Volltext Seite (XML)
LLZ^.-S-Z^-S' t-?' -r Land regier- Vierzehn volle Jahre dauerte dieser zvjtano. Geschlechte derer von Wie schon früher einmal bei ähnlicher Gelegenheit die Autorität de« Nun war Gaußig ganz ohne Geistlichen. Die Gelegenheit machte sich der Kurfürst zunutze, um seinen evan gelischen Geistlichen in die verwaiste Stelle zu bringen, meinend, es müßte ihm ebenso glücken wie anno 1SSS, als er das damals noch katholische Amt Stolpen mit einem Fähnlein Dresdner Reiter überrumpelt und besetzt hatte. Diesmal aber gelang ihm der Handstreich nicht. Der Bautzener Dekan Leisentritt war kein Bi schof Johann, den man überlisten konnte. Er kam ihm zuvor, in dem er einfach ein Schloß vor die Kirche hängen ließ. Nun standen die kurfürstlichen Räte mit ihrem neuen Geist lichen vor verschlossenen Türen und machten verdutzte Gesichter, Was war da zu tun? Sie hänglen ihrerseits ebenfalls ein Schloß davor — von Amts wegen! Das sah doch wenigstens nicht so aus, als wären sie die Genasführten. Die Geschichte machte die Runde durchs ganze Land, nun hatte man doch endlich etwas, worüber man lachen konnte. Drei Jahre blieb die Kirche verschlossen — drei Jahre wurde Gottesdienst auf dem Friedhof gehalten, bei Wind und Wetter, Sommer wie Winter! Bis es dem Bautze ner Kapitel zu lange dauerte und es einfach die Schlösser entfer nen ließ. Der Kurfürst blieb die Antwort nicht schuldig. Er ver bot den Seinigen, die Gaußiger Kirche noch irgendwie zu betreten und bestimmte sie, sich zum nächsten protestantischen Orte zu hal ten. Der Streit wäre sicherlich noch weiter herüber und hinüber ge gangen, wenn nicht — ja wenn nicht die großen politischen Ereig nisse im Reiche gekommen wären, welche die kleinen Geschehnisse im meißnisch-böhmischen Winkel überrannten. Und heute? Heute gibt es in Gaußig keinen Schlachtruf mehr: Hie Kaiser — hie Kurfürst! Hie Böhmen — hie Sachsen! Man hat auch dort wichtigere Dinge zu tun, als darüber nachzu- denken. ob Gaußig böhmisch oder meißnisch ist. Die Zeit hat über die Geschehnisse die Patina des Alters gedeckt. Nur hier oder da erinnert ein Stein am Wege, erinnern Zeichen in verfallendem Gemäuer an vergangen« Zeiten. Otto Flösset. WM »MW SW«." <Zur Wethe -er Gaußiger Kirche vor 80 Jahren.) zeigt. Er war aus der löcherigen Tasche seiner Jacke ins Futter geglitten, da trug er ihn, da fühlte er ihn. Hier zwischen den sieben zauberhaften Steinen, wo die Geister, die die Gvldkübel hüten, den alten Christoph Hacke beil einmal eine ganze Nacht behalten hatten, daß er dann mit weißen Haaren umherkef, hier wußte der Junge ^eden Wechsel -es Wildes. (Fortsetzung folgt.) ... . msistorium für dieses, und machte dafür geltend, „es sei in der Gesindestube des dasigen Ho. ein die Oberiausitz von dem Meißnischen scheidender Grenzstein muh höchst« Zeit, di- List der Jahre drückte'drohend auf ihm. vorhanden, nach dem Kirche ^und Pfarre wirklich auf Meißnischem Wer weib, wie lang« es gestanden hatte! Mer-, fünfhundert Jahr« sicherlich. Das bemooste wußte davon zu erzählen. Rach außen hin «in bescheidenes 2 irchleln, war es in feinem Inneren ein wahres Gaußig lag zur Hälfte auf böhmischem, zur Hälfte auf meißnischem Boden. Siss „königlich böhmischen Gaußig" und gleichzeitig sieben dahin eingepfarrten böhmischen Orten war der Kaiser als König von Böhmen und Markgraf der Oberlausitz geistlicher Herr, vertreten durch das Domkapitel in Bautzen. Nun waren aber noch Naun dorf, Cossern, Zockau, Günthersdorf, Arnsdorf, Dretschen und Tröbigau. Diese sieben, ebenfalls nach Gaußig eingepfarrten Orte waren meißnisch, gehörten also dem Kurfürsten vyn Sachsen, der die kirchliche Gewalt durch das evangelische Amt Stolpen und den Superintendenten von Bischofswerda ausüben keß. Unter solchen Verhältnissen soll einer Pfarrer sein. Ist doch allen Ernstes lange Zeit darüber gerechtet worden, Kinn« ist immer eine bedeutsame Angelegenheit auf unseren ob die Kirche auf kaiserlichem oder kurfürstlichem Grund Dörfern. Vollends wenn es eine runde Zehner-Kinn« ist wie und Boden läge! Heuer in Dicke Aktenbündel sind darüber abgefaßt worden. Der Pfarrer Gaußig, da» vor sechzig Jahre« sein Gotteshaus weihen entschied für jene», das Dresdner Konsistorium für dies«, und « kounle — machte dafür gellend, „es sei in der Gesindestube des dasigen Höfe ¬ bas neue. Das alle mußte ihm damals weichen. Es war aber -in die OberimM von dem Meißnischen scheidender^GrenzMn . - .. - .. - - - - - -- - vorhanden, nach dem Kirche und Pfarre wirklich auf Meißnischem Grund und Boden liege." Zuletzt mußte man doch zugeben, ,chle Frage sei schwer zu entscheiden." Noch schwerer war es, an Ort und Stelle zu amtieren. Spin nefeind waren einander die Parteien, eine suchte die andere zu sticheln, wo sie nur tonnte. Das Bautzener Domstift hielt all« Hände über den katholischen Geistlichen — der Kurfürst suchte ihn zu entfernen und Lurch einen evangelischen Geistlichen zu ersehen- Jentzsch war aber nicht der Mann, der sich werfen ließ. Dreimal llld ihn der Kurfürst vor — dreimal verweigerte jener die Folge, obgleich das lohte Gebot „bei Gefahr des Lebens" geschehen war- Nun suchte ihm der Kurfürst dadurch beizukommen, daß er den sieben meißnischen Dörfern verbot, fernerhin den Zins an Jentzsch zu zahlen, was für diesen «ine empfindliche Schmälerung der Ein nahmen bedeutete. Dieser aber, nicht dumm, leistete daraufhin seinerseits die Abgaben nicht, die er dem Pfarrer von Göda schul dete. ! Vierzehn volle Jahre dauerte dieser Zustand. Papstes, so wurde jetzt der Kaiser al» Schiedsrichter angerufen. Der wußte nur zu gut, daß es gefährlich war, in das Gaußiger Wespennest zu stechen und lehnte jede Einmischung sei nerseits klug ab. Auch eine kaiserliche und kurfürstliche Kommis sion, die deswegen mehrmals zusammentrat, kam zu keinem Ende damit. Darüber war Lukas Jentzsch zur ewigen Ruhe «ingegangen. Sein Nachfolger machte noch kürzeren Prozeß. Da ihm auch die sie ben Gemeinden den Zins nicht zahlten, verweigerte er stritte die Ver richtung jeglicher Amtshandlung, und weil er bald dahinterkam, daß in Gaußig Segen nicht zu holen war, suchte er sich anderswo «in friedlicheres Amt. n- Da waren die prunkvollen Altäre mit ihrem Reichtum an Golde. Da waren di« wertvollen Gemälde an Decken und Wänden. Waren die reichen Fahnen und Schilder und was sonst noch di« Erinne rung an große Zeiten aufbewahrt hatte. Das all« ist damals ver schwunden. auch die kostbaren Epitaphien und Leichensteine, die davon redeten, wie tapfere Rittergeschlechter auf Gaußig gesessen. Wir müssen schon tief ins Mittelalter zurückgehen, wenn wir zu de» ersten von ihnen kommen wollen, etwa bis in jene graue Zeit, «ms der die Sage von einer trutzigen Burg berichtet, die abseits am Wall>«ränd« stand und deren Herren Dorf und Lai ten. Waren « die Edlen aus dem uraüen Geschlechte i Gußk, die wohl als erste nach Gaußig kamen und bähenden Na men d« Dorfe« trugen? Sie waren reich an Gütern KW Ehren und hatten große Macht am Hose der Markgrafen von Branden burg. Sie konnten trotzen, und wenn es sein mußte selbst gegen die heilig« römische Kirche. Bor Peter von Gußk verschloß der Prtester das Gotteshaus und verbot „um seinetwillen das Singen der Messe". Eine stattlich« Reche der Edelsten aus deutschem Adel ist ihnen gefolgt: Die von Haugwjtz, di« hundert Jahre hier ge sessen haben und die « erleben mußten, wie durch die ruchlose Hand Kunz Rüdiger, au, Bischofswerda ganz Gaußig la Flamm«, aufging: die von Keyserling, die Günstlinge der Kurfürsten von Sachsen und Polen waren; die von Sersdorf, deren Name in der Lausitz««! so groß wie geachtet war; die von Kiesenwetter, von Nellschütz, von Echlleben, von Seydlttz und wer alles noch: Graf Brühl, der all mächtige Minister am sächsischen Hofe; di« v. Riaucour, di« der Kaiser ihrer Verdienste wegen zu Reitgras«» machte, und di« als die Grase« v. schall-Riaucour seit fast zwei Jahrhunderten auf Gaußig sitzen. Sie sind allezeit auch der Kirche milde Herren und hochherzige Gönner gewesen. Das war nicht immer so. Ursprünglich stand die Kirchfahrt Gaußig überhaupt nicht unter der Gutsherrschast. Sondern die Gaußiger Kirchenkinder waren dem Pfarrer von Göda untertan, bis ISIS, weil die Kirche zu Gaußig von Göda au» gegründet worden ist, zugleich mit der von Neschwitz. So um 1200 herum. Das war aber noch eine winzige Kapelle, die einen eigenen Geist lichen nicht nährte und darum von den Gödaern Pfarrern mit ver sorgt wurde. Bis Gaußig wuchs, und nun beginnt die lange Reihe der Gaußiger Geistlichen, in der so mancher hervorragende Mann gestanden hat. Etwa Johann Martini, der sich als Schriftsteller hervorgetan hatte. Oder Abraham Frenzel, der als Historiker und Sprachforscher sich Ruhm erworben hat. Oder ganz früher Lukas Jentzsch, von dem sein Gutsherr zwar behauptete, daß er ein Geistlicher war, „der nichts kann als Messe lesen und sonst so ungelehrt ist, daß er sein Vater unser gewißlich nicht recht aussprechen kann" und der darum in -em Rufe „eines üppigen, bösen Papisten" stand, in Wahrheit aber ein fester und charaktervoller Mann war und bloß darum geschallen wurde, weil er — doch das ist eine ganz verzwickte Geschichte, die — well sie ebenso lustig wie lehrreich ist — hier zur Kirmes einmal in aller Ausführlichkeit gesungen werden soll. Es war also um di« Mitte des IS. Jahrhunderts. Ueberall hatte Luthers L-Hre Eingang gefunden — nur in Gaußig nicht. Das lag an der ver trackten Grenzziehung, die so wie heute in der großen Polttik auch damals schon in der dörfischen Geschichte zu unliebsamen Verwick lungen Anlaß gab. .