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Der Sächsische Erzähler Sonuabend, den IS Mai 1934 «M »s vnck Zit. deut le. Ge- dem bundene der am .. um betet die Gemeinde um !, wirke in dieser Welt, in der Aus Bischofswerda und Umgegend. » 7 Bischofswerda. 19. Mai. Gonntagsgedanken; Pfingstfest 1S34. „O heilger Geist, kehr' bei uns ein I" Herrlich ist der Frühling mit seiner Pracht an Schön heit und Freude, die er über Erde, Pflanzen, Tiere und Men schen ausschüttet. Wir wollen Gott danken, daß er uns im Ablaufe der Jahreszeiten alljährlich «inen Frühling schickt. Aber erhebender, gewaltiger, in unser Erleben eingreifen der ist doch noch der Frühling, den Gott dem ganzen deut schen Volke hat werden lassen, der Frühling des Geistes. Wenn e i n Wille durchbricht, wenn «ine Gesinnung vorwärtsdrängt, Werte schafft und der Zeit ein neues Ge sicht gibt, so wird das Ahnen der Seele von göttlicher Kraft gefestigt. Denn größer als alles Naturhafte, alles Erdge ist des Geistes Schöpferkraft. Darum erklingt wie- : O heilger Gei t, kehr' bei uns ein! Dar- "... i Pfingstsegen und daß er sich aus- ' ' ' r so sei en heiliger Gottesaeist zu verspüren ist. Gottes heiliger Geist hat die erste Christenge meinde in der Welt gebildet unter Sturm. Und Sturm ist von ihr aus durch die Menschheit hindurchgebraust. Damals merkte man, daß es Christen und Christengemeinden gab. Auch jeder einzelne Mensch, der von der christlichen Religion erfaßt wurde, spürte selbst und ließ anderen spüren, daß Sturmbewegung von oben in sein Leben gefahren war. Unter Feuer hat Gottes heiliger Geist die erste Christenge meinde in der Welt gebildet. Leuchtende Feuersglut flutet seitdem durch die kalte Welt. Darum erklingt wieder: „Komm, heiliger Geist, erfülle die Herzen Deiner Gläubigen und entzünd' in ihnen das Feuer Deiner göttlichen Liebe". Darum betet die Gemeinde um den Pfingstsegen lebendiger warmer Herzensfrömmigkeit, der ewig köstlich bleibt. Wir denken an den deutschen Menschen im Zeitalter der Reformation, an die Zeit der Freiheitskriege, an die große, unvergeßliche Zeit des letzten gewaltigen Opferganges der deutschen Nation, denken an die Großen unserer Zeit. Wir danken Gott für unseren, von ihm gesandten Führer und Retter des Volkes. Wir denken an die Träger all' der edlen Namen, die wir verehren. Was hat diese Männer alle so groß gemacht? Was denn anders als der Geist, der In ihnen, oder müssen wir nicht sagen, der über ihnen war? Solche Menschen fühlen sich selbst als Werkzeuge, getrieben von einer höheren Gewalt, die ihnen Wunderkraft verleiht. Die Bitte um pfingstlichen Segen ist die Bitte um die Kräfte des Geistes. Du Geist des Fleißes und der Pflichttreue, du Geist der Ehrlichkeit und der Gewissenhaftigkeit, du Geist der Eintracht und des Brudersinns, du Geist des Glaubens und der Gottesfurcht, du lebendiger, heiliger Gottesgeist, brich' hervor wie Frühlingswind, fall' nieder vom Himmel, wie das Sonnenfeuer, das die alternde Erde neu belebt. Geist des Guten, Geist der Kraft, Geist, der neues Leben schafft! Heil'ger Pfingstgeist zähmte Not und kündet sches Morgenrot! —* Frohes Familienereignis auf dem Mühlleich. rode zum Pfingstfest? hat die Schmanenmutter auf Mühlteich ihr mühseliges Brutgeschäft, dem sie seit vielen Wochen oblag, beendigt; fünf muntere junge Schwänlein haben die Schalen gesprengt und freuen sich ihres Daseins Von der vorjährigen Brut sind zwei stattliche junge Schwäne auf dem Gondelteich, drei sind bekanntlich vor der Beschnei dung ihrer Schwingen davongeflogen. Auch vier Enten (Wild- und Birkenenten und eine Spitzente) brüten noch. Es wird sich also in diesem Sommer wieder ein frohes, buntbe ¬ wegtes Leben des jungen Geflügels auf dem Mühlteich ent wickeln. Bei dieser Gelegenheit sei daran erinnert, daß der Verschönerung-«- und Verkehrsverein Schwäne und Enten aus seinen Mitteln angeschafft hat und auch den wesentlich sten Teil der Kosten für die Wartung und Fütterung trägt. Auch die gärtnerische Anlage an der Mauer des Mühlteichs ist vom Verschönerungs- und Verkehrsverein geschaffen worden. —* Auf eine 50jährige treue Mitgliedschaft im Sriegerver- ein 1SV0 kann am heutigen Tage Ehrenkam. Klempnermeister i. R. Paul Werner zurückblicken. Mehr als 25 Jahre ge hört er dem Führerbeirat an. Die Glückwünsche des Ver eins übermittelte ihm heute vormittag 1. Vereinssührsr Ehrenkamerad Arthur Geyer, der dem Jubilar die Ernen nung zum Ehrenmitglied im Vorstand, die einzige, noch mög liche Auszeichnung, bekanntgab. Möge es dem Kriegeroer- ein 1860 vergönnt sein, Ehrenkamerad Paul Werner noch recht viele Jahre in voller Frische zu den Seinen zählen zu dürfen, zumal Paul Werner mit einer von den aktivsten ist, der trotz seines hohen Alters bei keiner Veranstaltung des Vereins fehlt. —* Lustschuhübung. Auf Anordnung des hiesigen Luftschutzbeirates führte gestern abend 8 Uhr die Sanitäts kolonne vom Roten Kreuz auf dem Neumarkt eine Luft schutzübung durch. Nach dem angenommenen Plan waren verschiedene Personen, die sich trotz des Warndienstes nicht in Sicherheit gebracht hatten, durch Stücke einer von einem feindlichen Flieger abgeworfenen Sprengbombe verletzt worden. Einige andere Personen, die sich ebenfalls zur Zeit des angenommenen Angriffs unterwegs befanden, waren durch eine abgeworfene Kampfstoffbombe (Gelbkreuz) der Gefahr der Vergiftung ausgesetzt. Aufgabe der Sanitäts kolonne vom Roten Kreuz war es nun, bei sachgemäßer Ausrüstung die Verletzten und in Vergiftungsgefahr schwe benden Personen (die vom Arbeitsdienst gestellt wurden) so schnell als möglich in Sicherheit zu bringen. Das NeimatdilL Bischofswerda, der alte Stadtlurm. Zeppelinbesuch am Pfingstsonntag. Dresden, 19. Mai. Die Fliegerlandesgruppe XU (Sachsen) des Deutschen Luftsportocrbandes hat sich mit Energie dafür eingesetzt, um den Anhängern der Luftfahrt eine pfingstliche Freude zu machen, daß das Luftschiff „Graf Zeppelin" am kommenden Sonntag, den 20. Mai, im Laufe des Nachmittags über den nachstehenden Ortschaften des Sachsenlandes erscheint: Ostritz, Bautzen, Kirschau, Neustadt, Bad Schandau, Bannewitz, Dresden, Klotz* sche, Langsbrllck, Radebeul, Cossebaude, Riesa, Oschatz, Leip zig, Mölkau, Böhlitz-Ehrenberg, Borna, Frohburg, Gerings walde, Hartha, Hainichen, Fmnkenberg, Chemnitz, Herold, Jahnsbach, Thalheim, Meinersdorf, Aue, Neustädte!, Schneeberg, Bad Elster. Nach einer Mitteilung, die der Stadt Bautzen zugegan gen ist, wird das Luftschiff in den Nachmittagsstunden Baut zen überfliegen. Von dort nimmt das Luftschiff, wenn die obengenannte Fahrtrichtung sich bestätigt, seinen Kurs süd lich über Kirschau, Neukirch nach Neustadt. Wir wollen aber hoffen, daß der „Graf Zeppelin" unsere Stadt nicht links lie gen läßt und auf dem Fluge nach Neustadt, Schandau auch Bischofswerda berührt. Das Luftschiff überflog Bischofs werda zum ersten Male am 7. September 1930, um nach Breslau zu gelangen, dann am 5. Oktober 1930 zweimal, als es auf der Hin- und Rückfahrt nach Görlitz hier durch kam, und nochmals zweimal am 5. Juli 1931 auf der Hin- und Rückfahrt nach Gleiwitz in Oberschlesien. * Der Besuch des Luftschiffes „Graf Zeppelin" ist als ein Auftakt zur großen Luftfahrtwcrbcwoche, die vom 1'. bis 8. Juni d. I. stattfindet, zu betrachten. — Ucbrigens wird der „Zepp" der Bevölkerung aus großer Höhe inter essante Mitteilungen zu machen haben. Man achte auf dis „Himmelsstimme". —* Die Wasserversorgung der Stadt Bischofswerda ist gesichert. In letzter Zeit erschienen mehrfach Zeitungsmel dungen und Bekanntmachungen, wonach in vielen Orten Wasserknappheit eingetreten ist. Beim Lesen solcher Mittei lungen muß man daran denken, daß seit vorigem Sommer verhältnismäßig wenig Niederschläge erfolgt sind, wodurch die Grundwasservorräte in der Erde erheblich zurückgehen mußten. In der Stadt Bischofswerda besteht dank der Vor sorge der Verwaltung der Städtischen Betriebswerke noch kein Wassermangel. Es wurde rechtzeitig erkannt, daß die in den Jahren 1928/29 geschaffene Brunnenanlage in nieder schlagsarmen Zeiten nicht durchhält, weshalb schon vor zwei Jahren mit den Vorarbeiten für eine neue Hebcranlage be gonnen wurde. Diese Heberanlage ist seit Mitte April 1934 endgültig in Betrieb genommen worden. Zur Zeit kann das Wasserwerk II (Bischofswerda) pro Tag 2000 edm lie fern. Dazu kommen vom Wasserwerk I (Ottendorf) in der schlechten Leistungszeit 400 edm pro Tag, so daß bei den jetzi gen schlechten Grundwasserverhältnissen die Wasserwerke der Stadt Bischofswerda ca. 2400 ebm pro Tag liefern können. Der Spitzenbedarf beträgt 1600 bis 1700 ebm pro Tag und' die zur Verfügung stehende Reserveleistung demnach ca. 45 Prozent. Die Anlagen werden somit während vieler kommen der Jahre den Wasserbedarf der Stadt auch in trockenen Zei ten befriedigen können. —* Aushang von Werbeplakaken des Deutschen Luft- spork-Verbandes. Die Flieger-Ortsgruppe Bischofswerda teilt zu dem Hinweis des Stadtratcs, Polizeiabteilung, bctr. „Aushang von Plakaten", folgendes mit: Wie aus besagtem Hinweis hervorgeht, unterliegt dem Werberat der deutschen Wirtschaft nur die Wirtschaftswerbung. Demgemäß fallen die in den letzten Tagen den einzelnen Geschäftsleuten mir der Bitte um Aushang zugestelltcn Werbeplakatc des Deut schen Luftsport-Verbandes nicht unter diese Bestimmun gen. Es ist also jedem Geschäftsmann gestattet, diese Wcr- beplakate auszuhängen, ohne daß er eine Genehmigung ein Pfingsten. Geist der Befreiung, zeitlos, wandellos, Der du das All geheimnisvoll erfüllst. Wie ist das Wunder unermeßlich groß, Daß du in Menschenherzen wohnen willst! Zu deinem Tempel hast du auserseh'n Die Lichtgeweihten, die Getreuen hier. O, laß dein göttlich Werk in uns gescheh'«, Denn unsre tiefste Sehnsucht ruft nach dir. , AnnaEnders-Dix. Der Pfingstvogel. Von Hans Wolfgang Behm. „Dü — dü — to. . : düdlio . . . düdloio." Was das heißen mag? Es könnte dem Wortschatz Dadas entlehnt sein! Und der gelehrte Sprachforscher, mit dem ich darüber redete, ist nicht hinter das Geheimnis gekommen. Doch zwei haben diesen Düdeljubel erfaßt, seinen Urheber erkannt und allenthalben nachgeahmt. Der Star, der schon mit der Märzsonne kam und den Schnee verpfiff, und Richard Wagner, als er seinen „Siegfried" komponierte. Der eine, der als stahlblauer Komiker der Natur immer drollig wirkt, der andere, der die seligsten Motive seines Schaffens dort entdeckte, wo seit Menschengedenken der Alltag zum Festtag wird. Wo Sonnengold zwischen den Wipfeln spielt, 'm moosig verträumten Grunde Jahr um Jahr die Anemo nen läuten. „Nur Sehnende kennen den Sinn meines Liedes", gibt die Stimme des Waldvogels dem hürnenen Siegfried kund. Nur jene, die eingetaucht sind in dieses Waldwevens Mär chenwelt, die leiderlösend des Menschen Seele umflüstert! Und unter allen Motiven, die Wagner in dieser Szene des „wachsenden Waldwebens" der Natur entlehnte, kehrt neben dem Getriller des Baumpiepers, der Stakkato-Strophe der Goldammer und dem Klangschmelz der Nachtigall vor allem auch die lebensbejahende, den ganzen Wald durchdringende Klangfülle des Düdliorufers wieder. Der Star kannte diese von ihm nachgeahmte Weise noch vom Vorjahr her, als zur frühen Maienzeit die säumige Stieleiche sich mit ihren Blattrieben beeilte und die Birke sich als grüngoldene Frühlingsfce maskierte. Denn damals, als das ganze Waldweben einem großen Musikantenfest glich, alles zur Stelle war, was irgendwie mitflöten, mitjubeln und mitschwatzen konnte, da traf auch endlich dieser Jodler des Waldes ein. Im gummiguttgelben Gewände, als hätte er den Lichtzauber afrikanischer Sonne bis auf die schwarzen Schwingen, Schultern und Flügeldeckfedern seinem Gefieder einoerleibt. Und just wie' es pfingstet, ist er wieder zur Stelle, dieser Pfingstvogel des Landvolkes, der Pirol des Natur forschers. Jodelt sein „Düdlio" den lieben langen Tag, schon vor Sonnenaufgang damit beginnend und nochmals ver stärkt ausholend, sobald die Sonne dem Zauber der Dämme rung erliegt. „Hab' Sonne im Herzen", das ist der Grund ton seiner Iubelweise, die keine Schwermut kennt, aus der kein Leid und keine Sorge sprechen. Er ist wohl immer ein Optimist gewesen, der sich mit dem Leben abzufinden weiß. Der auch die vergebliche Mühe der Eisheiligen längst erkannte, sofern es diesen einmal ein fällt, das duftende Maiengrün mit verspäteten Eiskristallen zu behängen. Auch dann weiß sein Jodeln kein Ende zu finden. Und schon ist wieder der Kältespuk vorbei. Während sich Weißkelchen und Grasmücke, Steinschmätzer und Grünfink auf ihre Art unterhalten, Schwebwespen wie Diamanttrop fen den Brombeer umgeistern, die Mooshummel fast pausen ros läutet, da hat sich auch der Pirol inzwischen sein zeisig grünes Weibchen »stritten. Aber dieser naturnotwendige Kampf ist bald vergessen, lnd ebenso eine gewisse, den Pirol auszeichnende Menschen- cheu. Liebe macht eben zeitweilig blind, erkennt die Tücken >er Umwelt nicht und wähnt das Paradies auf Erden. Sel- >ige Tage sind es dann auch, da der schwarzgelbe Kämpe der Erwählten dauernd zur Seite ist. Schön ist das Liebesspiel, dieses sonnenseliae Tändeln im Wipfelgrün. Und bald hängt ein kunstvoll geflochtenes Nest freischwebend von einer Zwciggabel herab, denn der Pirol ist der einzige Vertreter unserer Vogelwelt, der eine derart hängende und körbchenartige Kindcrwiege fertigt. So stark befestigt zugleich, daß sie selbst der stärkste Sturm nicht hcrab- zuwerfen vermag. Ranken und Halme, Ncssclbast und Pflan zenfasern sind mit dem klebrigen Speichel des Bogels zu einer soliden Masse verkittet. Und es ist verbürgt, daß eines Pirolnestes Grnndgerüst gelegentlich aus einer einzigen langen Schnur bestand — einer liegcngebliebenen Schnur, die vordem vielleicht einen Kindcrdrachen trug! Liegen erst die vier oder fünf rotbraun gefleckten Eier im Nest, dann ist es schon Juni geworden. Die Natur erlebt ihr größtes Blumcnfest des Jahres. Und während Hauben lerche und Bachstelze, mitunter auch der Hausrotschwanz schon an ihr zweites Gelege denken, schickt sich der Pirol erst gerade an, seine ewig hungrige Kindcrschar mit allerlei Leckerbissen der Insekten- und Kerbtierwelt zu versorgen. Doch bleibt ihm noch immer Zeit genug, sein durchdrin gendes „Düdlio — düdloio" in die Ferne zu schmettern, bald mehr flötend langgezogcn, bald kürzer verebbend. Eine. Botschaft dem Menschen zugleich, dort wo der Wald sein tiefstes Märchen träumt, auszuruhcn von all den Nöten, die ein naturentfremdcter Alltag gebiert. „Düdlio — düdloio . . .", wer möchte diesen Wonneruf noch immer nicht verstehen wollen? Der Pfingstliche Hammeltanz. Ein eigenartiger Pfingstbranch ist der „Schcllenmarkt* im Schwarzwalde. Von nah und fern kommen die Hirten mit ihren Herden zu dem Feste. Fast alle Tiere traget Glocken, und cs findet nun ein eifriger Handel und Tausch statt, da jeder bemüht ist, das Geläut seiner Herde noch zu verbessern. Den Höhepunkt des seltsamen Marktes bildet jedoch der Hammeltanz", bei dem man im Kreise um einen festlich geschmückten fetten Hammel tanzt, wobei sich die einzelnen Paare einen Stock weiter reichen. Unvermutet ertönt dann plötzlich ein Klingelzeichen, und wer dann den Stock in der Hand hat, wird glücklicher Besitzer des Fest- hammols.