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Steinigtwolmsdorf als» hört« Reichel zuerst von der Oberlaufitz, di« spÄer seine und der «einen Heimat werden sollt«, und von »en Herrnhutern, denen er sich bald mit Leib und werke verschrieb. »eil er ein eifriger Schüler und darum bei seinen Lehrern gut angeschrieben war, erregte er den Reid seiner Mitschüler, bi« nicht davor zurückschreckten, ihn deswegen jahrelang zu quälen und zu schlagen. Die Mißhandlungen, di, der elngeschuchterte Knabe den Lehrern nicht zu melden wagte, nahmen solche Formen an, daß der Arme todkrank wurde und ihn der Vater vorzeitig von der Schule heimholen mußte. Reichel hat damals Schäden davon getragen, an denen er zeitlebens zu leiden gehabt hat. Nach anderthalb Jahren war er dank der Kunst eine» Altenburger Arzte» und der mütterlichen Pflege so weit wieder hergestellt, daß er Michaelis 1737 di« Universität Leipzig beziehen konnte. Der Vater hatte den Knaben von Geburt an zum Geistlichen bestimmt, und so ergriff dieser das Studium der Theologie. Christian Weise, Professor Winkler und Professor Pseifer, ein früherer Wohltäter seines Vaters, wurden seine Lehrer. Freitische wahlwollender Gön ner und ein Stipendium seines Paten, des Grafen Bühnau, halfen ihm über die äußeren Schwierigkeiten der Etudienmonate hinweg, die Ferien verbrachte er bei Verwandten auf dem Lande. Es zeugt von dem stammen Sinn des Jünglings, daß er nach voll endetem Studium nicht sogleich einen Beruf ergriff, sondern nach Hause zurückkehrte, um dem alternden Vater in seinem schweren Amte beizustehen und den Unterricht der drei jüngeren Geschwister zu leiten. Im Juni 1743 aber rief ihn der Kanzler v. Oppel, der noch im selben Jahre als Premierminister nach Gotha berufen wurde, als Erzieher seines Sohnes nach Altenburg. In Gotha hatte Reichel Gelegenheit, die Herrnhuter Bewegung aus der Nähe- kennen zu lernen. Oberhofprediger Brückner, ein eifriger Anhänger derselben, unterstützte ihn dabei. Recht eingeführt in die Zinzendorfsche Lehre aber wurde er durch den Major v Lützau, der von Herrnhut herkam, um die Streitigkeiten zu schlichten, welche zwischen der Gothaer Kirchenbehörde und der neugegrün deten Herrnhuter Kolonie im nahen Neudietendorf bestanden. Reichel wurde bald ständiger Gast in Neudietendorf. Das ist ihm, als er sich später um ein Predigeramt bewarb, oft hinderlich geworden. Dort machte er auch die erste persönliche Bekanntschaft mit dem Grafen Zinzendorf. Sein heißester Wunsch ging dahin, Herrnhut selbst einmal kennenzulernen. Gelegenheit dazu gaben ihm die wiederholten Reisen in die Lausitz, di« der Kanzler mit ihm nach seinen bei Spremberg gelegenen Gütern unternahm. Auf einer derselben ging Reichel zu Fuß von Spremberg nach Kleinbautzen, wo seine Schwester Sophie mit dem Pastor Pannach verheiratet war, und aus ihren Rat hin über Klix, Kittlitz und Löbau nach Herrnhut. i « wn Der Rückweg führte ihn über Bautzen, Neukirch und Wehlen, wo Guten Tag, Herr Gerichts- „ feinen Oheim besucht-, nach Gotha. E» war das erstemal, daß er Neukirch sah, da, ^hu Jahre (Fortsetzung folgt.) später seine zweite Heimat werde» sollte. Ach den andern mit Schlucken und Würgen, man aller begriffen und verschlungen hatte. Auch der brüllend« Feld- - webet war vergnüglich. Die Troßknecht«. wüßten tausend Streiche. Rappen, Schimmel, Füchse und d Isabelle, der Tausend, was waren ' Dörfer, stattlicher als daheim, Laubwälder, Ackerbreiten, auf denen ein stolzes Korn stand, dann und wann eine kur fürstliche Postsäule. Eichloses Getümmel durch die Lausitz über fremde Bertze nach Böhmen, doppelte?, dreifaches Wesen, schöner wilder Lärm des Dasekns, des anspringen- ' den Krieges gewärtig im Zeltlager zu Troppau. Aber er kam nicht zu Schlag und Stich in diesem Kar- tüffeltrieg. Die Perücken in den KanzleiM, di« armen Schlucker, die kein Pulver riechen konnten, fochten die Fehde aus. Man kehrte mit Hott und Hü zurück in die Garnisonen. ' ' Karle Stülpner riß, als sich in einem HEweg alles Ge- . fährt verschachtelt hatte und es einen langen Aufenthalt gab, einem weißröckigen Infanteristen die Büchse aus der Hand und holte eine Krähe herunter, um nur 4twas geschossen zu haben in diesem lumpigen Kriege. Dann spuckte er verächt- llch und hieb auf seine Gäule. Er hatte auf einmal seine bösen Augen In der Garnison war nun alles anders. Ohne den Schwung, der in männlicher Kriegshoffnung lag, schleppte der Dienst. Der Feldwebel war ein Prügelhund. Kamerad- > jchaft ging unter in Zank und Diebereien. , Als die überzähligen Mannschaften entlassen wurden, hatte Graf Zinzendorf di^Kä^rgemeVnein Herrnhut^gearün wollte auch Karls Stülpner mit heim. Aber es müßte erst Die Strömungen, di« von dort ausgingrn, erregten die Semi seine Mutter kommen — welche wette Reise! und den und wu^en in Nerikalen Kreisen heftig bekäm^b Weidner «ar Sohn vom Herrn Rittmeister Zirkel losbltten, da kam er Echt« auch M-d-r n°» W — ' lausitz siHt?" fragte er die Schüler. Da meldet« sich ein Knabe au» Die Bartheis Marie saß am Schänkenfenster. Sie putzte Steinigtwolmsdorf. besagte der, „es gehen dann zinnerne Lasen mit Scheuergras. Glanz wie bläulicher Sil- und «an« Leute durch unser Dorf, die diese» Glauben, find/ ; der glomm zwischen ihren Fingern. und nun erzählt« ,er vondiesenLeuten. Durch einen Knaben aus „Als ich auf meiner Bleiche ein Stückchen Garn be- ! goß —", summte sie Hazu. Der Schanker, ihr Vater, rückte ein volles Faß schritt weise in den Winkel. Er stieß es mit den Füßen; „Znfamig- les Biest, infamigtes —", und ächzte. Er hatte Zahnschmer zen. Die grilligen Fallen seines Gesichts verliefen sich auf der linken Seite zwischen Bartstoppeln in eine blanke Ge schwulst. - Er hob den Schädel ein wenig und schielte aus den Augenwinkeln nach der Tochter: „Was gibt s denn zu gas- sen?" „Vater, dort kommt Stülpners Karle mit seiner Mutter! So hat sie ihn doch freigekriegt in Dresden! Gott, wie lang der geworden ist! Und der feine Hut! Grün mit Federn, wie die Jäger! Ei, da muß ich doch mal —" Sie sprang nach der Tür, daß ein Schemel stürzte. „Willst du dableiben — verdammt! Du sollst dich mit dem Gesindel nicht einlassen! Mit den Hungerleidern! Willst du —?" Sie duckte sich tief über ihre Hantierung. Aus einem spiegelnden Zinndeckel starrte ihr Gesicht sie mit erschrocke nen Augen an. Draußen gingen Schritte, zögernd, verweilend, ent haftend, vorüber; auf einen Augenblick war der Zuspruch einer weiblichen Stimme dreingemischt. Nach einer Zeit, in die nichts als das scharfe Klirren des Stundenschlags und mürrisches Gepolter von Fässern ge- fallen war, scharrte es im Flur, die Tür wurde nach außen aufgerissen, ein gewichtiger Mann in bordiertem Rock stand breitspurig zwischen den Pfosten. Wie er seinen Kopf, einer Begrüßung wartend, ruck weise vom Vater zur Tochter drehte, schlotterte seine Wange. Der Schänker beeilte sich: „Gehorsamer Diener, Herr Gerichtshalteri Hohe Ehrel^ Sein krummer Buckel stieß den Eintretenden fast in die seidene Weste. Der bordierte Mann machte sich Raum mtt dem silber beschlagenen Stock, pustete, als wäre er außer Atem^und ' steuerte nach dem Fenster zu, " " " chen geheftet. Das knickste ein wenig Hattert" 8l!lIÜEÜ— k MV'LUpLL Al lkkUWntr öAWklkl «LrMt. waren das für gut«Kameraden! (Zur Wiederkchr seine» Todestages wn 25. Okt/vor 1« Jahren.) Am 25. Oktober 1704 starb tn Neukirch der dortige Vberyfvr- rer Karl Rudolph Reichel, ein Rann, der vier Jahrzehnte hindurch der Gemeinde Neukirch und dem mtt eingepfartten Ringenhain «tn in allen Stücken unwandelbar fromme« Bvrbtld gewesen ist und darüber hinaus sich um da» kirchliche Leben unserer gesamten Oberlausttz groß« Verdienste erworben hat. Lr wurde in OberUidel im Fürstentum Altenburg am 2». April 1718 geboren. Sein La- ter, der dort Pfarrer «ar, leitete den ersten Unterricht de» Kna ben, und er- leitete ihn mit Eifer und Strenge; denn er wollt«, daß dieser ein gläubiger Thrift und tüchtiger Geistlicher würde, und e» gereichte dem stammen Mann zur Freude, später in dem Sohn das Ziel voll erreicht zu sehen, das er sich mit ihm gesteckt hatte. Er setzte die Unterweisungen auch fort, al» er neun Jahre später nach Windisch-Seuba versetzt wurde, wo bi» dahin sein Bruder amtiert hatte. Große Sorg« bereitete es den Eltern, al» der Zehnjährige — zugleich mit allen seinen Geschwistern — so schwer erkrankte, daß man sein Ableben fürchten mußte. Doch gena» er, und nun gab ihn der Bater zur ferneren Ausbildung auf die Fürstenschule zu Schulpforta. Zwar der Rektor Schröder, der aus St. Afra in Meißen dem Bater ein wohlmeinender Freund gewesen war, war kurz vorher gestorben, dafür fand er in Magister Weidner einen tüchtigen Lehrer, der den vom Vater gelegten Samen im Herzen de» Knaben zu wecken verstand. Es war eine auf kirchllchem Gebiet sehr bewegte Zeit. 1722 reine in Herrnhut gegründet.