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Ein Wiedersehen. Eine Geschichte von Lut> w i g v o n P l o e tz. Für die beiden galt das Wort: Er war ein Leutnant, und sie hatte auch nichts. Der junge Offizier erhielt damals nicht die Erlaubnis zum Heiraten, wenn nicht die „Kaution" hinterlegt wurde. Es mußte ein bestimmtes Vermögen vorhanden sein, das dem jungen Paar die verlangte Stan- desgemäßheit der Lebensführung sicherte. Die beiden Liebenden sahen keine Möglichkeit, zusam men zu kommen, wenn sie nicht noch sehr lange warten wollten und aus dem jungen Leutnant inzwischen ein Haupt mann erster Klasse geworden war. Da geschah es, daß eines Tages in der kleinen Garni sonstadt sich ein Arzt niederließ. Der lernte jenes junge Mädchen im Hause der Eltern kennen. Er suchte schon längst eine Frau. Bald kam es so, daß er den mit vielen Kin dern gesegneten von Sorgen bedrängten Vater mit allem Respekt fragte, wie es wohl wäre, was der Herr Amtsge richtskat wohl sagen würde, wenn . . . Das junge Mädchen kämpfte einen schweren Kampf, be riet sich mit dem Leutnant. Di« beiden saßen einen Abend bis tief in die Nacht hinein unter einem Busch wilder Rosen und hielten sich zum letztenmal umschlungen. Weshalb mußte auch die Nachtigall über ihnen so herzbrechend schluchzen? Es war nichts zu machen. Der Arzt wurde nicht ab gewiesen, als er im schwarzen Gehrock mit Zylinder und Blumenstrauß kam und in aller Form warb. Der Leutnant aber fand einen verständnisvollen Kom mandeur, der seine Versetzung in ein anderes Regiment und in eine neue Garnison bewirkte. Darüber vergingen viele Jahre. Der Leutnant kam in seiner Laufbahn vorwärts. Er war längst Hauptmann erster Klasse. Da er zu den Mannern gehörte, die wegen ihrer Ritterlichkeit von den Frauen geschäht werden, hatte er in zwischen auch seine Gefährtin gefunden. Er konnte wohl sagen, daß seine Che glücklich war. Im Weltkriege saß nun dieser Hauptmann nach einem schweren Tage mit einer Reihe Kameraden in einem zer schossenen Hause zusammen. Im Keller hatte sich Wein vor- gefunden. Da das Gefecht, das hinter ihnen lag, siegreich ausgelaufen war, stellte sich eine fröhliche Stimmung ein. Diese wuchs an, als eine Meldung des Generalkommandos einlief, nach welcher der Hauptmann zum Major befördert war. Zugleich wurde ihm ein Bataillon eines anderen Re- giments überwiesen. Es galt also an diesem Abend für ihn, den Abschied von den Kameraden zu feiern. Zu den Feiernden gesellte sich ein noch unbekannter Oberstabsarzt der Reserve. Er war erst am selben Tage in dieses Kampfgebiet versetzt worden. Der Militärarzt sah, wie man so zusammen saß, den neu beförderten Major scharf an. Plötzlich saß er neben ihm. „Sie verzeihen . . . Sie sind doch... Sie haben Viktoria gekannt, meine Frau?" Es war jener Arzt, der das junge Mädchen geheiratet hatte. Der Major wunderte sich nicht wenig: „Aber natür lich! Das ist ja sehr interessant. . ." Dieses und einiges andere stammelte er heraus. Alle sahen mit Befremden, wie er rot wurde. „Bemühen Sie sich nicht. Ich weiß Bescheid Viktoria hat Sie sehr lieb gehabt. Ich weiß . . ." sagte der Ober stabsarzt. Da saßen die beiden zusammen in Feindesland in dem zerschossenen Hause. Jeder hatte Falten auf der Stirn und ging seinen eigenen Gedanken nach. Keiner wußte recht, was er vorbringen sollte. Nach einer Weile kam der Oberstabsarzt heraus. „Vik toria sprach oft von Ihnen." In seinen Mundwinkeln zuckte es böse auf. „Wollen Sie von mir Grüße bestellen", unterbrach der Major das Schweigen. Der Oberstabsarzt sann eine Weile nach. Dann sagte er: „Das kann ich nicht mehr tun." „Aber warum nicht?" „Nein, es geht nicht. Viktoria ist tot." Der Major war erschüttert. Er wollte etwas sagen... fragen. Aber der andere erhob sich und ging aus dem Zimmer. Jeder dachte, der finstere Mann würde wieder kommen. Aber es sah ihn an diesem Abend niemand mehr. Da der Major noch in dieser Nacht sich bei seinem neuen Truppenteil melden mußte, kamen die beiden, der Arzt und der Offizier, nicht mehr zusammen. -- Wieder gingen die Jahre dahin. Frieden herrschte längst im Lande, wenn auch ein böser und bitterer. Der Major trug den Soldatenrock nicht mehr. Cs war ihm gelungen, in einem größeren Unternehmen unter zukommen. Dort leitete er seit einiger Zeit eine Abteilung. Eines Tages kam sein ältester Sohn zu ihm ins Büro. Der studierte die Rechte und stand unmittelbar vor der Rr- ferendarprüfung. Braungebrannt und gesund kam er vom Sportplatz und sah genau so aus wie damals sein Bater als Leutnant. „Was ist mit Dir, mein Junge?" fragte der Abteilungs leiter. — „Ich wollte längst mit Dir reden." — „Anstatt über Deinen Lehrbüchern zu sitzen, treibst Du Dich auf dem Sportplatz herum. Du hast da sicher ein Mädel..." Der Student lachte. „Mal muß man seine Nerven wie der in Ordnung bringen, Vater. Aber Du hast recht... ein Mädel ist auch da. Wenn D» Kitty kennen lernst, bist Du genau so verschossen wie ich. Cs kommt aber jetzt auf etwas anderes an. Du bist hier im Betriebe der groß« Mann. Cs ist Kitty gekündigt worden. Irgend etwas hast Du bestimmt für sie...." „Ihr jungen Leute seid glatt verrückt. Kaum hab' ich mich hier üurchgesetzt, da denkst Du, ich könnte alle Deine Bekannten unterbringen. Ich denke nicht daran", erklärte -er Vater. Wehr ist in den fig herbeigerufen unterwegs waren konnten. Die Berliner Wehrleüte haben es auf die sem Gebiete schon zu einer gewissen Fertigkeit gebracht, und um ihre Geschicklichkeit im Umgang mit den Bienen mag sie mancher Züchter beneiden. Jetzt wurde die Ber liner Feuerwehr an einem Tage nicht weniger als sieben mal zum Einfangen von Bienenschwärmen gerufen. An den verschiedensten Stellen der Stadt waren mehrere Völker aus ihrer Behausung ausgebrochen und hatten sich zur Be- unruhigung der Passanten auf Bäumen und Hecken nieder gelassen. Damit aber auch für Abwechslung gesorgt wird, wurde an dem gleichen Tage die Feuerwehr nach einer Straße im Berliner Süüosten gerufen, wo ein Kakadu ent wischt war und den Aufenthalt im Käfig mit dem auf einem hohen Baume vertauscht hatte. Auch in diesem Falle war die Iagdgöttin den Wehrleuten hold und sie konnten den Vogel seinem Besitzer wieder zurückbringen. — Abenteuer eines Abergläubischen. Kürzlich lächelte das Personal eines Londoner Hotels im still«n über einen späten Gast, der allem Anschein nach recht froh war, noch ein Unterkommen zu finden. Jedenfalls stand noch eine ganze Reihe von Zimmern des Hauses leer, und der Koffer des Fremden befand sich schon im Aufzuge, als dann doch nichts aus der Uebernachtung wurde. Es stellte sich nämlich heraus, daß alle noch freien Zimmer Nummern trugen, die durch Fünf teilbar waren; der Gast, der die Fünf für seine Unglückszahl hielt, wollte durchaus in dieser Hinsicht keine Vernunft annehmen. Trotz der späten Nachtstunde und trotz seiner Müdigkeit, trotz des Lächelns der Hotelbedien ten und trotz des bereits im zweiten Stockwerk gelandeten Koffers machte er sich wieder davon. Merkwürdigerweise stütteten Diebe in dieser Nacht zwei von den Zimmern, die der Unbekannte ihrer Nummer wegen nicht haben wollte, einen ausgiebigen Besuch ab und stahlen dabei allerlei! Di« Polizei war schon bei der Untersuchung, und in deren ^sandte man sich an di« Bahnpolizei, die mit einigen Be amten anrückte. Als es auch ihnen nicht gelang, das Tier einzufangen, muhten sie zur Schußwaffe «reifen. Mit einem Kopfschuß fiel die Kuh tot zu Boden. Sie hatte durch ihre Flucht ihr Leben noch um einige Stunden verkürzt. — Deutschland — da» Land der Radfahrer. Nur den Wenigsten dürfte es bekannt sein, daß Deutschland das Land ist, in dem es di« meisten Radfahrer gibt. Gemäß der letzten Statistik wurden in Deutschland annähernd 12 Mil lionen im Betrieb stehende Fahrräder gezählt. An zweiter Stelle kommt Frankreich mit 7 Millionen. Es folgen dann England mit 6, Italien mit 3, Holland mit 2,S, Schweden, Belgien und die Bereinigten Staaten mit je Ich Millionen, und Dänemark und die Schweiz mit je 700 000 Rädern. In Deutschland begegnet man wiederum im Westen des Rei che» den meisten Radfahrern. — Eine Mumie verbreitet Dlptheritis. In Kairo war eine Diphtheritis-Epidemie ausaebrochen, als deren ersten Erreger man eine Mumie in Verdacht hat. Diese Mumie ist in dem berühmten „Tal der Könige" ausgegraben wor den, und die Personen, die mit ihr zu tun hatten, sind sämt lich mit der Krankheit infiziert worden. Nun nimmt man an, daß, was allerdings der medizinischen Erfahrung wider spricht, di« Krankheitskeime durch über drei Jahrtausende in der Mumie lebendig geblieben sind und im heutigen Aegypten eine Krankheit verbreiteten, die schon zur Pha- raonenzeit Opfer gefordert hatte. — Ein Raby, das nicht wachsen will. Frau Johanna Erikson aus Lund in Schweden hat vor 8 Monaten ein Kind zur Welt gebracht, das damals ganz normal schien. Inzwischen hat sich aber herausgestellt, daß das Kind nicht größer wird. Bei seiner Geburt war es 54 Zentimeter lang: in den ganzen 5 Monaten ist es nur einen Zentimeter größer geworden und hat auch nur wenige Gramm zuge- Nommen. Dabei ist augenblicklich sein Gesundheitszustand ausgezeichnet, so daß die Aerzte und die Mutter vor einem Rätsel stehen. Wahrscheinlich ist der Wachstumstillstand des Kindes auf eine Drüsenstörung zurückzuführen. — Zollfragen um Ungeziefer. Am Zollamt von Mar seille gab es einen Zollzwischenfall wegen einer Kiste, die aus Rabax gekommen war und die 4 Kilogramm Ungezie fer aus Nordafrika enthielt, mit dem in Paris wissenschaft liche Versuche unternommen werden sollten. Die Zollbeam ten wollten das Ungeziefer zuerst überhaupt nicht, dann nach dem Zolltarif für — Säugetiere durchlassen, der nach Stückzahl berechnet wird. Das hätte etwa eine halbe Mil lion Francs ausgemacht. Nach langem Zureden fanden sich die Beamten endlich bereit, das afrikanische Ungeziefer un zutreffenderweise als — Staub passieren zu lassen. — Aus dem entlegensten Sibirien. Eine kürzlich aus dem Gebiet der sibirischen Taiga zurückgekehrte russische Forschergruppe bracht« außer vielen wissenschaftlichen und völkerkundlichen Ergebnissen auch ein merkwürdiges Proto koll mit, das die Forscher mit den Einwohnern einer ganz weltfernen Siedlung am Rande des großen Sumpfgebie tes des Ob aufgestellt hatten. Diese armen, ungebildeten und abergläubischen, von aller Welt abgeschlossenen Bauern wußten nicht nur nichts vom Weltkriege, vielmehr war ihnen auch der Systemwechsel in Rußland unbekannt, und sie beteten nach wie vor für „Väterchen Zar". Außerdem aber erzählten sie von einem ihnen wundervoll und grausig erschienenen Ereignis, durch das sie vor mehreren Som mern in die größte Bestürzung und Verzweiflung geraten seien. Ein langer und unendlich großer silberner Körper sei brummend und wütend über das Land gezogen und sei ebenso rätselhaft am Himmel verschwunden, wie er plötzlich erschienen war. Datenvergleiche und Nachforschungen er gaben, daß unser deutsches Luftschiff „Graf Heppelin" jenes schreckhafte Ungetüm gewesen sein muß, das die armen Taigabauern so entsetzte und ihnen die Furcht vor einem nahen Weltuntergang einjagte. — Rußland baut einen Kugelexpreßzug. Schon vor längerer Zeit tauchten Pläne über eine neue Art der Eisen bahn auf, über den Kugelexpreßzug. Jetzt sollen die Pläne in die Wirklichkeit umgeietzt werden. Die russische Regie- rung will auf diesem Gebiete den Weg weisen und soll be reits den Auftrag zum Bau eines Kugelzuges erteilt haben. Der Schnellzug soll eine Geschwindigkeit von annähernd 200 Kilometer in der Stunde erreichen und zunächst den Pendelverkehr zwischen der Hauptstadt Moskau und dem 50 Kilometer entfernten Noginsk versehen. Die Einführung des neuartigen Zuges ist mit großen Kosten verbunden, da auch eine völlig neue Gleisanlage benötigt wird. Die Ma schine und die Wagen des Zuges laufen statt auf den nor malen Rädern auf großen Kugeln, in die die Antriebsag gregate eingebaut sind, weil bei denen die Reibung bedeu tend geringer ist, als bei normalen Rädern. Der Kugelzug läuft in großen ausgekehlten Schienen. — Feuerwehrleute als Vogeljäger. Die Berufsfeuer wehren der Großstädte haben sich schon lange daran ge wöhnt, daß sie als „Mädchen für alles" herangezvgen wer den. Wenn irgend etwas Außergewöhnliches vorgsfallen ist, dann muß immer die Feuerwehr herhalten. Die Berliner letzten Tagen besonders häu- worden, weil Bienenvölker unü^ nicht eingefangen werden Lassen sich Seuchen Voraussagen? Geheimnisvolle Zusammenhänge zwischen Welter und Krankheit. — Lin weg der Grippebxkämpfung? Von Eberhard Göschen. Daß zwischen dem Wetter, überhaupt den klimatischen Verhältnissen im allgemeinen, und dem Ausbrechen gewis ser Krankheiten bestimmte Zusammenhänge bestehen, war bereits den alten Griechen nicht unbekannt. Gleichwohl ist man erst in der neueren Zeit dahin gelangt, hierüber eine bestimmte Theorie aufzustellen. Bahnbrechend auf diesem Gebiete war unser Landsmann, der berühmte Hygieniker Professor Max von Pettenkofer, der darauf hinwies, daß die früher auch bei uns so gefürchtete Cholera je nach dem Stande des Grundwassers mehr oder weniger heftig auf trete. Das mag seltsam erscheinen, hat aber doch manches für sich. So konnte man auf Java feststellen, daß di« ge nannte Seuche mit dem Beginn der Regenzeit alljährlich besonders stark zunimmt. Die Erklärung ist nicht schwer zu finden. Die Cholera wird bekanntlich vorzugsweise durch Ausscheidungen Erkrankter übertragen. Bei den primiti ven hygienischen Verhältnissen, wie sie auf der hinterindi schen Insel vielfach noch herrschen, geraten diese Ausschei dungen in den Erdboden, der von den heftigen Regengüs sen losgerissen wird und seine Ansteckungskeime auf Felder, in Brunnen oder dergleichen überträgt. Trotz des großen Ansehens des deutschen Gelehrten geriet seine Theorie bald in Vergessenheit. Erst in jüngster Zeit ist sie durch Arbeiten des Vorsitzenden der Königlichen Gesellschaft für Tropenmedizin und -Hygiene zu London, Sir Leonard Rogers, wieder zu Ehren gekommen. Seine eingehenden Erforschungen der klimatischen Verhältnisse Britisch-Jndiens in Verbindung mit der Verbreitung von Cholera, Pest und Blattern haben den Genannten in die Lage versetzt, mit erstaunlicher Zuverlässigkeit anzugeben, in welchem Grade ein Auftreten einer dieser Seuchen in bestimmten Teilen des Landes für das folgende Jahr zu er warten ist. Um einen Zusammenhang zwischen den Witterungs verhältnissen und den erwähnten Krankheiten zu ermitteln, studierte Sir Leonard zunächst an Hand alter Statistiken, wie stark in jedem der letzten 50 Jahre die Blattern in Indien gewütet hatten. Er verglich diese Zahlen mit den Wetterberichten der gleichen Jahre und fand dabei, daß Feuchtigkeit und Regenfall während der Monsunzeit der Ausbreitung oder dem Rückgang der Blattern in bestimm ter Weise entsprachen. Zeichnete sich die Regenzeit durch verhältnismäßig geringe Feuchtigkeit und spärliche Nieder schläge aus, so pflegte die Seuche in der folgenden trockenen Jahreszeit weniger abzunehmen, als es gewöhnlich der Fall ist, sich in der nächsten Regenzeit dann aber stark zu ver breiten. Auf diese Beobachtungen gründete Rogers nun ten, verhaftet. Zu «raus, daß "' i war. von Verlauf wurde bereits von dem seltsamen Abergläubischen vom Vorabend gesprochen, als dieser Mann gar zum zwei ten Male auf der Bildfläche erschien! Natürlich wurde er sofort unter dem Verdacht der Mittäterschaft, nämlich des Ausspionierens der diebischen Möglich!« t . ' ' " aller Erstaunen stellte sich dann aber tatsächlich heraus der Gute vollkommen und unzweifelhaft unschuldig Er hatte sich wirklich nur erkundigen wollen, ob in den ihm gemiedenen Zimmern nicht doch etwas geschehen , Da wirklich etwas geschehen war, zog er als gerechtfertigter Wissender strahlend ab, von diesem Erlebnis in seinem tö richten Glauben sicherlich noch mehr bestärkt. „Es handelt sich nicht um alle meine Bekannten, son dern um Kitty Negenberg." Der Major horchte bei diesem Namen auf. Negenberg hieß jener Arzt. Mit ihm hatte Viktoria den Namen ge tragen, solange sie lebte. „Es hilft Dir nichts", fuhr der Sohn fort. „Morgen schicke ich Dir Kitty. Am besten kommt ihre Mutter gleich mit. Ich kenne sie noch nicht. Es soll eine sehr nette Frau sein; sie ist seit ungefähr einem Jahr Witwe. Ihr Mann war Arzt." Vielleicht handelte es sich um Verwandte von Viktoria. Am Ende konnte er so erfahren, wie es kam, daß sie so jung starb. „Also gut, mein Junge. Morgen mittag zwölf Uhr!" entschied der Vater. — Der nächste Tag brachte heiße Arbeitsstunden. Ge schäftliche Schwierigkeiten gab es zu überwinden. Der Ab teilungsleiter war erschöpft. Der Bote bekam Anweisung, niemanden vorzulassen. Als aber Frau Negenberg ge meldet wurde, war der Wunsch, über dis Jugendgeliebte et was zu erfahren, so stark, daß der Ermüdete trotzdem „bitten ließ". Wie nun eine Frau eintrat, die sich am Ende der Drei ßig befinden mochte, frisch und blühend mit Hellen Augen und den gestrengen Herrn anlachte, glaubte der, daß ihm das Herz stillstehen müßte. „Also Du bist es doch", sagt« sie, die soeben einge treten war. Endlich faßte sich der Major. „Ist es denn möglich? Viktoria, Du?" Der Besuch ergriff die Grenzenlosigkeit dieses Er staunens erst, als erzählt wurde, was damals der Ober stabsarzt gesagt hatte. „Das sieht ihm ähnlich Mein Mann war so eifersüchtig auf Dich. Wenn ich Deinen Namen nur nannte, starb er beinahe. Er hatte wohl Angst, daß Du un fern Frieden stören könntest." Jetzt mußte auch die Tochter eintreten, die draußen auf dem Flur wartete. Che man es sich versah, war auch der Sohn im Zimmer und bereit, seinen Einfluß auf die väter liche Entschließung, falls nötig, einzusetzen. An diesem Tage arbeitete der Abteilungsleiter nicht mehr. „Ihr kommt alle mit zu mir", erklärte er. „Ich habe eine so vernünftige Frau, eine viel bessere, als ich sie je ver diente. Die kennt unsere Geschichte. Sie ist zu klug, um eifer süchtig zu sein. Ich habe ihr mehr als einmal erzählt, wie wir damals unter dem Rosenbusch saßen und Trübsal blie sen. Und über uns die Nachtigall." Die Tochter Viktorias stand still beiseite. Der Major sah sie prüfend an. Sie gefiel ihm. Es war ihm ein an genehmer Gedanke, daß, wenn damals nach dem Willen de« Schicksals nicht Blut zu Blut kam, jetzt die Kinder der bei den Liebenden sich fanden.