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aus großer deutscher Vergangenheit rnoUen wir dies nun auch kirchlich zu beherzigen anheben.' Bei lieben Freunden aus Uhyst stärkten wir uns nach dem erhabenen Kunstgenuß im Dom nunmehr auch leiblich. Dann gings weiter ins Erzgebirge hinein. Vogelbeer bäume umsäumten überall die gutgepflegten Straßen. Man merkte schon, daß wir in tauherer Gegend waren. Das Ge treide stand so dürftig im Vergleich zu unserer fruchtbaren Heimat. Senn man so die Güte der Felder gegeneinander abwägen kann, dann ist man stolz auf seinen gesegneten Be- fitz daheim. Wir sahen auch noch viel Obstbäume in schön stem Llütenschmuck. Bei uns zu Hause läßt schon reicher Fruchtansatz auf eine lohnende Ernte hoffen. Kurz vor Oederan überraschte uns im Walde eine Sehenswürdigkeit echt erzgebirgischer Kunstfertigkeit. Dort hat ein Schnitzoerein ,Hlein-Erzgebirge" aufgebaut. Alle beachtenswerten Bauten des Gebirges sind hier in künstlerisch vollendeter Art aufgestellt, und werden selbstlos der Allge- meinheit vorgeführt. Man fühlt sich beim Betrachten der lieblichen Dinge ins Märchenland versetzt, sogar die Zwerg menschlein fehlen nicht und unsichtbare Wafferkraft bringt alles in lebenswahre Bewegung. Die besinnliche Kunstfertig keit der Erzgebirgler könnte keinen gemütvolleren Ausdruck finden wie durch diese Anlage im idyllischen Waldwinkel. In Hainichen, der Geburtsstadt Gellerts, erinnerte uns sein Denkmal an den gottbegnadeten Sänger der schönsten unserer liebvertrauten Gesangbuchlieder. Man schlage nur einmal die 26 Nummern Gellertscher Lieder im Gesangbuch aus, dann wird einem erneut bewußt, welchen Reichtum wir im Liederschätze unserer lieben evangelischen Kirche besitzen! „Gott ist mein Lied"' — dieser Lebensspruch Gellerts soll ja auch im neuen Werden des äußeren Gestaltens der deutschen Bolkskirche ein wichtiger Baustein werden. Im Liede liegen ungeahnte Kräfte geborgen! Möge uns das fromme Lied auf den Lippen immer mehr werden zum äußeren Ausdruck der Treue zu unserem Bäterglauben und Bekenntnis. Der Marktplatz Mittweida ist ein besonders anschauliches Beispiel aller Städtebaukunst. Hier haben Maler und Bau meister miteinander gewetteifert und uns eindringlich bewie sen, daß die nüchterne Sachlichkeit der Neuzeit uns poetisch veranlagte Deutsche auf die Dauer nicht befriedigen kann. Welch besonderer Zauber liegt doch über einem kleinen deut schen Städtchen mit seinen Winkelaäßchen und den buntbe malten Häusern mit lauschigen Erkern und kleinen Fenster augen! Das ist Heimat, auf die man stolz sein kann! Hier bin ich Mensch, hier darf ich's sein! Nun gings endlich zum Ziel unserer Fahrt: der Zscho pautalsperre bei Burg Kriebstein. Das Zschopautal, selbst eine feine Blume im Kranze landschaftlicher Schönheiten unseres, vom Herrgott so über reich gesegneten Sachsenlandes, ist hier durch eine Talsperre der modernen Technik dienstbar gemacht worden. Wo ehe mals der Fluß durch Ueberschwemmungen die Anwohner und deren Besitz gefährdete, wird jetzt Kraft in ungeahntem Ausmaß erzeugt und die Wasserversorgung haushälterisch geregelt. Aber höher fast als dieser wirtschaftliche Nutzen ist der anzuschlagen, daß hier landschaftliche Reize erschlossen wurden, die in ihrer Großartigkeit kaum zu übertreffen sind. Prächtiger Waldbeftand umsäumt das weite Seebecken. Ueberall grüßen uns vom Ufer hübsche Wochenendhäuschen mit farbenfrohem Leuchten. Die klare Wasserfläche ist belebt mit Kähnen aller Art. Fröhliche, junge Menschen auf dem Wasser lasten ahnen, daß in ihren sonnengebräunten, sehni gen Körpern auch eine gesunde Seele groß wird zum Wohle der Zukunft Deutschlands. Eindringlicher konnte uns die neue Parole, daß man Kraft aus Freude schöpft, wohl kaum zum Bewußtsein gebracht werden, wie hier durch die Wasser sportler. Am Ufer wurde noch eifrig am Modell eines Se gelschiffes in natürlicher Größe gebaut. Unser Volkskanzler wird in allernächster Zeit zur Einweihung des Uebungsschif- fes dahin kommen und damit zum Ausdruck bringen, wie sehr er sich der deutschen Jugend verbunden fühlt, daß er auf sie sein Werk baut, und daß in Zukunft deutsche Schiffe und deutsche Jugend mitberufen sind, die ganze Well am deutschen Wesen genesen zu lasten. Wenn man die strammen Jungen von der „Marineju- gend" in ihren Neidsamen Matrosenuniformen vom schatti gen Ufer Grüße winken sieht, dann muß man Vertrauen ha ben zu unserem neuen Werden! Am Ende der Fahrt mit einem der bequemen Motor schiffe, die ungefähr eine Stunde dauerte, grüßten uns mun ter« Marschweisen einer SA.-Musikkapelle. Da lachte uns das Herz im Leibe bei solch feierlicher Begrüßung. Wir bildeten uns ein, daß die jungen Musiker im Braunhemd für unseren festlichen Empfang angetreten waren. Die Kaffeepause im Einkehrhaus am hohen Ufer mit wundervollem Blick auf See und Land und die feine Musik dazu — das war ein selten schönes Erlebnis. Es waren auch ältere Frauen unter uns, mehrfache Großmütter sogar, und. wenn ihre Augen strahlten ob all der Schönheit ringsum, wenn der straffe Takt der Musik ihre Füße in Zuckungen ver letzte, dann war's schon ein Zeichen dafür, daß der Tag ihnen Iugendkrast zugeführt hatte durch so viel erlebte Freude! Von Müdigkeit war bei allen keine Spur zu merken. Aber auch der schönste Tag mit überreichen Eindrücken geht einmal zu Ende. Wir mußten nun an die Heimfahrt denken. An der romantischen Burg Kriebsteiu vorbei wan derten wir zum Halteplatz unserer Fahrzeuge. Unter fröhlichem Gesang und lustigem Durcheinander der Unterhaltung verlief die Heimfahrt bis Uhyst. Der Herr gott hatte seine schützende Hand über uns gehalten und uns einen gesegneten Freudentag erleben lasten. Von Waldheim ab, der hübschen Stadt mit der unrühm lich bekannten Anstatt, leuchtete uns goldene Abendsonne noch ein langes Stück durch landschaftlich und landwirtschaftlich besonders bevorzugte Landstriche unseres Vaterlandes. Ueber Rosten und Wilsdruff, bergab und bergan —manche Fahrt teilnehmerin ließ das Gruseln der steilen Talfahrten mit ge schloffenen Augen über sich ergehen gings weiter, bis unsere Wagen auf der Höhe von Kesselsdorf nochmals hielten. Tief im Tal blinkten Millionen schimmernde Lichtersterne der Residenzstadt. Das war noch ein Eindruck besonderer Art! Wohlbehalten, und schon sehnsüchtig erwartet, trafen wir hochbefriedigt ziemlich spät wieder in Uhyst ein. Ein Tag seltener Prägung hatte uns alle eindringlich erleben lasten, wie wühl es tut, Kraft zu holen aus Freude. Nun mag uns wieder der Alltag haben, wir wollen freudig unsere Pflicht erfüllen, jedes an seiner bescheidenen Stelle. Gott möge uns die Kraft erhalten, zu wirken zu seinem Ruhme und für Deutschland! P. Sch. ffnterm Zodiakus von Hinterwinkel oder Da» Opfer der Heimat. Eine Dorfgeschichte, erzählt von Paul Gottlöher. Fortsetzung.) Der Besuch. In dem Briefe, den Kowark abgegeben hatte, hatte Herr Lehrer Werner gebeten, seinen Besuch, Herrn Vogel, Pro fessor der Zoologie und Botanik an der Universität Genf, in Spornitz vorstellen zu dürfen, welches so seltene Ereignis auch am nächsten Tage stattfand. — Wir fühlen uns durch Ihren Besuch aufs höchste geehrt, Herr Professor, empfing ihn Herr Schubert. Durch Herrn Werner habe ich schon viel von Ihnen gehört. Ihnen ver dankt er ja die glänzende Beurteilung seines aufsehener regenden Buches. Jedes fachmännische Urteil hätte so ausfallen müssen, erklärte Herr Vogel. — Die Ehre, Ihre Bekanntschaft zu machen, liegt ganz auf meiner Seite, Herr Schubert; denn ich freue mich, den hochherzigen Gönner kennenzulernen, der einem jungen Talent aus der Verborgenheit den Weg in die Oeffentlichkeit gebahnt hat. Ich? fragte Herr Schubert überrascht. Gewiß, betonte Herr Vogel; denn Herr Werner hat mir mitgeteilt, daß er Ihnen die Drucklegung seines biologi schen Werkes verdankt. Sie haben für den Ausfall desselben beim Verleger gutgesagt, da er es für gewagt ansah, etwas aus der Feder eines schlichten Dorfschullehrers aufzulegen. Das war kein Wagnis! versicherte Herr Schubert. Ich bin natürlich kein Fachmann; aber Herrn Werners Darle gungen bürgten mir für den Erfolg. Herr Werner, der der Aussprache der beiden Herren fast mit Verlegenheit zugehört hatte, rief jetzt abwehrend aus: Aber ich bitte Sie, meine Herren; Sie überschätzen doch die Bedeutung meines schlichten Buches; es ist ja nur der