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Schiffe und Motorboote heulten und durch ein Spalier von zum Grus; erhobenen Armen fuhr das Motorboot de» Füh rer» den Lanale Grande hinauf, vorbei an den historischen Palästen, die kilometerweit diesen Kanal säumen, vorbei auch am Palazzo vendramln, wo Richard Wagner seine Augen für Immer schloß. Die erste Aussprache zwischen dem Führer und Musso lini fand in der V i l l a R e a l e i n Stra statt. Am Piaz- zole Romano beginnt die Fahrt über die große Autostraße nach Fisina und von dort entlang dem Brenta-Kanal bis Stra. Diese Fahrt vermag ein Bild zu geben von Italienischer Volkspsychose und von dem Geiste, mit dem das italienische Volk an seinem Führer hängt, mit dem es aber auch den Führer des deutschen Volkes achtet. Aus allen Fenstern hing die grünwcißrote Trikolore mit dem Liktorenbündcl. . Ueber die Straßen waren immer wieder in Riesenschrift die Worte geschrieben: „Duce, Duce, Ducei" und an verschiedenen Stellen „5) itler!" An den Häusern klebten große Plakate, die 10-, 20- und 30mal die Worte trugen: „Duce, Duce, Duce", eine Form der Begeisterung, die sich nicht nur auf einen Mann, sondern auch auf einen Begriff, auf ein Wort mit aller Intensität konzentriert. In den kleinen Orten trat gerade die Balilla an, um auf der Rückfahrt des Führers Spalier zu bilden und ihn zu begrüßen. Dann trafen wir lange Kolonnen von Jung faschisten. die riesige, 5 Meter große Plakate mit dem Kopf Mussolinis mit sich führten und die bei unserem Erscheinen in Beifallsklatschen und laute Rufe: „Es lebe Deutschland!" ausbrachcn. Nach dem Essen gegen 3 Uhr begann die erste große historische Unterredung zwischen den Führern der beiden großen Völker. Zweistündige Unterredung Kitter—Mussolini. Dnb. Rom, 14. Juni. Ueber die erste Unterredung Hit ler-Mussolini in Stra wird folgendes amtlich bckanntgc- geben: Der Lhef der italienischen Regierung hak dem deutschen Reichskanzler heute ein Frühstück in der Villa Pisani in Stra gegeben. Rach dem Frühstück haben die beiden Re gierungschefs eine über zweistündige Unterredung gehabt. Die Unterredung wird morgen fortgesetzt werden. Wie wir dazu noch erfahren, fand die Unterredung unter vier Augen stakt, weiter verlautet, daß sich beide Staatsmänner in freundschaftlichster Weise unterhiel ten. Mussolini sprach bereits während des Frühstücks nur deutsch, und zwar so fließend, daß selbst die Dolmetscher ihre Begeisterung zum Ausdruck brachten. An dem Frühstück in Stra nahmen u. a. teil: Der Se nator ilnd frühere Parteisekretär Giuriati, der Staatssekre tär Suvich, der Parteisekretär Starace, der italienische Bot schafter in Berlin, Cxrutti, Baron Aloisi und andere hohe Staats- und Parteibeamte. Auf deutscher Seite waren an wesend Außenminister von Neurath, der deutsche Botschafter in Rom, von Hassell, Gruppenführer Brückner, Pressechef Dr. Dietrich u. a. Ferner traf Geheimrat Aschmann, Presse chef im Auswärtigen Amt, im Flugzeug von Berlin kom mend, in Venedig ein. Gegenbesuch Mussolinis beim Führer. Dnb. Venedig, 14. Juni. (Drahtb.) Eine Stunde ngch der Rückkehr des Führers ins Grand-Hotel machte ihm der Duce dort seinen Gegenbesuch. Begleitet von Parteisekretär Starace, Untcrstaatssekretär Suvich, dem Chef der Miliz, Peruzzi und seinem Schwiegersohn Ciano, fuhr Mussolini vor dem Grand-Hotel im Motorboot vor und trat auf die Landungsbrücke. Genau im Eingang zum Hotel traf er mit dem Führer zusammen, der ihm entgegengekommen war. Mit einem freundlichen Lächeln begrüßten sich die beiden Staatsmänner und schüttelten sich die Hände. Dann schrit ten sie in lebhaftem Gespräch die Treppe hinauf zu den Räu men des Führers. Nach kurzem Beisammensein verließ dann Mussolini, vom Führer wieder bis zum Ausgang be gleitet, das Grand-Hotel. Bei der Abfahrt im Motorboot wandte er sich dann noch einmal lebhaft um, mit den Äugen nach dem Führer suchend, der unter der Türe stehen geblie ben war. Venedig, 14. Juni. Wie verlautet, hat die heutige zwei stündige Unterredung zwischen Reichskanzler Hitler und Mussolini hauptsächlich einer gegenseitigen Darlegung der beiderseitigen Gesichtspunkte zur Orientie rung über die allgemeine politische Lage Europas gedient. Die Besprechungen werden am Freitag fortgesetzt. In deut schen Kreisen wie auch bei den Italienern ist man von dem bisherigen Verlauf der Zusammenkunft durchaus be friedigt. Mussolini hat seine Politik des Viermächtepaktcs noch nicht endgültig aufgegcben und ebensowenig die Hoffnung, ein allgemeines Wettrüsten und weitere regionale Block bildungen in Europa zu verhindern, wobei er bei Hitler weitgehendes Verständnis fand. Nach Aeußerungen der italienischen Regierungspresse scheint Mussolini auch die österreichische Frage zur Sprache bringen zu wollen. Besprechung KMer-Ueurath-KasseU. Venedig, 14. Juni. Im Grand-Hotel blieben der Füh rer und Außenminister v. Neurath anderthalb Stunden zu Vorberatungen mit dem deutschen Botschafter v. Has sell zusammen. Der Reichskanzler war entzückt von der Fahrt durch das Hafenbecken und dem aus seinem Zimmer sich bietenden wundervollen Blick auf den marmornen Kup pelbau der Kirche Santa Maria della Salute sowie den Ein gang zu einer Abtei und dem Palazzo Gendvese sowie den regen Verkehr auf dem Canale Grande. Mieder deutscher Privatunterricht in Südtirol. München, 14. Juni. Einer Korrespondenzmeldung aus Bozen zufolge hat die italienische Regierung den Schullei tungen Südtirols die Weisung zugehen lassen, die Erteilung deutschen Privatunterrichts nicht weiter zu behindern. Telegrammrvechsel s, zwischen dem König von Italien, dem Reichskanzler und dem Reichsaußenminister. Rom, 15. Juni. (Eig. Funkmeldg.) Reichskanzler Adolf Hitler und Reichsaußenminister von Neurath haben an den König von Italien Telegramme gesandt, die der König er widert hat. Das Telegramm des Reichskanzlers an den König von Italien lautet: „Indem ich den Fuß auf italienischen Boden sehe, richte ich an Eure Majestät meinen ehrerbietigen Gruß in der Der Kanzler in Venedig. Ster slimen Sitter MMWvl ltzre LMeiWW. Di« Billa Pisoni in Slra bei Benedlg, der Schauplatz der Begeg nung der beiden Staats männer. Vor dem Abflug in München (vildkelegramm). Adolf Hitler mit Reichsaußenminister von Neurath (links» in Gruppenführer Brückner (rechts), seinem Adjutanten, ans . > Flugplatz von München. Die Wohnung des Führers in Venedig. Das Schlafzimmer des Appartements, das der Kanzler im Gra . Hotel bezogen hat. Hoffnung, daß die Begegnung mlk dem Lhef der Regierung Eurer Majestät zum Lohte der beiden befreundeten Länder und zum Frieden der weit beitragen möge, der von allen Völkern so sehr ersehnt wird. Reichskanzler Adolf h i tler." Das Telegramm desReichraußenministers an den König: , „Rach meiner gemeinsamen Ankunft mit dem Reichs kanzler in dem Lande, mit dem mich so viele Bande der Freundschaft verknüpfen, entbiete ich Eurer Majestät mei nen ehrfurchtsvollen Gruß. v. Reurath." Das Antworttelegramm des Königs .an den Reichskanzler: „Ich habe mich herzlich über den Gruß gefreut, den Eure Exzellenz bei der Begegnung mit dem Lhef meiner Regierung auf italieulschem Boden an mich gerichtet Höch Indem ich meinen lebhaften Dank hierfür ausspreche, gebe ich dem Wunsche Ausdruck, daß unsere beiden Völker in einer friedlichen Zukunft die von ihnen erstrebten Ziele er» reicht sehen mögen. Vlttorio Emanuele." Das Antworttelegramm des Königs an den R e ich s^> außenminister: „Ich danke Eurer Exzellenz lebhaft für den lieben^ würdigen Gruß, über den ich mich sehr gefreut habe und hey ich herzlich erwidere. Vlttorlo Emanuel e." Das graste Interesse der englischen Presse an Penedig. London, 15. Juni. (Eig. Funkmeld.) Der Nachrichten teil der Zeitungen wird vollständig von den Meldungen über die geschichtliche Zusammenkunft in Venedig beherrscht. Die ganze Londoner Presse, anscheinend mit alleiniger Aus- nähme des „Daily Heralü", ist jetzt durch Sonderberichter statter in Venedig vertreten- Gefunkte Lichtbilder, die unge wöhnlich groß gehalten sind, zeigen den Empfang des Füh rers durch den Duce. Die Berichterstatter beschränken sich in Ermangelung zuverlässiger Nachrichten über den Inhalt der Besprechungen der beiden Staatsmänner in der Haupt; fache auf die Schilderung der malerischen und eindrucks vollen Szenen, die sich von dem Augenblick der Ländüütz des Flugzeuges des Führers bis zur großartigen Festbe leuchtung in Venedig abgespielt haben. Der Vertreter der „Times" in Venedig sagt: Cs gils als unwahrscheinlich, daß irgendein formelles Dokument unterzeichnet werden werde. Zweifellos ist Mussolini der Ueberzeugung, daß der Friede Europas nur gesichert wer den kann durch eine Aktion, die im Einklang mit den Grundsätzen des Biermächtevertrages unternommen wird. Mussolini ist der Ansicht, daß die Lage im Fernen Osten durch die Unfähigkeit der europäischen Großmächte, ihre Meinungsverschiedenheiten in Ordnung zu bringen, unnöti, gerweise erschwert worden ist. Die Zusammenkunft wir- begrüßt als zeitgemäßer Beweis, daß Deutschland keines wegs allein steht. Der ständige Vertreter des „Daily Telegraph? in Venedig sagt, Hitler habe nach seiner ersten Begegnung mit Mussolini seiner Bewunderung für ihn beredten Ausdruck gegeben. Es heiße, daß Mussolini die Hücktthr Deutschlands in den Völkerbund unter Bedingungen unter- stützen werde, die Deutschland vor jeder Demütigung schützen würden. - ' Harald Cartozo berichtet der „Daily Mail", es verlautet, daß die Unterredungen sehr herzlich waren. Je der der beiden Führer habe unumwunden seine Ansicht über die Gesamtlage ausgesprochen. „Daily Expreß" überschreibt seine Meldung.- „Die modernen Napoleons sind allein in Napoleons Billa." Der Sondervertreter des Blattes spricht in einem Berich! aus Venedig von der dramatischsten Szene der Nachkrlcgr- geschichte, der Begegnung des Führers des Südens ii'd des Führers -es Nordens. Ueber die Aussprache sei amtlich nichts bekannt. Es verlaute aber aus ausgezeichneter Quelle, den Hauptgegenstand der Erörterungen habe die Frage ge bildet, wie Deutschland und Italien sich zusammentun könn ten, um der Gefahr des russisch-französischen Bündnisses ürd der geplanten Bildung einer europäischen Front gegen die, beiden Hauptrevisionsmächte, Deutschland und Italien, önt- gegenzuwirken. Hitler und Mussolini hielten die franzölllch" russische Gefahr für so groß, Laß sie wahrscheinlich die öster reichische Frage durch einen Gottesfrieden regeln wenden. Frankreich märtet ab. — Die französi sche Presse zur Zusammenkunft in Penedig. dnb. Paris, 15. Juni. (Drahtb.) Die Pariser Morgen presse, die ganz im Zeichen der Kammeraussprache über öi^ Heeresnachtragskredite von über drei Milliarden, des deut-, schen Transfermoratoriums und der Begegnung Hitler- Mussolini in Venedig steht, muß sich in ihrer Berichterstat tung über die Zusammenkunft in Venedig mit der ausführ- lichen Schilderung des Empfanges und des äußeren Rah mens der Zusammenkunft beynügen. Die französischen Son derberichterstatter in Venedig können nur auf gut Glück mögliche Hypothesen aufstellen. Offenkundig beeinflußt kennzeichnet die Zeitung Ex cel s i o r die französische Einstellung zur Begegnung von Venedig wie folgt: Die französischen Regierungskreise er- i»arteten in ruhiger Abgeklärtheit die Ergebnisse der Aus- spräche Hitlers mit Mussolini. Frankreich habe von einrm derartigen Meinungsaustausch nichts zu befürchten. Alles, was die Annäherung und die Zusammenarbeit der Völker begünstigen könne, entspreche dem aufrichtigen Friedens- und Versöhnungswunsch, der die französische Politik in Europa kennzeichne. Alles, was auf andere Ziele ausgehe, könne die französische Regierung nicht bedrängen, da sie ohne glückseligen Optimismus, aber auch ohne gerechtsertig- ten Pessimismus entschlossen sei, die Rechte Frankreichs zu behaupten und zu verteidigen. In dieser Hinsicht sei zwi schen Rom und Paris kein Mißverständnis möglich. Die . 'ranzösisch-italienische Annäherung bleibe weiter auf der Tagesordnung der französischen Außenpolitik. Der Sonderberichterstatter des Matin in Venedig er klärt, daß man in amtlichen Kreisen über den Inhalt der Unterredungen völlige Zurückhaltung bewahre. Das Inter- , esse der Besprechungen liege natürlich bei der Abrüstungs- > frage und der etwaigen Rückkehr Deutschlands nach Genf. Italien, das theoretisch nicht Stellung genommen und sich