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AkkWtzll VlWlstMlM Blühendes Wirtschaftsleben in der sächsischen «ad preußischen Lausitz. Die Nachrichten über das Wirtschaftsleben der Ver gangenheit fließen im allgemeinen ziemlich spärlich. Chroni ken und Archive berichten mehr über politische, kriegerische und kirchliche Vorgänge. Sitte und Brauchtum der Heimat werden dargestellt, Brände und Wässernöte geschildert. Aber am Wirtschaftsleben gehen die Chronisten zumeist vorüber. Um so interessanter ist es, den etwa noch vorhan denen Unterlagen einmal nachzuspüren und die in dieser Beziehung vorliegenden Einzelnachrichten zu einer mög lichst übersichtlichen Darstellung zusammenzufaffen, zumal gerade die wirtschaftlichen Nöte der Nachkriegszeit, die un geheuren Strukturwandlungen, die unsere Wirtschaft in den verflossenen Jahrzehnten erfahren hat und die völlig neu- artige Gestaltung unserer Wirtschaftsbeziehungen unseren Blick für wirtschaftliches Geschehen und wirtschaftliche Not wendigkeiten gestärkt haben. Ein Studium meist handschriftlicher Unterlagen zeigt, daß um die Zeit von 1800 trotz aller Kriegs- und sonstigen Nöte im Gebiet der sächsischen und preußischen Oberlausitz ein blühendes Wirtschaftsleben bestanden hat. Handwerk und Gewerbe hatten den goldenen Boden, von dem die alten Sprüche und Lieder berichten. Die ersten Uebergänge zur Industrialisierung zeigten sich in der Entwicklung einer außerordentlich lebenskräftigen und in ihren Auswirkungen segensreichen Kleinindustrie, und nicht minder bemerkens wert ist die Tatsache, daß gerade unser Lausitzer Wirt schaftsgebiet einen außerordentlich regen Binnen- und Auslandshandel zu verzeichnen hatte. Zeitge nossen rühmen, daß unsere Lausitzer Bevölkerung bereits vor 150 Jahren einen ausgesprochenen Gewerbe- und Kunstfleiß entwickelte. Dieser war allerdings in erster Li nie den deutschen Bewohnern der Lausitz eigen. Der wen dischen Bevölkerung ging der Sinn für geschäftliche Be tätigung ab; sie widmete sich mehr der von altersher über nommenen Bewirtschaftung der ererbten Scholle. Betont wird, daß eine milde Regierung und Religionsfreiheit in besonderem Maße dazu beigetragen haben, den Fleiß und Schaffensdrang der Untertanen zu wecken und zu pflegen. Vor allem scheint sich in dieser Beziehung der Uebergang der Lausitz an Sachsen, dessen 300jährigen Gedenktag wir im nächsten Jahre begehen, vorteilhaft ausgewirkt zu haben. Gehen wir den einzelnen Beschäftigungszweigen der Lausitzer Bevölkerung nach, so finden wir, daß in erster Linie die Leinwandfakturen vielen Tausenden von Bewohnern Lohn und Brot gaben. Landleute, Spinner, Weber, Bleicher, Garn- und Leinewandhändler fanden hier Beschäftigung. Sarnsammler waren für alle Dörfer eingesetzt, die Spinnerei betrieben, und diese belleferten wiederum die Faktoreien, die Träger der gesamte« Leinewanderzeugung bzw. des Leinewandhandels waren. Sie gaben die Garne fässerweise zur Bleiche, sie verteilte« die Aufträge in Lohnweberei und wurden dabei — wie zeitgenössische Berichte betonen — oft sehr reich. Sie ver- mittelten den Handel mit den Städten und führten de« Verkehr nach dem Auslande durch. Vorzüglich erzeugt wur den Damast, Kaneas, Zwillich, Schleier sowie feine, mitt lere und grobe Gewebe. Spinnen und Webe« wäre« die Hauptbeschäftigungszweige der Gegenden von Bautzen, Löbau, Zittau und Lauban. Dominierend war vor allem die Stellung von Zittau. Rund 20000 Menschen bekchäf- tigten sich hier mit Spinnen, Spulen und Weben. Alle, war dabei tätig, Vater, Mutter, Kinder und Dienstboten. Diese ausgesprochenen Weberdörfer nannte man bereit, damals Fabrikdörfer. Hierzu -Alten vor allem Großschönau, Waltersdorf, Jonsdorf, Reuhemu, Ebers- bach, Eibau, Oybin, Hainewalde, Seitendorf, Ruppersdorf und die Gegend um Markliffa-Meffersdors. In manchem dieser Dörfer wurden jährlich für mehr als 100000 Taler Waren gefertigt, was für di« damaligen Verhältnisse eine ganz ungeheure Summe bedeutet. Allerdings wird versichert, daß diese Wohlhabenheit — Männer und Frauen trugen Röcke von feinstem Tuche — steigend und fallend war und bei weitem nicht so sicher wie der Ertrag des heimischen Bodens. Krieg, Ausfuhrsperre«, Teuerung, äußere und innere Unruhen taten dem Leine wandhandel oft großen Schaden. Desgl. wird bedauert, daß die Garne und Leinwände auf inländischen Bleiche« nicht so ganz vollkommen werden und daß ausländische Betriebe oft wohlfeiler bleichen können. So mußte man viel in Böhmen und Schlesien bleichen lassen. In der Herrschaft Böhmisch-Kamnitz befanden sich allein 1S3 Kom- mercialbleichen. Wohl an 30000 Taler Bleichlohn ginge« dadurch jährlich dem Inland verloren. Indessen ließen auch wieder Fabrikanten von Rumburg, Schluckens» usw. in Zittau und Neusalza bleichen. Berühmt war schon damals die Damast Weberei von Großschönau, Neuschönau und Waltersdorf. Die Ausfuhr dieser Waren betrug 1794 über 87 000 Taler, 1795 über 180000 Taler und 1796 weit über 100 000 Taler. Die beste „weißgarnichte" Leinwand wurde in folgenden Ort schaften hergestellt: Zittau, Bautzen, Görlitz, Löbau, Lau- bän, Bernstadt, Herrnhut, Pulsnitz, Elstra, Neusalza, Ebersbach, Sohland, Taubenheim, Wehrsdors, Großschö nau, Reichenau, Markliffa, Wigandsthal, Burkau «sw. In der Gegend von Löbau und Lauban wurden außerdem viele buntgestreifte Leinwände hergestellt. Rach sicheren Angaben wurde 1794 für über 1,7 Mill. Taler weißgar- nichte Leinwand ins Ausland gesandt, 1795 für über 2F Mill, und 1796 für über 2Z MM. Starker Absatz herrschte auch in sogen. Pack le in wand, die aus dem Abgänge des Flachses und rohem Werg, aus sogen. Pfockengarn, her- gestellt wurde. In Taubenheim, «ehrsdorf, Elstra: Fran-