene Unrecht wieder gut zu machen und in Neukirch eine Kolonie der Herrnhuter zu gründen. Er konnte keinen besseren Helser dazu finden als Reichel. Zwar hat es sich dieser reiflich überlegt, das Amt anzu treten. Auf dem Wege nach Hauswalde, wo er einen Der- wandten befuchte, kam er noch einmal durch Neukirch. Jetzt erst besah er sich das Dorf genau, und er erschrak fast, als er gewahr wurde, wie „groß und volkreich" es war. Eine Meile erstreckte es sich im Tale hin, das entfernte Ringenhain war dahin eingepsarrt! Würde er die Anforderungen auch erfüllen können, welche ein so anstrengendes Amt an ihn stellte? Er war ein kränklicher Mann und von schwächlicher Statur. „Es war gerade Mittag, da ich nach Neukirch kam", erzählt er. ,Ach wollte jedoch in diesem Orte, dessen Anblick mein Gemüt beunruhigte, nicht einkehren, sondern ging weiter bis zu dem nächsten Dorfe, da» Schmölln heißt."